Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmereigenschaft einer Gründungsgesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Tätigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die erkennbar darauf gerichtet ist, die spätere unternehmerische Tätigkeit einer juristischen Person durch den Bezug diverser Leistungen vorzubereiten und zu ermöglichen, erfüllt die Unternehmereigenschaft i.S.d. § 2 Abs. 1 UStG.
2. Bereits die ersten Investitionsausgaben, die für Zwecke eines Unternehmens oder zu dessen Verwirklichung getätigt werden sind als gewerbliche Tätigkeit anzusehen.
3. Soweit die Vorgesellschaft aufgrund der von ihr durchgeführten unternehmensbezogenen Vorbereitungshandlungen bereits selbst als Unternehmerin anzusehen ist, stellt sich die Weiterveräußerung der von ihr eingekauften Leistungen als nicht steuerbare Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Abs. 1a UStG dar.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 S. 1, § 1 Abs. 1a; EWGRL 388/77 Art. 4 Abs. 1
Streitjahr(e)
1996
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin -Klin.- ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die in der Zeit vom 1.10. bis 30.11.1996 bestand, um in Erfüllung ihres einzigen Gesell-schaftszweckes die Firma ABC AG vorzubereiten und zu errichten.
Während ihres Bestehens mietete die Klin. zur Erfüllung ihres Gesellschaftszwecks Büroräume an, erwarb Anlagegüter und tätigte Einbauten. Außerdem versandte sie Informationsschreiben und betrieb Werbung für die noch zu gründende AG. Hierfür unterhielt sie ein Geschäftslokal.
Die Klin. stellte ihre Tätigkeit ein, nachdem durch Gründung der ABC AG durch Urkunde vom 28.11.1996 (Bl.40 ff. der FG-Akte) ihr Gesellschaftzweck erfüllt war.
Mit Rechnung vom 1.12.1996 (Bl.61-62 der FG-Akte) übertrug die Klägerin die gesamten Gegenstände, die sie in der Zeit ihrer Tätigkeit bezogen hatte, auf die neu gegründete AG zu einem Kaufpreis von 87.495,29 DM und behandelte diesen Vorgang als eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung gemäß § 1 Abs.1 a Umsatzsteuergesetz -UStG-. Die ABC AG nahm ihre unternehmerische Tätigkeit direkt nach ihrer Gründung am 1.12.1996 auf.
Die Klin. reichte für 1996 eine Umsatzsteuererklärung ein, in der sie für die von ihr für die spätere ABC AG eingekauften Leistungen und Anlagegüter einen Vorsteuererstattungsbetrag in Höhe von 12.689,98 DM geltend machte.
Das Finanzamt -FA- versagte durch Umsatzsteuerbescheid 1996 vom 5.1.1998 den Vorsteuerabzug mit der Begründung, die Klin. besäße nicht die hierfür erforderliche Unternehmereigenschaft. Der hiergegen von der Klin. eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.
Mit ihrer Klage begehrt die Klin. eine Änderung des angefochtenen Umsatzsteuerbescheides 1996 und den Vorsteuerabzug mit der Begründung, sie sei in der Zeit ihres Bestehens unternehmerisch tätig geworden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes -EuGH- (Urteil vom 29.2.1996 C?110/94, EuGHE I 1996, 857) beginne umsatzsteuerlich die Unternehmereigenschaft mit dem ersten, nach außen erkennbaren, auf eine Unternehmertätigkeit gerichteten Tätigwerden, wenn die spätere Ausführung entgeltlicher Leistungen ernsthaft beabsichtigt sei. Als Nachweis für die ernsthaft beabsichtigte Unternehmereigenschaft seien nach diesem Urteil Vorbereitungshandlungen anzusehen, wenn die Gegenstände oder sonstige Leistungen ihrer Art nach in einem objektiven und zweifelsfrei erkennbaren Zusammenhang mit der beabsichtigten unternehmerischen Tätigkeit stünden. Dies sei bei den Vorbereitungshandlungen der Klin. im Hinblick auf die Errichtung der ABC AG -Anmietung von Büroräumen, Erwerb von Anlagegütern und Tätigung von Einbauten- ausnahmslos der Fall gewesen. Nach dem koordinierten Ländererlaß des Bundesfinanzministeriums -BMF- vom 2.12.1996 (BStBl.I 1996, 1461) spiele das früher von der Rechtsprechung und der Verwaltung geforderte Kriterium, daß Vorsteuerbeträge aus der Vorbereitung der Ausführung entgeltlicher Leistungen nur abgezogen werden könnten, wenn es tatsächlich auch nachhaltig zur Ausführung entgeltlicher Leistungen komme, nunmehr keine Rolle mehr. Außerdem habe die Klin. durch Übertragung des Geschäftsbetriebs per Rechnung vom 1.12.1996 auf die AG Umsätze, allerdings gemäß § 1 Abs.1 a UStG nichtsteuerbare- erzielt.
Die Klägerin beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 1996 vom 5.1.1998 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 11.3.1998 dahingehend zu ändern, daß die Umsatzsteuer erklärungsgemäß auf minus 12.689,98 DM festgesetzt wird.
Das beklagte Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Finanzamt ist der Auffassung, daß die sich aus dem von der Klin. zitierten EuGH-Urteil vom 29.2.1996 (a.a.O.) und aus dem BMF-Schreiben vom 2.12.1996 (a.a.O.) ergebenden Grundsätze zum sog. „umsatzlosen Unternehmer” deshalb nicht auf die Klin. übertragen ließen, weil hiernach erforderlich sei, daß die Vorbereitungshandlungen von der Absicht getragen sein müßten, selbst unternehmerisch in Erscheinung treten zu wollen. Hieran fehle es jedoch im vorliegenden Fall deshalb, weil ...