Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückstellung bei widerrufbarer Jubiläumsverpflichtung
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der uneingeschränkten Möglichkeit des Widerrufs durch den Verpflichteten darf keine Rückstellung für Jubiläumszuwendungen gebildet werden.
2. Die Bildung einer Rückstellung für Jubiläumszuwendungen ist nur zulässig, wenn es sich um eine rechtsverbindliche, unwiderrufliche und vorbehaltslose Verpflichtung handelt.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 4, § 52 Abs. 6; HGB § 249 Abs. 1 S. 1
Streitjahr(e)
1994
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob in der Bilanz der Rechtsvorgängerin der Klägerin zum 31.12.1994 eine Rückstellung für Jubiläumsverpflichtungen zu bilden ist.
Die Klägerin war alleinige Kommanditistin der Kommanditgesellschaft X. Gegenstand der Gesellschaft war der Betrieb eines Bankunternehmens. Im Streitjahr 1994 waren Herr O als Komplementär mit einem Anteil von 0 % und die Klägerin als Kommanditistin mit einem Anteil von 100 % Gesellschafter. Zum Oktober 1997 schieden die persönlich haftenden Gesellschafter aus der X aus. Die Gesellschaft wurde aufgelöst mit der Folge der Anwachsung des Gesellschaftsvermögens im Wege der Gesamtrechtsnachfolge an die Klägerin als verbleibende Gesellschafterin.
Das beklagte Finanzamt veranlagte die X entsprechend der für 1994 eingereichten Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensbesteuerung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO).
Im Jahr 1999 fand bei der Klägerin als Rechtsnachfolgerin eine Außenprüfung für die Jahre 1994 bis 1997 statt. Die in der Bilanz zum 31.12.1994 in Höhe von 42.028,-- DM gebildete Rückstellung für Jubiläumszuwendungen erkannte der Betriebsprüfer nicht an, weil seiner Auffassung nach die Voraussetzungen für die Bildung von Jubiläumsrückstellungen nicht erfüllt waren. Nach den Angaben der Klägerin galt im Betrieb ihrer Rechtsvorgängerin die Betriebsordnung (BO) der ABank in der Fassung von Juli 1985. Unter Punkt 8 dieser BO ist geregelt, dass Betriebsangehörige für ihre der Bank bewiesene Treue nach 10-, 25-, 40- bzw. 50-jähriger Dienstzeit eine freiwillige Jubiläumsgabe erhalten. Ausdrücklich heißt es: „Bei dem Jubiläumsgaben, Heirats- und Geburtsbeihilfen sowie dem Urlaubsgeld handelt es sich um jederzeit widerrufliche Leistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht.”
Das beklagte Finanzamt folgte den Feststellungen des Betriebsprüfers und berücksichtigte in dem nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid für 1994 keine Rückstellungen für Jubiläumszuwendungen.
Zur Begründung ihres Einspruches führte die Klägerin aus, die Voraussetzungen, unter denen Rückstellungen für die Verpflichtung zu einer Zuwendung anlässlich eines Dienstjubiläums gebildet werden dürften, ergäben sich aus § 5 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG). Die Bestimmung beinhalte ein Zeitmoment. Der Begriff der Verpflichtung sei lediglich unter Berücksichtigung des Stichtages, an dem die Rückstellung zu bilden sei, zu beurteilen. Zu dem Bilanzstichtag habe aber der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern, die die zeitlichen Voraussetzungen erfüllten, versprochen, eine Jubiläumsgabe zu leisten. Dieses Versprechen sei auch nicht durch bestimmte im Voraus festgelegte Bedingungen eingeschränkt gewesen, z. B. von der Ertrags- und Liquiditätslage des Unternehmens abhängig gemacht worden. Um einen Rechtsanspruch zu beseitigen, müsse ein zusätzlicher Akt erfolgen. Ein Widerruf am Bilanzstichtag sei aber nicht ausgesprochen und konkret nicht zu erwarten gewesen.
Zur Auslegung des Begriffs „Verpflichtung” könnten keine anderen Bestimmungen, insbesondere nicht § 6 a EStG herangezogen werden.
Es verbleibe bei den allgemeinen Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung, die im Streitfall vorlägen.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die Verpflichtung müsse rechtsverbindlich, unwiderruflich und vorbehaltlos bestehen.
Im Klageverfahren trägt die Klägerin vor, aus der handelsrechtlichen Vorschrift des § 249 Abs. 1 S. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) ergebe sich eine Passivierungspflicht ihrer Rechtsvorgängerin. Dies sei aufgrund des in § 5 Abs. 1 EStG verankerten Maßgeblichkeitsprinzips auch für die steuerliche Beurteilung ausschlaggebend. Die nach Nr. 8 BO zugesagten Jubiläumsleistungen zählten zu denjenigen Verpflichtungen, für die nach der vom Bundesfinanzhof (BFH) entwickelten Definition Rückstellungen zu bilden seien. Es handele sich um betrieblich veranlasste, dem Grunde nach nicht mit Sicherheit, aber doch mit Wahrscheinlichkeit bestehende oder entstehende oder in ihrer Höhe unsichere, am Bilanzstichtag wirtschaftlich verursachte Verbindlichkeiten, aus denen nach den zu diesem Zeitpunkt gegebenen Verhältnissen der Steuerschuldner wahrscheinlich in Anspruch genommen werde. Hierzu gehörten auch rein tatsächliche Verpflichtungen ohne rechtliche Verbindlichkeit. Die Verpflichtung sei im ...