Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Nachreichung der Unterlagen nach Verfahrensbeendigung
Leitsatz (amtlich)
Zur Nachreichung von Angaben und Unterlagen bezüglich der Prozesskostenhilfebewilligung nach Verfahrensbeendigung und zum Grundsatz des fairen Verfahrens bei irrtümlicher Adressierung eines Schriftsatzes an ein anderes Gericht
Normenkette
ZPO §§ 114-115, 119
Verfahrensgang
ArbG Hanau (Beschluss vom 28.11.2001; Aktenzeichen 1 Ca 411/01) |
Tenor
wird auf die Beschwerde des Antragstellers vom 07. Dezember 2001 der die Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug versagende Beschluss des Arbeitsgerichts Hanau vom 28. November 2001 – 1 Ca 411/01 – aufgehoben. Dem Kläger wird für die Klage (ausschließlich der Zwangsvollstreckung) rückwirkend ab dem 02. November 2001 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungen und ohne Beiträge bewilligt, unter Beiordnung von Rechtsanwalt H. zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller hat vor dem Arbeitsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Rechtsanwalts F. für die Klage (auf Zahlung von Lohn) beantragt. Ihm ist im Termin vom 02. November 2001, in dem ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten verkündet worden ist (dieses Versäumnisurteil ist dem offenbar zahlungsunfähigen Beklagten am 08 November 2001 zugestellt worden, ein Einspruch ist dagegen wie zu erwarten nicht eingelegt worden) aufgegeben worden, seine aktuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisses bis zum 23 November 2001 darzulegen und glaubhaft zu machen.
Nachdem bis dahin Angaben und Unterlagen vorgelegt worden waren, hat das Arbeitsgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 28. November 2001 (Blatt 12 d.A.) den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Der Beschluss ist am 29. November 2001 versandt worden.
Am 30. November 2001 ist der Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 20. November 2001 beim Arbeitsgericht eingegangen, mit dem eine vom Kläger am 09. November 2001 unterschriebene ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt wurde. Der Schriftsatz war an das Amtsgericht Hanau gerichtet, wo der Schriftsatz am 21. November 2001 einging. Er wurde von dort offenbar an das Arbeitsgericht Hanau weitergeleitet, wo er erst am 30. November einging.
Mit Schriftsatz vom 07 Dezember 2001 haben die Klägervertreter Beschwerde gegen den Beschluss vom 28. November 2001 eingelegt. Dieser Schriftsatz war abermals an das Amtsgericht Hanau gerichtet, wo er am 11. Dezember 2001 einging. Auch dieser Schriftsatz ist offenbar an das Arbeitsgericht Hanau weitergeleitet worden, wo er dann am 12. Dezember 2001 einging.
Der Beschwerde hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 12. Dezember 2001 nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist zulässig und hat in der Sache Erfolg. Dem Kläger ist rückwirkend ab dem 02. November 2001 Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung zu bewilligen wie im Tenor ausgesprochen.
Hinreichende Erfolgsaussichten für die Klage (§ 114 ZPO) sind nach der Klagebegründung ohne Bedenken zu bejahen. Das Arbeitsgericht hat dies ebenso gesehen, nachdem es ein entsprechendes Versäumnisurteil verkündet hat.
Nach der Erklärung des Klägers vom 09. November 2001 über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Blatt (B) 17 d.A.) sind die Voraussetzungen dafür. Prozesskostenhilfe ohne Raten und Beiträge zu bewilligen (§ 115 ZPO), ohne weiteres gegeben.
Diese Erklärung ist auch noch zu berücksichtigen. Sie ist zwar erst am 30. November 2001 beim Arbeitsgericht eingegangen, also nach Ablauf der vom Arbeitsgericht gesetzten Frist. Doch ist zu berücksichtigen, dass dann, wenn das Amtsgericht Hanau den irrtümlich an das Amtsgericht gerichteten Schriftsatz sogleich oder zeitnah an das Arbeitsgericht Hanau weitergeleitet hätte, wie dies bei dem weiteren Schriftsatz korrekt geschehen ist, der Schriftsatz vom 20. November 2001 mit der Erklärung noch rechtzeitig vorgelegen hätte. Aus der verzögerten Bearbeitung des Schriftsatzes durch das Amtsgericht dürfen unter dem Aspekt eines fairen Verfahrens dem Kläger und Antragsteller jedoch keine Nachteile erwachsen (vgl. dazu auch BVerfG Beschluss vom 20. Juni 1995 – 1 BvR 166/93 – NJW 1995, 3173;
Kammerbeschluss vom 01. Oktober 1996 – 15 Ta 279/96 –). Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass auch ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten gegeben ist und dass es hier nicht um die Frage der Wiedereinsetzung geht.
Da das Arbeitsgericht dem Kläger die Möglichkeit eingeräumt hat, noch nach der absehbaren Verfahrensbeendigung die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderlichen Angaben und Unterlagen einreichen zu können, hat es trotz grundsätzlicher Bedenken gegen diese Praxis (vgl. GK-ArbGG/Bader § 11 a Rz. 37 mit weit. Nachw.; Zöller/Philippi, ZPO, 22. Aufl., § 119 Rz. 43) schon unter Vertrauensschutzgesichtspunkten dabei zu bleiben. Im Übrigen gilt zwar der zutreffende Grundsatz, dass die Bewilligung vo...