Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckung eines Weiterbeschäftigungstitels
Leitsatz (amtlich)
Bei einem Weiterbeschäftigungstitel kann im Zwangsvollstreckungsverfahren die Art der tatsächlichen Beschäftigung nur mit dem Titel - ggf. noch mit dem Arbeitsvertrag oder sonstige Unterlagen, wenn darauf im Urteil Bezug genommen worden ist - abgeglichen werden. Ist der Titel zwar für die Vollstreckung noch hinreichend bestimmt, aber relativ ungenau und kann deshalb nicht ins Einzelne gehend geprüft werden, ob die Beschäftigung dem ausgeurteilten Berufsbild oder der ausgeurteilten Tätigkeit entspricht, geht dieser Umstand angesichts des weit zu verstehenden Weisungsrechts nach § 106 GewO tendenziell zulasten des Antragstellers, der die Zwangsvollstreckung aus dem Titel betreiben will.
Normenkette
ZPO §§ 888, 253 Abs. 2 Nr. 2; BGB § 362 Abs. 1; GewO § 106
Verfahrensgang
ArbG Gießen (Entscheidung vom 22.08.2018; Aktenzeichen 2 Ca 255/17) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Gießen vom 22. August 2018 - 2 Ca 255/17 - wird auf Kosten des Gläubigers zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Frage, ob ein Zwangsgeld zur Durchsetzung eines Weiterbeschäftigungstitels festzusetzen ist.
Zwischen den Parteien war ein Kündigungsrechtsstreit anhängig. Mit Urteil vom 13. Juni 2018 hat das Arbeitsgericht Gießen festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 30. November 2017 aufgelöst worden ist. In Ziff. 2 des Urteils ist folgender Weiterbeschäftigungsantrag austenoriert:
"Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Vertragsbedingungen als Gruppenleiter Arbeitsvorbereitung weiter zu beschäftigen".
Mit Schreiben vom 22. Juni 2018 teilte der Prozessbevollmächtigte der Schuldnerin der Prozessbevollmächtigten des Gläubigers mit, dass sich der Gläubiger zur Abwendung der Zwangsvollstreckung am 2. Juli 2018 um 8:00 Uhr am Empfang auf dem Betriebsgelände in A einfinden solle. Dem Gläubiger wurde sodann erläutert, dass er am Standort in B ein Projekt durchzuführen habe. Er sollte einen Projektantrag bzw. Projektplan erstellen und diesen der Geschäftsführung vorlegen.
Eine abgekürzte vollstreckbare Ausfertigung ist am 13. Juli 2018 erteilt worden.
Mit Schreiben vom 23. Juli 2018 beantragte der Gläubiger die Festsetzung eines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO. Er hat vorgetragen, er werde nicht vertragsgemäß beschäftigt. Seine bisherige seit mehr als drei Jahren ausgeübte Tätigkeit am Standort A beinhalte:
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Personalverantwortung für vier Mitarbeiter,
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Planung und Verteilung der anstehenden Aufgaben an die Mitarbeiter in A (Tagesgeschäft),
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Hauptaufgabengebiet der Abteilung des Gläubigers ist die CNC- Programmerstellung,
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bei personellen Engpasses und/oder hohem Auftragsvolumen unterstützt er die Mitarbeiter bei der CNC-Programmerstellung,
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Ausarbeiten, verbessern und überarbeiten von vorhandenen Prozessen in den Bereichen Zerspannung und Montage,
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Beschaffung von Werkzeugen, Konditionierung von neun Maschinen und Anlagen und Konstituierung von neuen Vorrichtungen für Maschinen, Anlagen und der Montage.
Die nunmehr am Standort in B auszuübende Tätigkeit entspreche nicht seinem Arbeitsvertrag. Er solle nunmehr ein Maschinen- und Anlagenverzeichnis erstellen bzw. erweitern und im BWG-WIKI einstellen. Er bekomme keinen unbegrenzten Zugriff auf vorhandene Firmenlaufwerke, das SAP-System und die Zeichnungsverwaltung, sondern müsse jeweils erst Vorgesetzte fragen. Die vollstreckbare Kurzausfertigung des Titels sei auch mit Einschreiben zur Post gegeben worden. Das Schreiben sei am 19. Juli 2018 durch eine Mitarbeiterin der Kanzlei auch persönlich entgegengenommen worden.
Die Schuldnerin hat die Auffassung vertreten, dass der Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes zurückzuweisen sei. Der Weiterbeschäftigungstitel sei nicht hinreichend bestimmt. Dem Arbeitgeber müsse es gestattet sein, die Aufgabenübertragung im Wege des Direktionsrechts zu konkretisieren. Es komme auch infrage, dass der Gläubiger an einem anderen Standort arbeiten müsse. Unzutreffend sei die Behauptung, er habe keinen Zugriff auf das SAP-System und die Zeichnungsverwaltung. Ihm sei später ein Laufwerk zu Verfügung gestellt worden. Der Gläubiger sollte durchaus weiter Personalverantwortung haben, denn er sollte sich selbst aussuchen können, wie viele Mitarbeiter er für die Durchführung des Projekts benötige. Es sei zu keinem Zeitpunkt klargestellt worden, dass es sich um einen zeitlich nicht absehbaren Dauereinsatz in Brandenburg handeln sollte. Auch hätte die vollstreckbare Ausfertigung im Parteibetrieb zugestellt werden müssen.
Gegen das erstinstanzliche Urteil hat die Beklagte am 12. September 2018 Berufung eingelegt.
Das Arbeitsgericht Gießen hat mit Beschluss vom 22. August 2018 den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die zu vollstreckende Weiterb...