keine Angaben zur Anfechtbarkeit
Entscheidungsstichwort (Thema)
Versetzung
Leitsatz (amtlich)
Eine Mitbestimmungsrechte gemäß §§ 99, 100 BetrVG verletzende faktische Durchführung einer Versetzung steht einer späteren ordnungsgemäßen Durchführung des Beteiligungsverfahrens nicht entgegen. Der Arbeitgeber ist insbesondere nicht verpflichtet, die Maßnahme vorher tatsächlich aufzuheben. Solange die rechtswidrige Durchführung der Versetzung andauert, kann der Betriebsrat sich hiergegen mit einem Antrag gemäß § 101 BetrVG wehren.
Normenkette
BetrVG 99; BetrVG 100; BetrVG 101
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Beschluss vom 11.06.2008; Aktenzeichen 1 BV 24/07) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 11. Juni 2008 – 1 BV 24/07 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen zum Teil abgeändert:
Die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zu der Versetzung des Arbeitnehmers A auf die Stelle eines Dispatchers im Service-Center B wird ersetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A.
Die Beteiligten streiten über eine Versetzung.
Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt einen Speditionsbetrieb mit regelmäßig weit mehr als zwanzig Arbeitnehmern, die von dem zu 2) beteiligten Betriebsrat repräsentiert werden. Zu dem Betrieb gehört die Betriebsstätte Service-Center B. Die Arbeitgeberin hatte vor mehreren Jahren ihre Kurierdienstleistungen fremdvergeben. Mehrere der von dieser Maßnahme betroffenen Arbeitnehmer sind bisher nicht zu ihrer Zufriedenheit und zu der des Betriebsrats anderweitig untergebracht worden und zum Teil nach wie vor freigestellt. Die Arbeitgeberin stellte den vom vorliegenden Verfahren betroffenen Arbeitnehmer A im Jahr 2003 ein und beschäftigte ihn zunächst als Clerk OPS in der Tarifgruppe 3. Vorher war er u.a. von Januar bis Dezember 2002 bei einem anderen Speditionsunternehmen als Disponent tätig. Zum 01. Oktober 2005 versetzte die Arbeitgeberin ihn vorläufig auf die Position eines Dispatchers im Service-Center B in der Tarifgruppe 4. Die aufgrund eines dagegen gerichteten Widerspruchs des Betriebsrats von der Arbeitgeberin beim Arbeitsgericht anhängig gemachten Anträge gemäß §§ 99 Abs. 4, 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG wies das Arbeitsgericht zurück. Die erkennende Kammer verwarf die von der Arbeitgeberin gegen den Beschluss eingelegte Beschwerde mit rechtskräftigem Beschluss vom 03. Juli 2007 (– 4 TaBV 204/06 – AuR 2008/78 L) hinsichtlich des Antrags gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG als unzulässig. Sie wies die Beschwerde im Übrigen zurück, da der Betriebsrat nur zu einer bis 30. Juni 2006 befristeten Einstellung beteiligt worden und das Verfahren aus diesem Grund erledigt sei.
Die Arbeitgeberin schrieb die Dispatcherstelle in der Zeit vom 18. Juli bis zum 01. August 2007 erneut innerbetrieblich aus. In der Ausschreibung wurden als fachliche Voraussetzungen u.a. „Speditions- oder KEP-Kaufmann mit einschlägiger Berufserfahrung, Englischkenntnisse” genannt. Parallel dazu nahm die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 18. Juli 2007 gemäß § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX Verbindung mit der Arbeitsagentur B auf. Die Arbeitsagentur erklärte mit Schreiben vom 03. August 2007, es stehe kein geeigneter schwerbehinderter Bewerber für die Stelle zur Verfügung. Auf die Stelle bewarben sich erneut Herr A sowie die Arbeitnehmerin C. Frau C verfügt über eine Ausbildung als Bürokauffrau und wird von der Arbeitgeberin seit dem Jahr 2000 beschäftigt. Sie war als Kurierfahrerin in der Tarifgruppe 3 tätig und ist Mitglied des Betriebsrats. Daneben wurde sie gelegentlich im Umschlag (Terminal Handling) eingesetzt. Die Arbeitgeberin sprach ihr gegenüber eine Änderungskündigung aus, gemäß der sie vom 01. Januar 2007 an im Terminal Handling teilzeitbeschäftigt werden sollte. Das von Frau C gegen die Änderungskündigung eingeleitete Änderungsschutzverfahren ist bisher nicht rechtskräftig abgeschlossen. Am 07. August 2007 führte die Arbeitgeberin Gespräche mit beiden Bewerbern. Aufzeichnungen über diese fertigte sie nicht an. Die Arbeitgeberin entschloss sich wiederum zur Besetzung der Stelle mit Herrn A. Mit Schreiben vom 13. August 2007 unterrichtete sie ihn darüber, dass seine bisherige vorläufige Versetzung auf die Dispatcherstelle mit Ablauf des 20. August 2007 ende. Zum 21. August 2007 werde er vorbehaltlich der Zustimmung des Betriebsrats erneut auf die Stelle versetzt. Hierüber unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat mit einem Schreiben vom 13. August 2007, in dem zu den Auswahlgründen Folgendes ausgeführt wurde:
„… Nach Durchsicht der Bewerbungsunterlagen und persönlicher Gespräche mit beiden Bewerbern am 07.08.2007 haben wir uns für Herrn A entschieden.
Herr A erfüllt die in der Ausschreibung/Stellenbeschreibung aufgeführten Anforderungen sämtlich uneingeschränkt; wie Ihnen bekannt ist, hat Herr A bereits in vergleichbaren Positionen, z. B. bei der Firma Night Star Express als Disponent gearbeitet. Seit 15.02.2003 ist Herr A in unserem Unternehmen in vergleichbaren Posit...