Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung bei Eingruppierung – hier Begriff der Eingruppierung i. S. des § 99 Abs. 1 BetrVG 1972. Beibehaltung der bisherigen Eingruppierung bei neuem, inhaltlich aber nicht weiter geändertem Tarifvertrag

 

Leitsatz (amtlich)

1.) Behält der Arbeitgeber im Hinblick auf einen neuen, aber inhaltlich – was System, Anzahl und Tätigkeitsmerkmale der Vergütungsgruppen in einem tariflichen Vergütungsgruppensystem angeht – nicht weiter geänderten Tarifvertrag bei unverändert gebliebener Tätigkeit der Arbeitnehmer deren nach dem Vergütungsgruppensystem des bisher geltenden Tarifvertrages vorgenommene Eingruppierung bei, so stellt das keine Eingruppierung i. S. des § 99 Abs. 1 BetrVG 1972 dar und löst keine entsprechenden Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates aus.

2.) a Eine erhebliche Änderung eines tariflichen Vergütungsgruppensystems ist regelmäßig dann nicht anzuerkennen, wenn lediglich – bei unverändert gebliebenen allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen der einzelnen Vergütungsgruppen – den bisherigen Tätigkeitsbeispielen (Richtbeispielen) deren weitere durch einen neuen Tarifvertrag beigefügt werden.

 

Normenkette

BetrVG 1972 §§ 101, 99

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Beschluss vom 04.03.1987; Aktenzeichen 6 Bv 4/86)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts in Kassel vom 4. März 1987 – 6 Bv 4/86 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluß an das Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

b. Ein Einfluß auf die Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen in den allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen für Vergütungsgruppen durch die ihnen beigegebenen Tätigkeitsbeispiele (Richtbeispiele) kommt nicht in Betracht, wenn diese identisch bei mehr als einer Vergütungsgruppe aufgeführt sind.

3. Die – Vergütungshöhe konkret bestimmende – Zuordnung zu Tätigkeitsjahren innerhalb einer Vergütungsgruppe in einem tariflichen Vergütungsgruppensystem kann eine Eingruppierung i. S. des § 99 Abs. 1 BetrVG sein. Das ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn bei der erstmaligen Zuordnung nach den tariflichen Regelungen zu beurteilen ist, ob auch Tätigkeiten in anderen Betrieben den Merkmalen der Vergütungsgruppe entsprechen und deshalb deren Zeitdauer für die Zahl der Tätigkeitsjahre innerhalb der Vergütungsgruppe mit einzurechnen ist.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten auf dem Hintergrund des ab 1.4.1986 gültigen Gehaltstarif Vertrages für kaufmännische und technische Angestellte der Druckindustrie in Hessen vom 10.6.1986 (GTV 86), der den Gehaltstarifvertrag vom 7.11.1984 (GTV 84) ablöste, um die vom antragstellenden Betriebsrat geltend gemachte Verpflichtung der Antragsgegnerin, in den Fällen der Zustimmungsverweigerung zur Eingruppierung einer Vielzahl von Arbeitnehmern der Antragsgegnerin ein Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten.

Wegen des zugrundeliegenden Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten in erster Instanz wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Der Antragsteller hat beantragt,

  1. der Antragsgegnerin wird aufgegeben, in den Fällen der Verweigerung des Betriebsrates zur Eingruppierung der Mitarbeiter R. I. (und 53 anderer, in der Antragsschrift namentlich aufgeführter Mitarbeiter) ein Zustimmungsersetzungsverfahren einzuleiten;
  2. der Antragsgegnerin wird ein Zwangsgeld angedroht, wenn sie das arbeitsgerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren nicht durchführt.

Die Antragsgegnerin hat die Zurückweisung des Antrages beantragt.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen.

Gegen diesen dem Antragsteller am 27.3.1987 zugestellten Beschluß, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung Bezug genommen wird, richtet sich die am 14.4.1987 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und, nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 15.6.1987, mit einem (erst) am 16.6.1987 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Beschwerde des Antragstellers, mit der er seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt.

Wegen der Versäumung der Frist zur Beschwerdebegründung beantragt der Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Für sein Vorbringen insoweit, wofür auch eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt worden ist, wird auf den Schriftsatz des Antragstellers vom 22.6.1987 verwiesen.

In der Sache bleibt der Antragsteller dabei, sein Antrag sei durch § 101 BetrVG 1972 (§§ohne Gesetzesbezeichnung sind im folgenden immer solche des Betriebsverfassungsgesetzes von 1972) gerechtfertigt. Da ein neuer Gehaltstarifvertrag vorliege – der GTV 86 unterscheide sich in vielerlei Hinsicht vom früheren GTV 84 – müßten die Arbeitnehmer auch in ihn eingruppiert werden. Vorliegend gehe es deshalb darum, daß die Antragsgegnerin verpflichtet sei, in den neuen GTV 86 einzugruppieren. Dies sei schließlich auch geschehen. Wegen des neuen Tarifvertrages sei zwischen den Betriebsparteien die allseits für erforderlich gehaltene neue Eingruppierung jedes einzelnen Arbeitnehmers vorgenommen worden. Bezüglich der im Antrag g...

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