Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustimmung. personelle Maßnahme. Versetzung. Befristung. Beschwerdebegründung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Sind mehrere Ansprüche Gegenstand einer angefochtenen gerichtlichen Entscheidung, muss sich die Begründung eines unbeschränkt eingelegten Rechtsmittels mit jedem Anspruch auseinandersetzen. Dies gilt lediglich dann nicht, wenn das Bestehen eines Anspruchs unmittelbar von dem des anderen abhängt. Der Anspruch auf Ersetzung der Zustimmung eines Betriebsrats zur dauerhaften Durchführung einer personellen Maßnahme gem. § 99 Abs. 4 BetrVG und der Anspruch auf Feststellung der dringenden Erforderlichkeit der vorläufigen Durchführung einer solchen Maßnahme nach § 100 Abs. 2 S. 3 BetrVG betreffen unterschiedliche Streitgegenstände mit unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen.

2. Wird eine Einstellung oder Versetzung nach § 99 BetrVG nur befristet vorgenommen, ist sie mit dem Ablauf der Befristung erledigt. Beabsichtigt der Arbeitgeber, sie nach diesem Zeitpunkt fortzusetzen, handelt es sich um eine neue personelle Maßnahme.

 

Normenkette

BetrVG §§ 99-100; ArbGG § 89

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Beschluss vom 10.08.2006; Aktenzeichen 11 BV 7/05)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 10. August 2006 – 11 BV 7/05 – wird im Umfang des Antrags gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über eine personelle Maßnahme.

Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt einen Betrieb mit weit mehr als zwanzig Arbeitnehmern, die von dem zu 2) beteiligten Betriebsrat vertreten werden. Die Arbeitgeberin schrieb mit einer Ausschreibung vom 14. Juni 2005 zwei Stellen für Dispatcher für den Zeitraum vom 01. Juli 2005 „befristet bis 30. Juni 2006” aus. Sie unterrichtete den Betriebsrat mit Schreiben vom 26. Juli 2005 über ihre Absicht, den Arbeitnehmer Witt zum 01. August 2005 auf eine dieser Stellen zu versetzen und ihn von der Tarifgruppe 3 in die Tarifgruppe 4 heraufzugruppieren. Dem Anhörungsschreiben lag eine Kopie der Stellenausschreibung bei. Der Betriebsrat widersprach der Maßnahme mit Schreiben vom 29. Juli 2005 u. a. mit der Begründung, die Stelle sei der Arbeitnehmerin A vorher unbefristet angeboten und erst kurze Zeit später nach ihrer Bewerbung als befristete Stelle offeriert worden. Mit Schreiben vom 06. September 2005 unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat erneut über die Versetzung von Herrn B, diesmal zum 01. Oktober 2005. Die Verzögerung begründete sie mit dem von Herrn B im August und September 2005 angetretenen Jahresurlaub. Der Betriebsrat widersprach am selben Tag erneut. Mit Schreiben vom 30. September 2005 unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat über die vorläufige Durchführung der Maßnahme. Nachdem der Betriebsrat am 05. Oktober 2005 die dringende Erforderlichkeit der vorläufigen Durchführung bestritt, leitete die Arbeitgeberin am 06. Oktober 2005 das vorliegende Verfahren ein. Wegen des genauen Inhalts der vorgerichtlichen Korrespondenz wird auf die Anlagen 1 bis 3 zur Antragsschrift (Bl. 13 – 18 d. A.) Bezug genommen.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses (Bl. 86 – 89 d. A.) Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat die Anträge der Arbeitgeberin zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Zustimmung des Betriebsrats zu der Versetzung von Herrn B gelte weder als erteilt, noch sei sie zu ersetzen. Das Beteiligungsverfahren sei noch nicht in Gang gesetzt worden, da die Arbeitgeberin den Betriebsrat nicht hinreichend über die Bewerber für die Stelle und die von diesen vorgelegten Bewerbungsunterlagen unterrichtet habe. Der diesbezügliche Vortrag der Arbeitgeberin sei unsubstantiiert. Auch der Antrag gemäß § 100 BetrVG sei zurückzuweisen, da die Arbeitgeberin nicht ansatzweise eine betriebliche Notwendigkeit für die vorläufige Besetzung der Stelle dargelegt habe. Ihre diesbezüglichen Angaben seien nicht ansatzweise nachvollziehbar, weil nicht erkennbar sei, dass die Stelle tatsächlich vakant ist und wie ggf. im Fall ihrer Nichtbesetzung mit dem Arbeitsanfall umgegangen werde. Wegen der vollständigen Begründung wird auf die Ausführungen unter II des angefochtenen Beschlusses (Bl. 89 – 94 d. A.) Bezug genommen.

Die Arbeitgeberin hat gegen den am 03. November 2006 zugestellten Beschluss am 13. November 2006 Beschwerde eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Begründungsfrist bis 05. Februar 2007 am 05. Februar 2007 begründet. Die Arbeitgeberin rügt eine Verkennung der Vortragslast durch das Arbeitsgericht. Dieses habe durch Zeugenvernehmung aufklären müssen, welche Unterlagen dem Betriebsrat vorlagen. Die Arbeitgeberin vertieft ihren Vortrag zum Gegenstand der Unterrichtung und den dem Betrieb vorgelegten Bewerbungsunterlagen.

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vortrags der Arbe...

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