Entscheidungsstichwort (Thema)
Einwand der Unmöglichkeit sowie der Zuweisung einer anderen Tätigkeit in Ausübung des Direktionsrechts. Vollstreckung eines Beschäftigungstitels im bestehenden Arbeitsverhältnis
Leitsatz (amtlich)
Der Einwand der Unmöglichkeit der Beschäftigung kann nur auf solche Umstände gestützt werden, die nach Erlass des Urteils im Erkenntnisverfahren eingetreten sind.
Ist der Titel auf eine Tätigkeit beschränkt, erfüllt der Arbeitgeber seine Verpflichtungen aus dem Titel nicht dadurch, dass er dem Arbeitnehmer in Ausübung seines Direktionsrechts eine andere Tätigkeit zuweist, selbst wenn diese gleichwertig ist.
Die Frage der Wirksamkeit der Ausübung des Direktionsrechts und damit der Versetzung ist nicht im Zwangsvollstreckungsverfahren, sondern entweder im Berufungsverfahren oder im Wege der Vollstreckungsgegenklage zu klären.
Normenkette
ZPO § 888
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 17.06.2011; Aktenzeichen 4 Ca 7188/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 17. Juni 2011 - 4 Ca 7488/10 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Schuldnerin wendet sich mit ihrer am 12.07.2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen einen ihr am 29.06.2011 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 17.06.2011, durch den sie zu der im arbeitsgerichtlichen Urteil vom 1.03.2011 (Az. 4 Ca 7188/10) ausgesprochenen Verpflichtung, den Gläubiger mit der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Senior Portfolio-Manager im Bereich "Fondsmanagement Aktien Europa" zu beschäftigen, durch Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, angehalten worden ist.
Zwischen den Parteien besteht ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 27.05.2002. Zur Tätigkeit des Gläubigers ist darin ausgeführt, dass er als Arbeitnehmer im Bereich Fondsmanagement Europa eingesetzt wird. Bis zum 30.06.2009 war er in diesem Bereich als Senior Portfolio-Manager eingesetzt. Am 21.04.2010 teilte die Schuldnerin ihm mit, dass sein Arbeitsplatz zum 30.06.2009 wegfallen werde. In der Folge wies die Schuldnerin dem Gläubiger zeitweise gar keine Arbeit zu, zeitweise wies sie ihm einseitig Einsätze in verschiedenen Projekten zu, zuletzt vom 26.04.2010 - 30.09.2010 im Projekt RfP. Der Schuldner forderte vergeblich einen weiteren Einsatz als Senior Portfolio-Manager. Auf die am 13.10.2010 eingereichte Klage wegen vertragsgemäßer Beschäftigung verurteilte das Arbeitsgericht Frankfurt die Schuldnerin mit rechtskräftigem Urteil vom 1.03.2011 zur vertragsgemäßen Beschäftigung des Gläubigers als Senior Portfolio-Manager im Bereich "Fondsmanagement Aktien Europa". Die Schuldnerin kam dieser titulierten Verpflichtung auch nach schriftlicher Aufforderung nicht nach, sondern wies dem Gläubiger nach Erlass des Urteils erneut eine andere Tätigkeit zu, diesmal als Mitarbeiter im Bereich "Client Adoption". Die Schuldnerin beschäftigt weiter Senior Portfolio-Manager, davon auch verschiedene im Bereich Fondsmanagement Aktien Europa.
Die Schuldnerin reichte nach Rechtskraft des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 1.03.2011 beim Arbeitsgericht Frankfurt Vollstreckungsgegenklage ein mit dem Ziel, die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Arbeitsgerichts vom 1.03.2011 wegen der Zuweisung der anderen, nach ihrer Ansicht gleichwertigen Tätigkeit nach Erlass des Urteils festzustellen zu lassen. Das Arbeitsgericht Frankfurt wies diese Klage mit Urteil 8.11.2011 (4 Ca 4576711) ab. Die Schuldnerin legte dagegen Berufung beim Landesarbeitsgericht ein, über die bislang noch nicht entschieden ist.
Die Schuldnerin ist der Ansicht, der Verhängung von Zwangsmitteln stehe entgegen, dass ihr zum einen die Beschäftigung des Gläubigers aus den bereits im Erkenntnisverfahren ausgeführten Gründen unmöglich geworden und sie zum anderen ihrer Verpflichtung zur vertragsgemäßen Beschäftigung durch Zuweisung eines gleichwertigen Arbeitsplatzes im Bereich Client Adoption nachgekommen sei.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen, sondern sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 62 Abs. 2 ArbGG, 793 ZPO an sich statthaft und wurde innerhalb der in § 569 Abs. 1 ZPO normierten Zweiwochenfrist eingelegt.
In der Sache selbst hat die Beschwerde keinen Erfolg; denn der Antrag auf Verhängung von Zwangsmitteln gegen die Schuldnerin nach § 888 ZPO ist begründet.
1. Zunächst lagen die allgemeinen Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung vor. Das Urteil des Arbeitsgerichts stellt einen vollstreckbaren Titel dar (§ 62 ArbGG). Eine vollstreckbare Ausfertigung ist erteilt (§724,317 Abs. 2 S. 2 ZPO) und die Zustellung ist erfolgt (§ 750 ZPO). Bei der Verurteilung zur Weiterbeschäftigung handelt es sich nach fast einhelliger Auffassung um die Verurteilung zur Vornahme einer unvertretbaren Handlung gemäß § 888 ZPO.
2. Der arbeits...