Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfestsetzung. Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch
Leitsatz (amtlich)
Ein rein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch abweichend von § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG kann nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO verfolgt werden; ein entsprechender Antrag ist unzulässig. Entgegenstehende frühere Rechtsprechung des LAG Frankfurt/Hessischen Landesarbeitsgerichts wird aufgegeben.
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Beschluss vom 22.06.1999; Aktenzeichen 6 Ca 30/97) |
Hessisches LAG (Aktenzeichen 14 Sa 2235/97) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß der Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts in Darmstadt vom 22. Juni 1999-6 Ca 30/97 – wird auf Kosten des Beschwerdeführers nach einem Beschwerdewert von 1.766,40 DM zurückgewiesen.
Tatbestand
I. Den vorliegenden Kündigungsrechtsstreit mit einem Streitwert von 13,500,– DM haben die Parteien während des Berufungsverfahrens durch einen gerichtlichen Vergleich vom 30. März 1999 beendet. Nr. 3 des Vergleichs lautet: „Die Kosten des Vergleichs trägt die Beklagte.” (Bl. 85 und 86 d. A.). Der Kläger hat mit einem am 28. Mai 1999 bei dem Arbeitsgericht in Darmstadt eingegangenen Schriftsatz neben der Festsetzung seiner zweitinstanzlichen Anwaltskosten auch die der ersten Instanz in Höhe von 1.766,40 DM gegen die Beklagte beantragt (Bl. 99 – 101 d. A.). Die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts hat mit einem dem Kläger am 9. Juli 1999 zugestellten Beschluß vom 22. Juni 1999 u. A. die Festsetzung der im Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht dem Kläger entstandenen Rechtsanwaltskosten gegen die Beklagte abgelehnt (Bl. 102 -103 d. A.).
Gegen diesen Beschluß hat der Kläger am 23. Juli 1999 bei dem Arbeitsgericht … sofortige Beschwerde … eingelegt. Er meint, die erstinstanzlichen Kosten seien auf Grund des Vergleichs zu seinen Gunsten zu berücksichtigen (Bl. 106 d. A.).
Das Arbeitsgericht hat die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Zu dem Inhalt der genannten Entscheidungen und Schriftstücke im übrigen und im einzelnen wird auf die angegebenen Blätter der Akte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II. 1. Die gem. §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 577 Abs. 1 ZPO; 21 Nr. 1, 11 Abs. 1 RPflG; 78 Abs. 1 ArbGG statthafte sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß der Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts in Darmstadt vom 22. Juni 1999 – 6 Ca 30/97 – ist auch im übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 569, 577 Abs. 2 ZPO. Es schadet auch nicht, daß der Kläger keinen ausdrücklichen Antrag gestellt hat, denn sein Begehren, daß der Kostenfestsetzungsbeschluß des Arbeitsgerichts abgeändert und auch seine ihm vor dem Arbeitsgericht entstandenen Anwaltskosten gegen die Beklagte festgesetzt werden sollen, wird auch so hinreichend deutlich.
2. Die sofortige Beschwerde des Klägers kann aber keinen Erfolg haben, weil sie unbegründet ist. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts den Antrag des Klägers insoweit zurückgewiesen. Der Antrag ist bereits unzulässig.
§§ 103 ff. ZPO geben der Partei, der durch einen Rechtsstreit notwendige Kosten entstanden sind, auf Grund eines ihr ganz oder teilweise günstigen Ausgangs des Rechtsstreits insoweit einen prozessualen Kostenfestsetzungsanspruch gegen die Gegenpartei. Bei Beendigung eines Rechtsstreits durch gerichtlichen oder dem Gericht mitgeteilten Vergleich entfallen im Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen entstandene Gerichtskosten für die Instanz, Nrn. 9112, 9121 Anl. 1 ArbGG; die übrigen Kosten sind als gegeneinander aufgehoben anzusehen, §§ 98, 92 Abs. 1 ZPO. Darüber hinaus gilt für das Erkenntnisverfahren I. Instanz der Ausschluß der Erstattungsfähigkeit der Kosten der Hinzuziehung eines Prozeßbevollmächtigten, § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG.
Zwar können die Parteien gem. § 98 ZPO über erstattungsfähige Kosten im Vergleich eine andere Regelung treffen mit der Folge, daß diese Vereinbarung auch im Rahmen der Bearbeitung des prozessualen Erstattungsanspruchs gem. §§ 103 ff. ZPO zu beachten ist. Die Parteien können auch innerhalb der Vertragsfreiheit gem. § 305 BGB die Erstattung prozessual nicht erstattungsfähiger Kosten vereinbaren und so einen materiell-rechtlichen Erstattungsanspruch schaffen. Der Partei, der danach einen Kostenerstattungsanspruch zusteht, kann diesen aber nicht in dem vereinfachten Verfähren nach § 103 ff. ZPO durchsetzen, sondern ist im Streitfalle auf die klageweise Durchsetzung verwiesen. Die Kammer schließt sich der herrschenden Meinung an (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG. 3 Aufl., § 12 a Rn 8 und 25 – 27; GK-ArbGG/Wenzel, § 12 a ArbGG Rn 118; a. A. Grunsky, ArbGG, 7. Aufl., § 12 a ArbGG Rn 5, jeweils mit Nachweisen aus der Rechtsprechung); soweit das Landesarbeitsgericht Frankfurt am Main früher eine andere Auffassung vertreten hat (LAG Frankfurt am Main Beschl. v. 09.07.1985, NJW 1958, 1415), wird diese Meinung durch die nunmehr zuständige Kamme...