Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmtheit eines Weiterbeschäftigungsanspruchs. Auslegung eines Titels. Differenzen zwischen Tatbestand und Tenor

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei einem Weiterbeschäftigungsanspruch muss sich aus dem Titel nur die Art der ausgeurteilten Beschäftigung ergeben.

 

Normenkette

ZPO §§ 888, 253 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 14.05.2013; Aktenzeichen 9 Ca 466/12)

 

Gründe

I.

Der Gläubiger wendet sich mit seiner am 08.08.2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen einen ihm am 25.07.2013 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach, mit dem ihm das Gericht die Verhängung eines Zwangsgeldes zur Durchsetzung der im arbeitsgerichtlichen Urteil vom 14.05.2013 (Az. 9 Ca 466/12) im Tenor ausgesprochenen Verpflichtung, den Gläubiger zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Maschineneinrichter weiter zu beschäftigen, versagt hat.

Der Gläubiger steht seit dem 08.01.1979 zur Schuldnerin in einem Arbeitsverhältnis. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag besteht nicht. Die Schuldnerin sprach gegenüber dem Gläubiger am 26.12.2012 eine betriebsbedingte ordentliche Kündigung zum 30.06.2013 aus. Mit seiner gegen die Kündigung erhobenen Kündigungsschutzklage blieb der Gläubiger in erster Instanz erfolgreich. Über die von der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts vom 14.05.2013 am 19.06.2013 eingelegte Berufung hat das Landesarbeitsgericht bislang noch nicht entschieden.

Das Arbeitsgericht hat die Tätigkeit des Gläubigers im unstreitigen Teil des Tatbestands dahin beschrieben, dass er in der Organisation SPAM mit der Durchführung von Probeläufen verschiedener Baureihen befasst sei. Im Tenor des Urteils ist diese Tätigkeit als "Maschineneinrichter" bezeichnet. Tatsächlich wird diese Tätigkeit im Betrieb jedoch als die eines "Endgerätemonteurs" bezeichnet. Unstreitig war der Gläubiger weder als Maschineneinrichter eingestellt noch wurde er jemals im Betrieb als solcher beschäftigt. Tatsächlich war er als Endgerätemonteur in der Organisation SPAM tätig und dort mit der Durchführung von Probeläufen für verschiedene Baureihen und einfachen Tätigkeiten bei den nachfolgenden Takten beschäftigt.

Der Gläubiger forderte die Schuldnerin mit Schreiben vom 25.06.2013 (Bl. 146 d.A.) erfolglos zur Weiterbeschäftigung auf. Die Schuldnerin lehnte dies mit Schreiben vom 27.06.2013 (Bl. 147 d.A.) unter Hinweis darauf ab, dass es für ihn überhaupt keine Beschäftigung gebe.

Den vom Gläubiger am 08.07.2013 eingereichten Zwangsgeldantrag hat das Arbeitsgericht Offenbach mit Beschluss vom 19.07.2013 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zwar der Titel trotz der sich widersprechenden Bezeichnung im Tenor und der Aufgabenbeschreibung im Tatbestand noch widerspruchsfrei sei; denn ausschlaggebend sei der Tenor, der hier aus sich selbst heraus hinreichend bestimmt sei. Das Einrichten von Maschinen sei in der Metallindustrie eine tariflich geregelte Tätigkeit und auch im Betrieb der Schuldnerin gebräuchlich. Der Antrag sei jedoch nicht begründet, weil der Gläubiger tatsächlich eine andere Beschäftigung als die im Tenor genannte, nämlich die im Tatbestand des Urteils beschriebene, anstrebe. Hierbei handele es sich jedoch um zwei unterschiedliche Tätigkeiten (Bl. 168-170 d.A.).

Der Gläubiger hält den Titel für hinreichend bestimmt. Er behauptet, mit der Bezeichnung "Maschineneinrichter" habe er lediglich seine bisherige Tätigkeit zu umschreiben versucht. Ihm sei die von der Schuldnerin benutzte Bezeichnung nicht geläufig gewesen. Seinem Antrag sei zu entnehmen, dass er zu unveränderten Bedingungen beschäftigt werden wolle und keine andere Tätigkeit anstrebe. Da kein Streit über seine Aufgaben bestehe, müssten die im Tatbestand aufgeführten Tätigkeiten ausschlaggebend für die Auslegung des Titels sein.

Die Schuldnerin ist der Ansicht, der Titel sei nicht hinreichend bestimmt, sondern in sich widersprüchlich. Da der Gläubiger nie als Maschineneinrichter beschäftigt gewesen sei, könne sie ihn nicht gleichzeitig zu den bisherigen Bedingungen beschäftigen. Außerdem habe die Tätigkeitsbeschreibung Maschineneinrichter keinen verkehrsüblichen oder typischen Beschäftigungsinhalt. Die Einzelheiten der Beschäftigung seien aus dem Titel nicht eindeutig zu erkennen. Da der Gläubiger ausdrücklich beantragt habe, als Maschineneinrichter beschäftigt zu werden, könne das im Zwangsvollstreckungsverfahren nicht korrigiert werden.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 62 Abs. 2 ArbGG, 793 ZPO an sich statthaft und wurde innerhalb der in § 569 Abs. 1 ZPO normierten Zweiwochenfrist eingelegt.

Auch in der Sache selbst hat die Beschwerde Erfolg, weil der Antrag auf Verhängung eines Zwangsgeldes nach § 888 ZPO begründet ist. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach war aufzuheben und gegen die Schuldnerin ein Zwangsgeld zu verhängen.

1. Die allgemeinen Voraussetzunge...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge