Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg. Organvertreter
Leitsatz (amtlich)
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gegeben, wenn ein Arbeitsvertrag als Generalsekretär die Bestellung zum Vorstand eines Vereins ohne Änderung der Arbeitsaufgaben nach im Folgejahr noch zu beschließender Satzungsänderung vorsieht, diese zum Kündigungszeitpunkt aber noch nicht im Vereinsregister eingetragen war.
Normenkette
ArbGG §§ 2, 5; BGB § 26 Abs. 2, § 71
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 17.04.2002; Aktenzeichen 9 Ca 10355/01) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 17. April 2002 – 9 Ca 10355/01 – abgeändert.
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen wird für zulässig erklärt.
Die Kosten der Beschwerde trägt der Beklagte aus einem Beschwerdewert von EUR 3.835,–.
Die Rechtsbeschwerde wird für den Beklagten zugelassen.
Gründe
Der Beklagte ist ein Sportverband. Der Kläger war aufgrund „Dienstvertrages” vom 13.12.2000 seit 1.1.2001 als Generalsekretär bei ihm beschäftigt. Nach § 2 Ziff. 1 des Vertrages unterlag er dabei den Weisungen des Präsidenten. § 3 des Vertrages (Vertretungsbefugnis) lautet:
„Der Arbeitnehmer soll in der Folge einer Satzungsänderung in der Bundeshauptversammlung 2002 (BHV) Vorstand im Sinne des § 26 BGB werden. Er wird dann den Arbeitgeber gemeinsam mit einem weiteren Präsidiumsmitglied gegenüber Dritten und im Rechtsverkehr vertreten können”.
Die Angabe der Jahreszahl 2002 ist ein Schreibfehler und muss 2001 lauten. Die Satzungsänderung wurde von der BHV im Juni 2001 beschlossen und am 14. Febr. 2002 im Vereinsregister eingetragen. Der Kläger war Mitglied des Präsidiums.
Mit Schreiben vom 29.11.2001 erklärte der Beklagte dem Kläger gegenüber die fristlose Kündigung des „Arbeitsverhältnisses.”
Der Kläger hat Kündigungsschutzklage erhoben und ist der Auffassung gewesen, der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen sei gegeben, weil er Arbeitnehmer sei. Vor Eintragung der Satzungsänderung in das Vereinsregister sei er nicht satzungsmäßiger Vertreter des Beklagten geworden.
Der Beklagte hat den fehlenden Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen gerügt. Er ist der Auffassung gewesen, der Kläger gelte infolge der Satzungsänderung nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer. Es sei unerheblich, dass die Satzungsänderung erst später eingetragen worden sei. Er hat behauptet, der Kläger habe die Eintragung der Satzungsänderung in das Handelsregister hinausgezögert. Er könne sich deshalb unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung nicht darauf berufen, kein Organmitglied zu sein.
Wegen des weiteren erstinstanzlichen Beschwerdevorbringens wird auf die Sachdarstellung im angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat durch Beschluss vom 17.4.2002 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig angesehen und den Rechtsstreit an das Landgericht Frankfurt am Main verwiesen. Das Arbeitsgericht hat angenommen, der Kläger gelte gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer. Bereits ein Vertragsverhältnis, das einer beabsichtigten Einsetzung als Organ zugrunde liege, sei ein der Organstellung zugrunde liegendes Arbeitsverhältnis. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Gegen diesen ihm am 30.4.2002 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 13.5.2002 sofortige Beschwerde eingelegt und gleichzeitig begründet.
Der Kläger ist unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin der Auffassung, der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen sei gegeben, während der Beklagte unter Verteidigung des arbeitsgerichtlichen Beschlusses die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.
Wegen des Beschwerdevorbringens im Einzelnen wird auf die Beschwerdeschriftsätze Bezug genommen.
Die sofortige Beschwerde ist statthaft. Gegen die Entscheidungen der Arbeitsgerichte über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges findet das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde statt, § 48 Abs. 1 ArbGG i.V.m. § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG. Sie ist auch zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt wurde, § 78 S. 1 ArbGG i.V.m. §§ 569 Abs. 1 und 2 ZPO.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist gegeben. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 a, b ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für „bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern” aus dem Arbeitsverhältnis und über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses. Wer Arbeitnehmer ist, ergibt sich aus § 5 ArbGG. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG zählen zu den Arbeitnehmern nicht diejenigen Personen, die in einem Betrieb einer juristischen Person kraft Gesetzes zur Vertretung der juristischen Person berufen sind. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG beruht auf dem Umstand, dass juristische Personen nur durch ihre Organe handeln und nur durch diese ihre Arbeitgeberfunkti...