Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg. Geschäftsführer
Leitsatz (amtlich)
Zur Fiktionswirkung des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG bei Geschäftsführerverhältnissen.
Normenkette
ArbGG § 5 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Aachen (Beschluss vom 19.06.2009; Aktenzeichen 1 Ca 971/09) |
ArbG Aachen (Aktenzeichen 9 Ca 1550/10) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 19.06.2009 – 1 Ca 971/09 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.
Streitwert: 140.165,18 EUR.
Tatbestand
I. Die Parteien streiten um einen Abfindungsanspruch und monatliche Pensionsleistungen aus der Aufhebungsvereinbarung vom 13.11.2008.
Gemäß dem Anstellungsvertrag vom 23.12.2005 vereinbarten die Parteien mit Wirkung zum 01.01.2006, dass der Kläger als „Direktor” in die Dienste der Beklagten eintreten sollte. Hinsichtlich der Einzelheiten des Anstellungsvertrages wird auf die Kopie Bl. 201 ff. d. A. Bezug genommen.
Durch Gesellschafterbeschluss vom 20.02.2006 der Alleingesellschafterin der Beklagten wurde der Kläger zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt. Aus dem Handelsregisterauszug der Beklagten ergibt sich, dass der Kläger durch Eintragung vom 22.03.2006 zum Geschäftsführer der Beklagten neben dem weiteren Geschäftsführer, Herrn Dr. H S bestellt wurde.
Durch Handelsregistereintragung vom 31.07.2008 wurde der Kläger als Geschäftsführer der Beklagten wieder abberufen.
Danach wurde der Kläger unter der Bezeichnung „Direktor für Verkehrspolitik, Regierungs- und Universitätsangelegenheiten” / „Direktor für Regierungsangelegenheiten” für die Beklagte sowie im F konzern tätig.
Am 13.12.2008 schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag, der die Beendigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses in beiderseitigem Einvernehmen zum 31.12.2008, einen Abfindungsanspruch in Höhe von Brutto 110.265,86 EUR und neben anderen Verpflichtungen auch Leistungen der betrieblichen Altersversorgung der F vorsieht.
Mit Schreiben vom 10.03.2009 erklärte die Alleingesellschafterin der Beklagten zu 1. den Rücktritt vom Aufhebungsvertrag vom 13.11.2008 und vorsorglich dessen Anfechtung. Mit weiterem Schreiben vom 10.03.2009 kündigte die Alleingesellschafterin der Beklagten das Anstellungsverhältnis mit dem Kläger fristlos und hilfsweise fristgerecht zum 30.04.2009. Zudem kündigte die Beklagte ebenfalls mit Schreiben vom 10.03.2009 nach Erklärung des Rücktritts und der vorsorglichen Anfechtung des Aufhebungsvertrages durch Schreiben vom 10.03.2009 das Arbeitsverhältnis ihrerseits mit weiterem Schreiben vom 10.03.2009. Ein etwaiges Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wurde auch durch die F D H G mit Schreiben vom 10.03.2009 fristlos und hilfsweise fristgerecht zum 30.04.2009 gekündigt. Mit Schreiben vom 16.03.2009 erklärte die Beklagte erneut die hilfsweise fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Die hilfsweise fristgemäße Kündigung durch die Beklagte erfolgte mit weiterem Schreiben vom 19.03.2009. Die vorgenannten Rücktritts-, Anfechtungs- bzw. Kündigungserklärungen sind Streitgegenstand im weiteren Verfahren vor dem Arbeitsgericht Aachen unter dem Aktenzeichen 7 Ca 1358/09.
Mit seiner Klage vom 04.03.2009 macht der Kläger die Auszahlung der im Aufhebungsvertrag vom 13.11.2008 vereinbarten Abfindung sowie der monatlichen Pensionszahlungen geltend.
Der Kläger ist der Auffassung, der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten sei eröffnet, da er nach seiner Abberufung als Geschäftsführer im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses weiter beschäftigt worden sei.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Eröffnung des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten scheitere an § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG. Der ursprüngliche Anstellungsvertrag des Klägers vom 23.12.2005 sei von Anfang an auf die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer gerichtet gewesen. Der Fortbestand des Vertragsverhältnisses nach Abberufung des Klägers aus seiner Funktion als Geschäftsführer des Beklagten knüpfe an den Anstellungsvertrag vom 23.12.2005 an und beabsichtige lediglich noch die Abwicklung des bisherigen Vertragsverhältnisses.
Das Arbeitsgericht Aachen hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen durch Beschluss vom 19.06.2009 für zulässig erklärt.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht Aachen im Wesentlichen darauf abgestellt, die Parteien hätten das zugrundeliegende Rechtsverhältnis ausdrücklich als Arbeitsverhältnis bezeichnet. Zudem stelle sich auch bei materieller Wertung nach der tatsächlichen Vertragsdurchführung die Tätigkeit des Klägers als weisungsgebundene Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis dar. Lediglich für den Zeitraum der Bestellung zum Geschäftsführer der Beklagten greife die Sondervorschrift des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG. Diese Vorschrift sei allerdings mit der Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten zum 31.07.2008 nicht mehr einschlägig.
Gegen den ihr am 10.11.2009 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts Aachen vom 19.06.2009 hat sich die Beklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 24.11.2009...