Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert bei Kündigungsschutzverfahren. Dauer des Bestands des Arbeitsverhältnisses. Grenze zwei Monate. Titulierung unstreitiger Ansprüche. Gegenstandswert bei Vergleich über Zeugnis mit inhaltlichen Festlegungen. Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung
Leitsatz (amtlich)
Bei Streitigkeiten um den Bestand des Arbeitsverhältnisses, das über 6 Monaten bestanden hat, bemisst sich der Gegenstandswert für die Klage auf die Vergütung für ein Vierteljahr. Ausnahmen hiervon gelten nur, wenn der Fortbestand für einen unter 3 Monaten liegenden Zeitraum nur geltend gemacht wird.
Letzteres kann sich aus dem Klageantrag ggf. in Verbindung mit der Klagebegründung ergeben, wenn etwa nur die außerordentliche Kündigung oder die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist angegriffen wird, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als solche jedoch nicht im Streit steht. Dann bemisst sich der Gegenstandswert dieser Klage nur in Höhe der im Zeitraum der ordentlichen Kündigungsfrist anfallenden Vergütung.
Dies ist anzunehmen, wenn die mit der Klage kein zeitlich unbegrenzten Kündigungsschutz geltend gemacht, sondern lediglich die Beendigung ohne Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist gerügt wird, was sowohl aus dem Klageantrag und/oder der Klagebegründung sich ergeben kann.
Werden in einem Vergleich im Wesentlichen unstreitige Ansprüche mit geregelt, so sind hierfür im Hinblick auf das Titulierungsinteresse nur 20 % des normalen Wertes des Anspruches anzusetzen.
Das gilt auch für das unstreitig zu erteilende, aber nicht eingeklagte (qualifizierte) Zeugnis. Wird jedoch im Vergleich, in dem kein Zeugnis eingeklagt ist, geregelt, dass ein qualifiziertes Zeugnis zu erteilen ist und werden diesbezüglich inhaltliche Festlegungen vereinbart, ist diese Regelung mit einem Mehrwert von einer Bruttomonatsvergütung zu bewerten. Auf Art und Umfang der inhaltlichen Festlegungen kommt es dabei nicht an. Insoweit hält das Beschwerdegericht an seiner bisherigen Rechtsprechung (vgl. Hess. LAG vom 9. Dezember 2010 -1 Ta 271/10 n.v.; Hess. LAG vom 8. Februar 2007 - 15 Ta 523/06 n.v.) nicht mehr fest, dass für die Vergleichsbewertung das qualifizierte Zeugnis mit wesentlichen inhaltlichen Festlegungen nur mit einem halben Bruttomonatsgehalt zu bemessen ist.
Normenkette
RVG § 33 Abs. 1; GKG § 42 Abs. 3 S. 1; ZPO § 3; BGB §§ 779, 611 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Entscheidung vom 12.02.2013; Aktenzeichen 6 Ca 503/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 12. Februar 2013 - 6 Ca 503/12 - aufgehoben.
Der Wert gemäß § 33 RVG wird für
die Klage auf € 790,00
den Vergleich auf € 2.880,44
festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beschwerde des Klägers hat nur zum Teil Erfolg.
Der Kläger hat am 26. November 2012 mit folgendem Antrag im Hinblick auf die von der Beklagten unter dem 5. November 2012 ausgesprochene Kündigung Klage erhoben:
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung des Beklagten vom 5. November 2012, ihm zugegangen am 5. November 2012, nicht zum 30. November 2012 aufgelöst worden ist.
In der Klagebegründung hat er ausgeführt, dass die Beklagte regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, er seit dem 19. März 2012 bei ihr tätig war und dass die Probezeit abgelaufen gewesen sei und daher die Kündigung entsprechender der nach dem Arbeitsvertrag maßgeblichen Frist erst frühestens zum 15. Dezember 2012 möglich gewesen sei. Das Bruttogehalt des Klägers hat € 1.580,00 betragen.
Mit Beschluss vom 17. Dezember 2012 stellte das Gericht das Zustandekommen eines Vergleichs gemäß § 278 Abs. 6 ZPO fest, wobei für den Inhalt des Vergleichs auf Bl. 17 d.A. Bezug genommen wird. Das Arbeitsgericht hat nach vorheriger Anhörung den Gegenstandswert für die Klage durch Beschluss vom 12. Februar 2012 auf € 4.740,00 und für den Vergleich auf € 6.040,44 festgesetzt und dabei den Vergleichsmehrwert mit einem halben Gehalt für das Arbeitszeugnis und mit € 510,44 für 7 Tage Urlaubsabgeltung bemessen.
Gegen diesen Beschluss hat der Kläger mit einem am 1. März 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz (Bl. 27 d.A.) Beschwerde eingelegt und mit Schriftsatz vom 5. März 2013 (Bl. 29 d.A.) begründete, der das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 22. März 2013 (Bl. 30 d.A.) nicht abgeholfen hat.
II.
Die zulässige Beschwerde des Klägers ist erfolgreich.
Der Wert für das Verfahren bemisst sich in Höhe von € 790,00.
Bei Streitigkeiten um den Bestand des Arbeitsverhältnisses, das über 6 Monaten bestanden hat, bemisst sich der Gegenstandswert für die Klage auf die Vergütung für ein Vierteljahr. Ausnahmen hiervon gelten nur, wenn der Fortbestand für einen unter 3 Monaten liegenden Zeitraum nur geltend gemacht wird.
Letzteres kann sich aus dem Klageantrag ggf. in Verbindung mit der Klagebegründung ergeben, wenn etwa nur die außerordentliche Kündigung oder die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist angegriffen wird, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses als solche jedoch nicht i...