Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde gegen die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit durch das Arbeitsgericht
Leitsatz (redaktionell)
Soweit für die Anfechtung einer Betriebsratswahl der Streitwertkatalog davon ausgeht, dass Wertsteigerungen abhängig von der Beschäftigtenzahl bzw. abhängig von der Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder geboten sind, ist dieser Ansatz auch der Anfechtung von Freistellungswahlen zugrunde zu legen. Da die Bedeutung der Freistellungswahl im Gegensatz zu der Bedeutung einer Betriebsratswahl jedoch deutlich geringeres Gewicht hat, ist es einerseits geboten, nicht von dem doppelten Ausgangswert nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG auszugehen, sondern lediglich von dem einfachen Ausgangswert, und andererseits, nicht die Staffel nach § 9 BetrVG zur Anwendung zu bringen, sondern die nach § 38 BetrVG.
Normenkette
RVG § 33
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 11.09.2023; Aktenzeichen 21 BV 965/22) |
Tenor
Die Beschwerde der Arbeitgeberin vom 12. Oktober 2023 gegen den Abhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 11. September 2023 - 21 BV 965/22 - wird zurückgewiesen.
Die Arbeitgeberin hat als Beschwerdeführerin die Beschwerdegebühr zu tragen.
Gründe
I.
Gegenstand der vorliegenden Beschwerde der Arbeitgeberin ist die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit nach § 33 RVG durch das Arbeitsgericht.
In dem zugrundeliegenden Ausgangsverfahren hat die Betriebsrätin A (Beteiligte zu 1) die Feststellungen begehrt, dass die beiden im Betriebsratsgremium durchgeführten Wahlen bzgl. der freizustellenden Betriebsratsmitglieder vom 15. September 2022 und vom 17. November 2022 jeweils nichtig, hilfsweise unwirksam sind. Beteiligte in dem Verfahren waren neben der Beteiligten zu 1 (Antragstellerin) der Betriebsrat (Beteiligter zu 2), die Arbeitgeberin (Beteiligte zu 3) sowie neun von der Wahl betroffene Betriebsratsmitglieder (Beteiligte zu 4 bis 12).
In dem Betrieb der Arbeitgeberin waren im Zeitpunkt der Wahlen 3359 Personen beschäftigt. Nach § 38 BetrVG waren ausgehend von dieser Beschäftigtenanzahl sechs Betriebsratsmitglieder freizustellen. Aufgrund einer tarifvertraglichen Regelung erhöhte sich diese Anzahl um ein weiteres Betriebsratsmitglied auf sieben.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 04. Mai 2023 die Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder vom 17. November 2022 für unwirksam erklärt und die Anträge der Beteiligten zu 1 im Übrigen abgewiesen.
Mit Wertfestsetzungsbeschluss vom 27. Juni 2023 hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit auf insgesamt 10.000,- EUR festgesetzt und hierbei jede der beiden Wahlanfechtungen mit jeweils 5.000,- EUR bewertet.
Gegen den Festsetzungsbeschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1 und die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2, 4-5, 7-10 und 12 jeweils Beschwerde eingelegt. Diesen Beschwerden hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 11. September 2023 abgeholfen und den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit nunmehr auf 40.000,- EUR festgesetzt. Mit dieser Abhilfeentscheidung ist den Beschwerden der Verfahrensbevollmächtigten jeweils vollständig abgeholfen worden, nachdem die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1, die zunächst eine Abänderung auf 50.000,- EUR erstrebt hatten, ihre Beschwerde auf 40.000,- EUR beschränkt haben.
Gegen den Abhilfebeschluss vom 11. September 2023, der der Arbeitgeberin am 28. September 2023 zugestellt worden ist, hat diese mit Schriftsatz vom 12. Oktober 2023 Beschwerde einlegen lassen. Dieser hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 23. Oktober 2023 nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Mit richterlicher Verfügung vom 25 Juli 2024 hat die Beschwerdekammer den Beteiligten Gelegenheit gegeben, zu den Gründen der Nichtabhilfeentscheidung des Arbeitsgerichts vom 23. Oktober 2023 Stellung zu nehmen. Auf die Stellungnahmen der Arbeitgeberin sowie der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2, 4, 5, 7 bis 10 und 12 und der Beteiligten zu 1 wird verwiesen.
II.
1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist zulässig. Sie ist gemäß § 33 Abs. 2 und Abs. 3 RVG statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt.
2. Die Beschwerde ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit gemäß § 33 Abs. 1 RVG zu Recht auf insgesamt 40.000,- EUR festgesetzt.
a. Die Beschwerdekammer orientiert sich bei ihren Entscheidungen an dem von der Streitwertkommission der Arbeitsgerichtsbarkeit erarbeiteten "Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit" in der Fassung vom 01. Februar 2024 (NZA 2024, 308). Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass dieser Katalog keinerlei bindende Wirkung besitzt. Die Beschwerdekammer richtet jedoch ihre Rechtsprechung im Interesse einer möglichst einheitlichen Gestaltung der Streitwertbemessung für bestimmte, typische Fallkonstellationen weitgehend an diesem Katalog aus, um Kostenrisiken für die Parteien un...