Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung des Gegenstandswerts. Beschlussverfahren. Anfechtung einer Freistellungswahl nach § 38 BetrVG

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem Wahlanfechtungsverfahren betreffend die Freistellung von Betriebsratsmitgliedern ist für das erste der für die Freistellung zu wählenden Betriebsratsmitglieder der Ausgangswert von EUR 4.000,00 in Ansatz zu bringen und für jedes weitere zu wählenden Betriebsratsmitglied die Hälfte des Ausgangswerts.

 

Normenkette

RVG § 23 Abs. 3 S. 2, § 33; BetrVG §§ 9, 38

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 15.07.2011; Aktenzeichen 12 BV 10/10)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 5) vom 04. August 2011 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 15. Juli 2011 – 12 BV 10/10 – abgeändert:

Der Gegenstandswert für den Antrag aus der Antragsschrift vom 04. Mai 2010 wird auf EUR 10.000,00 festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss findet kein Rechtsmittel statt.

 

Tatbestand

I.

Gegenstand des zu Grunde liegenden Beschlussverfahrens war der Antrag der Beteiligten zu 1) bis 4) auf Feststellung der Unwirksamkeit der Freistellungswahlen der Betriebsratsmitglieder vom 20. April 2010 und/oder 27. April 2010. Die Beteiligten zu 1) bis 4) sind Mitglieder des Betriebsrats des Arbeitgebers (A. AG). Der Betriebsrat besteht aus 13 Mitgliedern. Am 04. März 2010 haben Neuwahlen stattgefunden. Neben dem gesetzlichen Freistellungsanspruch nach § 38 BetrVG gewährt der Arbeitgeber zwei weitere Freistellungen, so dass dem Betriebsrat insgesamt vier Vollfreistellungen zur Verfügung stehen. Am 20. April 2010 und am 27. April 2010 fand jeweils eine Freistellungswahl statt, die die Beteiligten zu 1) bis 4) angefochten haben. Nach Durchführung eines Mediationsverfahrens haben sich die Beteiligten auf die Verteilung der zur Verfügung stehenden Freistellungen geeinigt, so dass das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 22. Juli 2011 das Verfahren eingestellt hat.

Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss vom 15. Juli 2011 auf EUR 4.000,00 festgesetzt. Gegen diesen ihnen am 22. Juli 2011 zugestellten Beschluss haben die Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 5) mit Schriftsatz vom 04. August 2011, der am 05. August 2011 beim Arbeitsgericht eingegangen ist, Beschwerde eingelegt. Zur Begründung haben sie ausgeführt, in Anlehnung an die Entscheidung des LArbG Hamburg vom 9. Oktober 2003 (– 4 Ta 12/03 – juris) sei bei Anfechtungsverfahren von Betriebsratswahlen zunächst vom zweifachen Ausgangsstreitwert auszugehen, der sodann für jede Stufe der Staffel des § 9 BetrVG um den halben Ausgangswert erhöht werde. Diese Grundsätze seien auf das Anfechtungsverfahren für die Freistellungswahlen innerhalb des Betriebsratsgremiums übertragbar. Dem Umstand, dass eine Freistellungswahl vom Umfang her nicht an eine Betriebsratswahl heranreiche, sei dadurch Rechnung getragen worden, dass lediglich der einfache Ausgangsstreitwert zu Grunde gelegt worden sei, so dass sich bei insgesamt vier Freistellungen ein Gegenstandswert in Höhe von EUR 10.000,00 errechne.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde gemäß Beschluss vom 23. November 2011 nicht abgeholfen und zur Begründung ausgeführt, der Streit über die Freistellungswahl sei mit der Anfechtung einer Betriebsratswahl nicht vergleichbar, so dass die herangezogene Rechtsprechung des LArbG Hamburg auf die vorliegende Konstellation nicht übertragbar sei. Unter Berücksichtigung des ideellen und wirtschaftlichen Interesses und des Aufwands der Beteiligten und ihrer Bevollmächtigten bestehe mangels anderweitiger individueller Kriterien keine Veranlassung, eine vom Hilfswert abweichende Wertfestsetzung vorzunehmen. In diesem Zusammenhang sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die dem Verfahren zu Grunde liegende Rechtsfrage, nämlich die Wirksamkeit der Freistellung, recht eindeutig und ohne besonderen Aufwand zu beantworten gewesen sei. Auch das durchgeführte Mediationsverfahren ändere an dieser Einschätzung nichts.

Durch Verfügung des Kammervorsitzenden vom 06. Dezember 2011 ist dem Arbeitgeber und den Verfahrensbevollmächtigen des Beteiligten zu 5) binnen vier Wochen Gelegenheit gegeben worden zum vorgenannten Nichtabhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Hamburg Stellung zu nehmen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 5) vom 04. August 2011 gegen den Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts 15. Juli 2011 – 12 BV 10/10 – ist statthaft gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG und auch im Übrigen zulässig, insbesondere gem. § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG fristgemäß eingelegt. Die Beschwer übersteigt EUR 200,00. In der Sache selbst hat die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 5) auch Erfolg. Der Gegenstandswert für den Antrag aus der Antragsschrift vom 04. Mai 2010 war auf EUR 10.000,00 festzusetzen.

2. Die Wertfestsetzung für den Antrag aus der Antragsschrift vom 04. Mai 2010 richtet sich nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG, wonach der Gegen...

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