Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollstreckung eines Weiterbeschäftigungstitels nach angeblichem Wegfall des Arbeitsplatzes
Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an den Vortrag zur Unmöglichkeit der Vollstreckung wegen des Wegfalls des Arbeitsplatzes nach Erlass des erstinstanzlichen Weiterbeschäftigungstitels
Ausspruch einer Folgekündigung als Einwand gegen die Vollstreckung eines Weiterbeschäftigungstitels
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Verfahren der Zwangsvollstreckung aus einem Weiterbeschäftigungstitel ist der Einwand der Unmöglichkeit der Beschäftigung wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes nach Urteilserlass grundsätzlich zu berücksichtigen.
2. Von einer Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung ist jedoch nicht auszugehen, wenn der Arbeitgeber vorträgt, der - im Wesentlichen unverändert beschriebene - Arbeitsplatz sei nunmehr mit einer höher qualifizierten Kraft zu besetzen, ohne dass sich diese Anforderung (hier: einer besonderen juristischen Qualifizierung) aus der Arbeitsplatzbeschreibung ergibt.
Normenkette
ZPO § 888
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 10.03.2015; Aktenzeichen 17 Ca 2403/14) |
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 15.10.2014; Aktenzeichen 17 Ca 2403/14) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 10.03.2015 - 17 Ca 2403/14 - teilweise aufgehoben und zum besseren Verständnis neu gefasst:
Gegen die Schuldnerin wird zur Erzwingung der Verpflichtung aus dem arbeitsgerichtlichen Urteil vom 15.10.2014 - 17 Ca 2403/14 -, nämlich die Gläubigerin als Assistentin Geschäftsführungsbüro bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigten, ein Zwangsgeld in Höhe von 4.600,00 € verhängt.
Für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, wird für je 1.533,33 € ein Tag Zwangshaft festgesetzt, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Schuldnerin A.
Die Vollstreckung der Zwangsmittel entfällt, sobald die Schuldnerin ihrer Verpflichtung nachkommt.
Im Übrigen wird der Zwangsmittelantrag der Gläubigerin zurückgewiesen.
Die Gläubigerin hat die Kosten des Verfahrens zu 1/10, die Schuldnerin zu 9/10 zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Schuldnerin wendet sich mit ihrer am 23.03.2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen einen ihr am 18.03.2015 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 10.03.2015, mit dem sie zu der im arbeitsgerichtlichen Urteil vom 15.10.2014 (Az. 17 Ca 2403/14) ausgesprochenen Verpflichtung, die Gläubigerin zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als Assistentin Geschäftsführungsbüro weiter zu beschäftigen, durch Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, angehalten worden ist.
Das Arbeitsgericht hat mit seinem Urteil vom 15.10.2014 die Unwirksamkeit einer von der Schuldnerin am 19.03.2014 zum 30.09.2014 ausgesprochenen verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung festgestellt und die Schuldnerin zur Weiterbeschäftigung der Gläubigerin als "Assistent Geschäftsführungsbüro" verurteilt. Die Gläubigerin forderte mit Schreiben vom 03.11.2014 (Bl. 185 d.A.) die Schuldnerin zur Weiterbeschäftigung auf. Die Schuldnerin teilte ihr darauf mit Schreiben vom 10.11.2014 und 17.11.2014 mit, dass ihr Arbeitsplatz zum 01.12.2014 entfallen werde und stellte sie unwiderruflich von der Arbeitsleistung frei. Die Gläubigerin bot am 11.11.2014 ihre Arbeitsleistung auf ihrem bisherigen Arbeitsplatz persönlich im Betrieb an. Mit Schreiben vom 18.12.2014 forderte sie die Schuldnerin erneut zur Weiterbeschäftigung auf und kündigte die Vollstreckung ihres titulierten Anspruchs an.
Am 20.04.2015 kündigte die Beklagte erneut, diesmal wegen des Wegfalls des Arbeitsplatzes betriebsbedingt zum 30.09.2015. Die Gläubigerin ist ausgebildete Kauffrau für Verkehrsservice und besitzt seit 2011 einen Abschluss als staatlich geprüfte Betriebswirtin Finanzwirtschaft.
Die Schuldnerin hat gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berufung beim Hessischen Landesarbeitsgericht (Az.: 10 Sa 1751/14) eingelegt. Das Berufungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Die Schuldnerin behauptet, die Beschäftigung der Gläubigerin sei ihr aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung von Frau B am 29.10.2014 zur Neuordnung der Assistenzaufgaben im Bereich Geschäftsführung (I.DVG) unmöglich geworden. Wegen der inhaltlich gestiegenen Anforderungen, insbesondere durch die hinzugekommene Aufgabe der juristischen Unterstützung der Geschäftsführung und der Teamleiterin Geschäftsführungsbüro auf verschiedenen Rechtsgebieten und die wachsende Internationalisierung der Tätigkeit sei zum 01.12.2014 statt dessen die Position "Fachreferentin Geschäftsführungsbüro und zentrale Aufgaben" (Stellenbeschreibung Bl. 211- 214 d.A.) neu geschaffen worden. Aufgabe der Organisationseinheit Geschäftsführungsbüro und zentrale Aufgaben sei die Unterstützung der Geschäftsführung und der Teamleitung bei der Führung und Steuerung des Geschäftsfeldes C Dienstleistungen mit dem Ziel, die Rechts- und Handlungss...