Entscheidungsstichwort (Thema)
Reisekostenerstattung bei Schulungsteilnahme von teilzeitbeschäftigten BR-Mitgliedern
Leitsatz (amtlich)
Teilzeitbeschäftigten Betriebsratsmitgliedern ist ggf. die Möglichkeit der Einzelabrechnung nach Belegen zu eröffnen, wenn sie – im Verhältnis zu vollzeitbeschäftigten BR-Mitgliedern – wegen ihres teil zeitbedingt niedrigeren Jahreseinkommens im Falle der Abrechnung nach den betrieblichen Reisekostenerstattungsrichtlinien (mit den Pauschsätzen für Unterbringung und Verpflegung nach Maßgabe der am Jahreseinkommen ausgerichteten Pauschbeträge aus den jeweils geltenden Lohnsteuerrichtlinien) bei gleicher oder vergleichbarer Tätigkeit ansonsten benachteiligt wären.
Normenkette
BetrVG § 40
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Beschluss vom 10.12.1987; Aktenzeichen 4 BV 8/87) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Kassel vom 10. Dezember 1987 – 4 BV 8/87 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Antragsgegnerin (AGg.), das Betriebsratsmitglied F. D. wegen Schulungsteilnahme (vom 4.–9. Mai 1987) in Höhe weiterer 30,50 DM (798,85 Rechnungsbetrag der Gewerkschaft HBV, vgl. Bl. 6 d.A., abzüglich pauschal nach den Reisekostenrichtlinien der AGg. (AAF 540/87 = Bl. 28 d.A.) für Übernachtungen und Verpflegung erstatteter 768,35 DM) von Ansprüchen der Gewerkschaft HBV freizustellen.
Der Antragsteller (ASt.) (BR) hat dazu gemeint, es handele sich bei dem Rechnungsbetrag um sog. unbeeinflußbare Kosten, weshalb ein Abzug wegen Haushaltsersparnis nicht zulässig sei.
Die AGg. hat sich für berechtigt gehalten, die Reisekosten für Verpflegung und Übernachtung nach der Reisekostenordnung von 436,50 DM auf 406,– DM kürzen zu können (vgl. Abrechnung Bl. 27 d.A.).
Ansonsten sei sie berechtigt, einen Abzug für Haushaltsersparnis in Höhe von 33,– DM vorzunehmen, wodurch das BR-Mitglied D. schlechter gestellt werde (Bl. 30 d.A.). Ergänzend wird wegen des erstinstanzlich ermittelten Streitstoffs, des Antrags und der Gründe des antragszurückweisenden Beschlusses auf Bl. 48–54 d. A. Bezug genommen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt der ASt. sein auf Freistellung gerichtetes Antragsziel weiter. Er meint, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht einen Abzug für Haushaltsersparnis für berechtigt gehalten, soweit der Rechnungsbetrag über den Pauschsätzen der Reisekostenordnung gelegen habe. Dabei sei übersehen, daß zumindest bei unbeeinflußbaren Kosten diese Reisekostenpauschsätze überschreitbar seien. Diese Möglichkeit könne aber durch einen Abzug für Haushaltsersparnis nicht wieder zunichte gemacht werden. Auch könne eine Haushaltsersparnis nicht pauschal unterstellt werden.
Die AGg. verteidigt den angefochtenen Beschluß und meint, hinsichtlich des in der Reisekostenordnung für den Fall des Überschreitens der Pauschsätze vorgesehenen Haushaltsersparnisabzuges könnten Betriebsratsmitglieder nicht besser stehen als andere Betriebsangehörige. Der Frage der Beeinflußbarkeit der Kosten könne insoweit kein entscheidendes Gewicht beigemessen werden.
Darauf hat der ASt. erwidert, das BR-Mitglied D. habe noch zusätzliche, beeinflußbare Kosten für Getränke in Höhe von 31,50 DM gehabt, die bei dem unter Würdigung aller Umstände vorzunehmenden Abzug für Haushaltsersparnis mitzuberücksichtigen seien.
Ergänzend wird auf den im zweiten Rechtszug entstandenen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Die Beschwerderichter folgen dem Arbeitsgericht sowohl im Ergebnis als auch in den Gründen der Entscheidung. Im einzelnen:
1.) Der Freistellungsanspruch ist in Höhe weiterer 30,50 DM unbegründet.
Dieser Anspruch besteht zugunsten des BR-Mitgliedes D. schon dem Grunde nach nicht.
a) Grundsätzlich richtet sich auch die Abrechnung von Kosten der Schulungsteilnahme eines BR-Mitglieds nach der betrieblichen Reisekostenregelung (BAG, B. v. 17.9.1974 – 1 ABR 98/73 – AP Nr. 6 zu § 40 BetrVG, 1972 (zu 2 d.Gr.)). Besteht eine solche nicht und werden im Betrieb im Auftrag des Arbeitgebers durchgeführte Reisen allgemein nach Maßgabe der Lohnsteuerrichtlinien (hier: LStR 1987) abgerechnet, dann gilt das auch für Reisen, die BR-Mitglieder in Wahrnehmung ihrer Aufgaben unternehmen. Eine gegenüber den Arbeitnehmern des Betriebes günstigere Regelung verstieße gegen § 78 Abs. 2 BetrVG (BAG, B. v. 29.1.1974 – 1 ABR 34/73 – DB 1974, 1535/1536; BAG v. 5.2.1974 – 1 ABR 46/73 – SAE 1975, 194).
b) Die vom LAG Frankfurt, B. v. 12.11.1985 – 5 TaBV 35/85 – geäußerten Zweifel an einer „Begrenzung” der nach § 40 BetrVG als erforderlich anzuerkennenden Ausgaben des BR nach Maßgabe der vom Arbeitgeber aufgestellten – ggf. unzureichenden – Reisekostenerstattungsrichtlinien – insbesondere hinsichtlich einer Differenzierung der Tagesspesensätze nach dem Jahreseinkommen – sind vor dem Hintergrund des § 78 Abs. 2 BetrVG problematisch. Das gilt auch, soweit vom LAG Frankfurt – wohl in Anlehnung an di...