Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der Rechtskraft eines die Klage des Betriebsrats auf Freistellung von Schulungskosten abweisenden Urteils
Leitsatz (amtlich)
Hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Freistellung von Schulungskosten für eine bestimmte Schulungsveranstaltung rechtskräftig abgewiesen, weil der Betriebsrat vom Schulungsveranstalter nicht wegen der Schulungskosten in Anspruch genommen worden war (dieser hatte die Rechnung direkt an den Arbeitgeber gesandt, vgl. BAG 4.6.03 - 7 ABR 42/02 - Rn. 12), steht nach Vorliegen einer Rechnungsstellung gegenüber dem Betriebsrat einer erneuten gerichtlichen Geltendmachung der Einwand der Rechtskraft entgegen.
Normenkette
ZPO § 322; BetrVG § 40 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Entscheidung vom 07.02.2017; Aktenzeichen 4 BV 16/16) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 7. Februar 2017 - 4 BV 16/16 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Kostenfreistellung des Betriebsrats (Antragsteller) für eine Betriebsratsschulung, an der 2 Betriebsratsmitglieder (Beteiligte zu 3 und 4) teilgenommen haben.
Beteiligte zu 2 ist der Arbeitgeber. Er beschäftigt etwa 130 Arbeitnehmer. In der Zeit vom 19.-23. Oktober 2015 nahmen die beiden Betriebsratsmitglieder an der Schulungsveranstaltung "Öffentlichkeitsarbeit des Betriebsrats - in der Praxis" teil. Wegen des Inhalts der Veranstaltung wird auf Bl. 10 der Akten Bezug genommen. Der Schulungsveranstalter stellte hierfür dem Arbeitgeber eine Rechnung über 4721,92 €; insoweit wird auf Bl. 11 der beigezogenen Akte des Arbeitsgerichts Darmstadt 8 BV 21/15 Bezug genommen. Nachdem ein Kostenausgleich seitens des Arbeitgebers nicht erfolgte, machten der Betriebsrat sowie die beiden Betriebsratsmitglieder, die an der Schulung teilgenommen hatten, einen Freistellungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber gerichtlich geltend, der beim Arbeitsgericht Darmstadt unter dem Az. 8 BV 21/15 geführt wurde. Mit Beschluss vom 21. Januar 2016 wies das Arbeitsgericht den Antrag zurück, weil der Betriebsrat bisher nicht wegen der Schulungskosten in Anspruch genommen worden ist. Dieser Beschluss wurde rechtskräftig.
Nachdem nunmehr der Schulungsveranstalter unter dem 13. Februar 2016 eine Rechnung an den Betriebsrat stellte (Bl. 21 der Akten), macht dieser gegenüber dem Arbeitgeber den Freistellungsanspruch von dieser Rechnung im vorliegenden Beschlussverfahren geltend.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss unter I. der Gründe (Bl. 91-92R der Akten) geltend.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag als unzulässig abgewiesen, weil ihm der Einwand der Rechtskraft entgegenstehe. In dem Verfahren 8 BV 21/15 sei bereits eine rechtskräftige Entscheidung über denselben Streitgegenstand ergangen.
Dieser Beschluss wurde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats am 24. Februar 2017 zugestellt. Sie hat dagegen am 17. März 2017 Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis 24. Mai 2017 am 22. Mai 2017 begründet.
Der Betriebsrat ist der Auffassung, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht von einer Rechtskrafterstreckung des Verfahrens 8 BV 21/15 ausgegangen. Es habe bereits kein einheitliches Klageziel vorgelegen. Erstmals mit dem vorliegenden Verfahren sei ein Kostenfreistellungsanspruch in Bezug auf eine konkrete, an den Betriebsrat gerichtete Kostenrechnung, geltend gemacht worden. Beiden Verfahren lägen auch keine identischen Tatsachenkomplexe zugrunde. Die Zurückweisung des Antrags im vorangegangenen Verfahren habe einzig und allein darauf beruht, dass eine Kostenrechnung gegenüber dem Betriebsrat wegen der streitgegenständlichen Seminarteilnahme der beiden Betriebsratsmitglieder nicht vorlag. Ohne eine Inanspruchnahme sei ein Kostenfreistellungsanspruch jedoch nicht entstanden. Das vorliegende Verfahren beruhe auf einem anderen Tatsachenkomplex, nachdem zwischenzeitlich der Betriebsrat in Anspruch genommen wurde.
Der Betriebsrat beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 7. Februar 2017 -4 BV 16/16- abzuändern und
der Beteiligten zu 2 aufzugeben, dem Beteiligten zu 1 von den Kosten wegen der Teilnahme der Betriebsratsmitglieder A und B an dem Seminar "Öffentlichkeitsarbeit des Betriebsrats - in der Praxis" vom 19. Oktober 2015 bis zum 23. Oktober 2015 gegenüber der Firma C und entsprechende Hotel- und Verpflegungskosten aus der Kostenrechnung Nr. 50/2015 von 23. Februar 2016 über 4721,92 € freizustellen.
Der Arbeitgeber beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Arbeitgeber verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts als zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Anhörungsprotokolle Bezug genommen. Die Akte des Arbeitsgerichts Darmstadt 8 BV 21/15 war beigezogen und Gegenstand der Anhörun...