Entscheidungsstichwort (Thema)
Equal-Pay Anspruch eines Leiharbeitnehmers. Tariffähigkeit der CGZP vor dem 14.12.2010. Verfahrensaussetzung
Leitsatz (amtlich)
Bis zur Erledigung eines Beschlussverfahrens zur Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalservice (CGZP) im Zeitpunkt des Abschlusses des maßgeblichen Tarifvertrages ist der Rechtsstreit auszusetzen.
Orientierungssatz
Mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 – 1 ABR 19/10 ist lediglich festgestellt, dass die CGZP gegenwartsbezogen tarifunfähig ist. Für Zeiträume, die vor dem Entscheidungsdatum des BAG-Beschlusses liegen, ist noch keine rechtskräftige Entscheidung über die Tariffähigkeit der CGZP getroffen worden.
Normenkette
ArbGG § 97 Abs. 5; AÜG § 9 Nr. 2; TVG § 2
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Beschluss vom 07.06.2011; Aktenzeichen 4 Ca 12/11) |
Nachgehend
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 7. Juni 2011 – 4 Ca 12/11 – abgeändert.
Der Rechtsstreit wird bis zur Erledigung eines Beschlussverfahrens zur Tariffähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalservice (CGZP) im Zeitpunkt des Abschlusses der für den Zeitraum vom 29. März bis 27. Juli 2010 geltenden Tarifverträge vom 15. März 2010 (Manteltarifvertrag, Entgelttarifvertrag) ausgesetzt.
Tatbestand
I.
Der Kläger war bei der Beklagten, einem Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen, vom 29. März bis zum 27. Juli 2010 als Maler beschäftigt. In § 1 Ziff. 1 des Arbeitsvertrages wurde die Anwendung der jeweils gültigen Tarifverträge zwischen dem AMP (Arbeitgeberverband mittelständiger Personaldienstleister) und dem CGZP (Christlichem Gewerkschaftsbund) vereinbart. Der Kläger macht gemäß § 9 Nr. 2 AÜG eine Stundendifferenz in Höhe von EUR 2,49, insgesamt EUR 296,31, geltend, da er in einem Maler- und Lackiererbetrieb in X im Juli 2010 einen Stundenlohn von EUR 13,99 brutto verdiente.
Das Arbeitsgericht Offenbach am Main hat die Aussetzung des Verfahrens gemäß § 97 Abs. 5 ArbGG durch Beschluss vom 7. Juni 2011 abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Feststellungen des Bundesarbeitsgerichts im Beschluss vom 14. Dez. 2010 bezögen sich auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. Dez. 2009 als letzte Tatsacheninstanz. Gegen den ihr am 10. Juni 2011 zugestellten Beschluss hat die Beklagte per Telefax vom 21. Juni 2011 sofortige Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Beklagte beantragt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Aussetzung des Verfahrens. Zur Begründung trägt sie vor, nach dem Inhalt der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts sei allein auf den Zeitpunkt der Entscheidung abzustellen. Wegen des weiteren Beschwerdevorbringens wird auf die Beschwerdeschriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die nach §§ 78 ArbGG, 567 Abs. 1, 148, 252 ZPO statthafte und zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Die Nichtaussetzung ist entgegen der Aussetzungspflicht des § 97 Abs. 5 ArbGG erfolgt. Eine Aussetzungspflicht besteht immer dann, wenn die Tariffähigkeit der Gewerkschaft, die den Tarifvertrag abgeschlossen hat, streitig ist (vgl. BAG Beschluss vom 28. Jan. 2008 – 3 AZB 30/07 – EzAÜG § 9 AÜG Nr. 26; BAG 19. September 2006 – 1 ABR 53/05 – AP BetrVG 1972 § 2 Nr. 5 = EzA GG Art. 9 Nr. 89, zu B III der Gründe). § 97 Abs. 5 ArbGG, wonach das Gericht das Verfahren auszusetzen hat, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits u. a. von der Tariffähigkeit einer Vereinigung abhängt, will mit der normierten Notwendigkeit im Procedere ein Höchstmaß an Klarheit für die Befugnis zur Normsetzung erreichen (vgl. BAG Beschluss vom 25. September 1996 – 1 ABR 25/96 = NZA 1997, 668 (670).
Die Klageforderung kann im Streitfall nur begründet sein, wenn die arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifverträge unwirksam sind. Dies könnte sich ersichtlich lediglich aus einer fehlenden Tariffähigkeit der CGZP im Anspruchszeitraum ergeben. Dies wird auch aus § 9 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) deutlich, wonach Vereinbarungen unwirksam sind, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechter als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgeltes vorsehen, falls nicht eine zeitlich begrenzte Überlassung eines zuvor arbeitslosen Leiharbeitnehmers gegeben ist. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können auch nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren (§ 9 Nr. 2 AÜG i.V.m. § 10 Abs. 4 AÜG).
Im Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 (– 1 ABR 19/10 – Rz. 63) wird ausdrücklich darauf abgehoben,...