Entscheidungsstichwort (Thema)

Flugumläufe. Mitbestimmung. Umfang des Mitbestimmungsrechts der Gesamtvertretung hinsichtlich der Flugpläne bei Überschreitungen der höchstzulässigen Flugdienstzeit aufgrund von Verspätungen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 77 Abs. 1 Nr. 2 TVPV in Verbindung mit § 4, 8. Abschnitt MTV steht der Gesamtvertretung nur bei der erstmaligen Gestaltung der Umläufe ein Mitbestimmungsrecht zu.

2. Hat die Gesamtvertretung den Saisonplänen zugestimmt, findet nach den tariflichen Bestimmungen kein erneutes Mitbestimmungsverfahren bezüglich der bereits mitbestimmten Flugpläne statt, wenn sich bei deren Durchführung Überschreitungen der höchstzulässigen Flugdienstzeit gemäß § 4, 2. Abschnitt (9) MTV ergeben.

 

Normenkette

TVPV § 77 Abs. 1 Nr. 2; MTV §§ 4, 8

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 16.03.2011; Aktenzeichen 6 BV 692/10)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 17.09.2013; Aktenzeichen 1 ABR 37/12)

 

Tenor

Die Beschwerde der A gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 16. März 2011 - 6 BV 692/10 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

A. Die Beteiligten streiten im Beschwerdeverfahren über das Bestehen von Mitbestimmungsrechten der A im Zusammenhang mit der Abweichung von mitbestimmten Flugumläufen.

Die Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist ein Luftfahrtunternehmen, welches ca. 4500 Cockpitmitarbeiter beschäftigt. Die Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Gesamtvertretung) ist die auf der Grundlage des Tarifvertrages Personalvertretung für das Bordpersonal vom 15. November 1972 (TVPV) gebildete Personalvertretung der Gruppenvertretungen für das fliegende Personal der Arbeitgeberin.

Zu Beginn des Jahres 2010 legten die Beteiligten im Umlaufplan B 747 - 400 Frankfurt (FRA) - Shanghai (PVG) - Frankfurt (FRA) für die bis zum 31. Oktober 2010 laufende Sommerperiode eine Flugdienstzeit von 13 Stunden und 10 Minuten fest. Bei der Umsetzung der Planung trat auf dem Hinflug eine durchschnittliche Verspätung von 21,4 Minuten und auf dem Rückflug eine durchschnittliche Verspätung von 80,1 Minuten auf. Daraufhin verlängerte die Arbeitgeberin die Flugdienstzeit um 25 bzw. 30 Minuten und setzte die Gesamtvertretung davon in Kenntnis. Durch Spruch der Einigungsstelle wurde am 08. Oktober 2010 bezüglich des Umlaufs FRA-PVG-FRA für den Rest des Sommerflugplans 2010 eine weitere Verlängerung der örtlichen Ruhezeit in PVG um 24 Stunden und eine Verkürzung der Sonderruhezeit nach dem Umlauf auf 72 Stunden festgelegt. Daraufhin leitete die Arbeitgeberin beim Arbeitsgericht ein Beschlussverfahren mit dem Ziel ein, die Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs sowie das Nichtbestehen von Mitbestimmungsrechten bei der Anpassung des Flugplans an tatsächliche Verhältnisse festzustellen. Wegen des weiteren Sachverhalts, des Vortrags der Beteiligten im ersten Rechtszug sowie der dort gestellten Anträge wird im Übrigen auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses - Bl. 80 bis 83 d.A. - Bezug genommen.

Im Beschluss vom 16. März 2011 stellte das Arbeitsgericht fest, dass die nach § 4, 2. Abschnitt 2 (9) des Manteltarifvertrages Nr. 5 a für das Cockpitpersonal der B erforderliche Anpassung von Flugplänen nicht der Mitbestimmung der Personalvertretung unterliegt. Im Übrigen wurden die Anträge der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - kurz zusammengefasst - Folgendes ausgeführt: Der Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Im Übrigen sei der zulässige Feststellungsantrag begründet, da der Gesamtvertretung ein Mitbestimmungsrecht bei der Anpassung eines Flugplans nach § 4, 2. Abschnitt 2 (9) MTV nicht zustehe. Das für die erstmalige Aufstellung der Umlaufpläne in § 4, 2. Abschnitt (9) MTV vorgesehene Mitbestimmungsrecht habe die Gesamtvertretung bereits ausgeübt und für die Anpassung von Umlauf- oder Flugplänen sei nach dem Wortlaut des § 4, 8. Abschnitt MTV ein Mitbestimmungsrecht nicht geregelt. Die gewählte Formulierung "Anpassung an tatsächliche Verhältnisse" lege es nahe, dass Gegenstand der Tarifnorm durch tatsächliche Verhältnisse veranlasste relativ geringfügige Korrekturen seien. Auch die Verpflichtung, die Anpassung "unverzüglich" vorzunehmen, spreche gegen eine erneute Beteiligung der Gesamtvertretung und für eine alleinige Zuständigkeit des Arbeitgebers für die Anpassung. Wegen der weiteren Begründung im Einzelnen wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses - Bl. 85 bis Bl. 89 d.A. - ergänzend Bezug genommen. Gegen den am 05. Juli 2011 zugestellten Beschluss hat die Gesamtvertretung am 04. August 2011 Beschwerde eingelegt und diese mit dem beim Hessischen Landesarbeitsgericht am 02. September 2011 eingegangenen Schriftsatz unter Ankündigung von Feststellungswideranträgen begründet.

Die Gesamtvertretung verfolgt unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens ihr Begehren, den Feststellungsantrag der Arbeitgebe...

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