Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksamkeit der Betriebsratswahl wegen Verletzung der Vorschriften über die Wählbarkeit von Arbeitnehmern
Leitsatz (redaktionell)
Die Wahl zum Betriebsrat ist auf Antrag einer im Betrieb mindestens einen Arbeitnehmer vertretenen Gewerkschaft wegen Verstoßes gegen die Vorschriften über das aktive oder passive Wahlrecht für ungültig zu erklären, wenn Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Betriebsratswahl fristlos gekündigt war, nicht in die Wählerliste eingetragen waren.
Orientierungssatz
Einzelfall einer erfolgreichen Wahlanfechtung einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft.
Normenkette
BetrVG § 19 Abs. 1; WO § 2 Abs. 3; ZPO § 415; BetrVG § 8
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 09.12.2014; Aktenzeichen 8 Ca 7634/14) |
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 05.12.2014; Aktenzeichen 26 BV 242/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 5. Dezember 2014 - 26 BV 242/14 - abgeändert.
Die Betriebsratswahl vom 17. März 2014 bei der Beteiligten zu 3) wird für unwirksam erklärt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Gegenstand des Verfahrens ist die Gültigkeit der Betriebsratswahl vom 17. März 2014.
Die Beteiligte zu 3) (Arbeitgeberin) ist die deutsche Niederlassung einer weltweit tätigen Fluggesellschaft mit Sitz in A. Der am 17. März 2014 im Betrieb in B im vereinfachten Verfahren gemäß § 14 a BetrVG gewählte Betriebsrat ist der Beteiligte zu 2). Hinsichtlich der zu 1) beteiligten Antragstellerin, der Gewerkschaft C, ist streitig, ob diese im Betrieb vertreten ist. Die Neuwahl war erforderlich, weil der zuvor amtierende Betriebsrat am 31. Jan. 2014 einstimmig seinen Rücktritt beschlossen und einen Wahlvorstand eingesetzt hatte. Der Wahlvorstand erließ in seiner Sitzung vom 3. Febr. 2014 das Wahlausschreiben und traf eine Festlegung, welche Mitarbeiter zu den leitenden Angestellten im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG gehörten. Mit dem Wahlausschreiben wurde die Wählerliste ausgehängt. Nachdem mehrere Beschäftigte rügten, im Wahlausschreiben seien Fristen unrichtig angegeben, erließ der Wahlvorstand am 24. Febr. 2014 ein korrigiertes Wahlausschreiben. Gegen das korrigierte Wahlausschreiben und die Wählerliste legten die Mitarbeiter D und E, der Vorsitzende und die stellvertretende Vorsitzende des vorherigen Betriebsrats, jeweils mit Schreiben vom 27. Febr. 2014 Einspruch ein. Die Beteiligte zu 3) hatte beiden Mitarbeitern gegenüber außerordentliche Beendigungskündigungen erklärt. Der Wahlvorstand lehnte die Einsprüche im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass den beiden Mitarbeitern kein aktives Wahlrecht mehr zustünde. Am 10. März 2014 gingen zwei Vorschlagslisten beim Wahlvorstand ein, am 17. März 2014 fand die Betriebsratswahl statt. Auf die Wahlniederschrift und die Bekanntmachung des Wahlergebnisses vom 17. März 2014 wird Bezug genommen (Bl. 53, 54 d. A.)
Die Mitarbeiter D und E haben gegen die ihnen gegenüber ausgesprochenen außerordentlichen Kündigungen Kündigungsschutzklage erhoben. Die gegenüber Herrn D ausgesprochene Kündigung vom 25. Juli 2013 hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main durch Urteil vom 28. Jan. 2014 - 18 Ca 5605/13 - für unwirksam erklärt und die Beteiligte zu 3) zur Weiterbeschäftigung verurteilt. Die Beteiligte zu 3) hat gegen dieses Urteil beim Hessischen Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt (17 Sa 492/14). Eine tatsächliche Weiterbeschäftigung fand nicht statt. Zwischenzeitlich wurde das Arbeitsverhältnis durch gerichtlichen Vergleich zum 30. Sept. 2013 beendet.
Mit Frau E hat sich die Beteiligte zu 3) in der mündlichen Verhandlung vom 5. März 2014 wegen der außerordentlichen fristlosen Kündigungen vom 15. Okt. 2013, 20. Nov. 2013 und 27. Jan. 2014 auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. April 2014 unter gleichzeitiger unwiderruflicher Freistellung geeinigt.
Die Beteiligte zu 1) (C) hat mit ihrer am 28. März 2014 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingereichten Antragsschrift die Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl begehrt. C ist der Auffassung gewesen, sie sei antragsbefugt, weil sie eine im Betrieb der Beteiligten zu 3) vertretene Gewerkschaft sei. Sie hat unter Vorlage einer notariellen Erklärung des Herrn F vom 29. Okt. 2014 (Bl. 204 d. A.) behauptet, im Betrieb der Beteiligten zu 3) seien mehrere C-Mitglieder beschäftigt.
C hat u.a. gerügt, bei der Wahl seien unselbständige Betriebsteile in G und H nicht berücksichtigt worden, wahlberechtigte Arbeitnehmer seien zu Unrecht als leitende Angestellte von der Wahl ausgeschlossen worden, die Mitarbeiter D und E hätten noch das passive Wahlrecht gehabt und deshalb auf der Wählerliste stehen müssen. Herr I hätte dagegen nicht auf der Wählerliste stehen dürfen, weil er nicht im Betrieb beschäftigt gewesen sei.
Die Beteiligte zu 1) hat beantragt,
festzustellen, dass die Wahl zum Betriebsrat vom 17. März 2014 im Betrieb der Arbeitgeberin unwirksam ist.
Die Beteiligten zu 2) und 3) haben...