Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufsichtsratswahl. Gemeinschaftsbetrieb. Wahlberechtigung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei Unternehmen, die Träger von Gemeinschaftsbetrieben sind, sind die Arbeitnehmer in jedem der dazu gehörigen Unternehmen wahlberechtigt zur Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat nach dem Drittelbeteiligungsgesetz.

 

Normenkette

DrittelbG §§ 5, 3

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 26.08.2010; Aktenzeichen 21 BV 177/10)

 

Nachgehend

BAG (Aktenzeichen 7 ABR 47/11)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 7) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. August 2010 – 21 BV 177/10 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird für die Beteiligten zu 1) bis 7) zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat.

Die Beteiligte zu 8) ist als Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung Teil des Konzerns der A. Sie beschäftigt ca. 830 Mitarbeiter. Der Beteiligte zu 9) ist der bei der Beteiligten zu 8) gebildete Aufsichtsrat. Die antragstellenden Beteiligten zu 1) bis 7) sind Arbeitnehmer der Beteiligten zu 8). Die Beteiligte zu 11), die B GmbH, gehört ebenfalls zum Konzern der A und beschäftigt ca. 550 Mitarbeiter. Die Beteiligte zu 8) betreibt zusammen mit der B GmbH fünf gemeinsame Betriebe i. S. v. § 1 Abs. 2 BetrVG. Dies geschieht auf der Grundlage eines Zuordnungstarifvertrages i. S. v. § 3 BetrVG „Tarifvertrag zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen bei der B GmbH und der C GmbH”) vom 15. Dezember 2005 (Bl. 115 d. A.). Am 3. März 2010 fand für das Unternehmen der Beteiligten zu 8) die Wahl des Arbeitnehmervertreters in den Aufsichtsrat nach dem Drittelbeteiligungsgesetz statt. An der Wahl nahmen auch die Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zur B GmbH gestanden haben, teil. Als Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat wurde der Beteiligte zu 10) gewählt. Bei der Beteiligten zu 11) fand die Aufsichtsratswahl ebenfalls am 3. März 2010 statt. Das Wahlergebnis wurde jeweils am 12. März 2010 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht. Die Wahl des Arbeitnehmervertreters im Aufsichtsrat wurde bei der Beteiligten zu 11) ebenfalls angefochten. Die dortigen Anträge wurden zurückgewiesen (ArbG Frankfurt am Main Beschluss vom 26. Aug. 2010 – 21 BV 196/10 –; Hess. Landesarbeitsgericht Beschluss vom 10. März 2011 – 9 TaBV 164/10 –).

Mit Antragsschrift vom 19. März 2010, bei Gericht eingegangen am selben Tag, haben die Antragsteller die Feststellung der Nichtigkeit begehrt, hilfsweise die Wahl für ungültig zu erklären. Sie sind der Ansicht gewesen, die Mitarbeiter der B GmbH seien zu Unrecht an der Wahl beteiligt worden. Nach dem Drittelbeteiligungsgesetz dürften nur diejenigen Arbeitnehmer an der Aufsichtsratswahl teilnehmen, die auch in einem Arbeitsverhältnis zu dem jeweiligen Unternehmen stünden. Der Betriebsbegriff des Betriebsverfassungsgesetzes sei für die Bestimmung der wahlberechtigten Arbeitnehmer nach dem Drittelbeteiligungsgesetz nicht maßgeblich.

Die Beteiligten zu 1) bis 7) haben beantragt,

1) festzustellen, dass die bei der Beteiligten zu 8) nach Maßgabe des Drittelbeteiligungsgesetzes durchgeführte Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat nichtig ist;

2) hilfsweise die bei der Beteiligten zu 8) nach Maßgabe des Drittelbeteiligungsgesetzes durchgeführte Aufsichtsratswahl für unwirksam zu erklären.

Die Beteiligten zu 8) und 10) haben beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Beteiligten zu 8) und 10) sind der Ansicht gewesen, im Hinblick auf die zwischen der Beteiligten zu 8) und der B GmbH gebildeten gemeinsamen Betriebe seien die Arbeitnehmer der B GmbH zu Recht an der Wahl des Arbeitnehmervertreters in den Aufsichtsrat der Beteiligten zu 8) beteiligt worden. Der Begriff des wahlberechtigten Arbeitnehmers nach dem Drittelbeteiligungsgesetz bestimme sich nach den Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Antrag der Beteiligten zu 1) bis 7) durch Beschluss vom 26. Aug. 2010 – 21 BV 177/10 – zurückgewiesen. Es hat festgestellt, dass die Wahl wirksam sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Arbeitnehmer der B GmbH seien zu Recht an der Wahl des Arbeitnehmervertreters für den Aufsichtsrat der Beteiligten zu 8) vom 3. März 2010 beteiligt worden. Nach den Vorgaben des Drittelbeteiligungsgesetzes sei davon auszugehen, dass in Gemeinschaftsbetrieben i. S. v. § 1 Abs. 2 BetrVG beschäftigte Arbeitnehmer bei den Aufsichtsratswahlen aller Trägerunternehmen des gemeinsamen Betriebes wahlberechtigt seien. Dies ergebe die Auslegung des Drittelbeteiligungsgesetzes anhand des Wortlautes und der Gesetzessystematik der insoweit maßgeblichen Vorschriften des § 3 Abs. 1 und Abs. 2 und § 5 ...

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