Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufsichtsratswahl. Gemeinschaftsbetrieb. Wahlberechtigung
Leitsatz (amtlich)
Bei Unternehmen, die Träger von Gemeinschaftsbetrieben sind, sind die Arbeitnehmer in jedem der dazu gehörigen Unternehmen wahlberechtigt zur Wahl der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat nach dem Drittelbeteiligungsgesetz.
Normenkette
DrittelbG §§ 3, 5
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 26.08.2010; Aktenzeichen 21 BV 196/10) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 9) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. August 2010 – 21 BV 196/10 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird für die Beteiligten zu 1) bis 9) zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat.
Die Beteiligte zu 10) ist als Unternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung Teil des Konzerns der A. Sie beschäftigt ca. 550 Mitarbeiter. Der Beteiligte zu 11) ist der bei der Beteiligten zu 10) gebildete Aufsichtsrat. Die antragstellenden Beteiligten zu 1) und 2) sind Arbeitnehmer der Beteiligten zu 10). Die Beteiligten zu 3) bis 9) sind Arbeitnehmer der B. GmbH, der Beteiligten zu 13).
Die Beteiligte zu 13) gehört ebenfalls zum Konzern der A und beschäftigt ca. 830 Mitarbeiter. Die Beteiligten zu 10) und 13) betreiben zusammen fünf gemeinsame Betriebe i. S. v. § 1 Abs. 2 BetrVG. Dies geschieht auf der Grundlage eines Zuordnungstarifvertrages i. S. v. § 3 BetrVG („Tarifvertrag zu betriebsverfassungsrechtlichen Fragen bei der C GmbH und der B GmbH”) vom 15. Dezember 2005 (Bl. 115 ff. d. A.). Am 3. März 2010 fand für das Unternehmen der Beteiligten zu 10) die Wahl des Arbeitnehmervertreters in den Aufsichtsrat nach dem Drittelbeteiligungsgesetz statt. An der Wahl nahmen auch die Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zur B GmbH gestanden haben, teil. Als Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat wurde der Beteiligte zu 12) gewählt. Bei der Beteiligten zu 13) fand die Aufsichtsratswahl ebenfalls am 3. März 2010 statt. Das Wahlergebnis wurde jeweils am 12. März 2010 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht. Die Wahl des Arbeitnehmervertreters im Aufsichtsrat wurde bei der Beteiligten zu 13) ebenfalls angefochten. Die dortigen Anträge wurden zurückgewiesen (ArbG Frankfurt am Main Beschluss vom 26. Aug. 2010 – 21 BV 177/10 –; Hess. Landesarbeitsgericht Beschluss vom 10. März 2011 – 9 TaBV 163/10 –).
Mit Antragsschrift vom 19. März 2010, bei Gericht eingegangen am selben Tag, haben die Antragsteller die Feststellung der Nichtigkeit begehrt, hilfsweise die Wahl für ungültig zu erklären. Sie sind der Ansicht gewesen, die Mitarbeiter der B GmbH seien zu Unrecht an der Wahl beteiligt worden. Nach dem Drittelbeteiligungsgesetz dürften nur diejenigen Arbeitnehmer an der Aufsichtsratswahl teilnehmen, die auch in einem Arbeitsverhältnis zu dem jeweiligen Unternehmen stünden. Der Betriebsbegriff des Betriebsverfassungsgesetzes sei für die Bestimmung der wahlberechtigten Arbeitnehmer nach dem Drittelbeteiligungsgesetz nicht maßgeblich.
Die Beteiligten zu 1) bis 9) haben beantragt,
1) festzustellen, dass die bei der Beteiligten zu 10) nach Maßgabe des Drittelbeteiligungsgesetzes durchgeführte Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat nichtig ist;
2) hilfsweise die bei der Beteiligten zu 10) nach Maßgabe des Drittelbeteiligungsgesetzes durchgeführte Aufsichtsratswahl für unwirksam zu erklären.
Die Beteiligten zu 10), 12) und 13) haben beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Beteiligten zu 10), 12) und 13) sind der Ansicht gewesen, im Hinblick auf die zwischen der Beteiligten zu 10) und der B GmbH gebildeten gemeinsamen Betriebe seien die Arbeitnehmer der B GmbH zu Recht an der Wahl des Arbeitnehmervertreters in den Aufsichtsrat der Beteiligten zu 10) beteiligt worden. Der Begriff des wahlberechtigten Arbeitnehmers nach dem Drittelbeteiligungsgesetz bestimme sich nach den Vorgaben des Betriebsverfassungsgesetzes.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat den Antrag der Beteiligten zu 1) bis 9) durch Beschluss vom 26. Aug. 2010 – 21 BV 196/10 – zurückgewiesen. Es hat festgestellt, dass die Wahl wirksam sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Arbeitnehmer der B GmbH seien zu Recht an der Wahl des Arbeitnehmervertreters für den Aufsichtsrat der Beteiligten zu 10) vom 3. März 2010 beteiligt worden. Nach den Vorgaben des Drittelbeteiligungsgesetzes sei davon auszugehen, dass in Gemeinschaftsbetrieben i. S. v. § 1 Abs. 2 BetrVG beschäftigte Arbeitnehmer bei den Aufsichtsratswahlen aller Trägerunternehmen des gemeinsamen Betriebes wahlberechtigt seien. Dies ergebe die Auslegung des Drittelbeteiligungsgesetzes an...