Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwirkung des Beschwerderechts
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Verwirkung des Rechtes zur Einlegung einer einfachen Beschwerde,
Normenkette
ZPO §§ 115, 567; BGB §§ 1360-1361
Verfahrensgang
ArbG Marburg (Beschluss vom 24.05.1985; Aktenzeichen 1 Ca 124/85) |
Tenor
1.) Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Marburg an der Lahn vom 24. Mai 1985 – 1 Ca 124/85 – wird zurückgewiesen.
2.) Die Kosten der Beschwerde werden dem Kläger auferlegt.
Tatbestand
I.
Der am … geborene Kläger war seit dem 24. August 1984 beim Beklagten als Kraftfahrer tätig. Wegen einer am 17. Januar 1985 vom Beklagten ausgesprochenen Kündigung kam es zu einen Prozeß, der vor dem Arbeitsgericht Marburg (Lahn) unter dem Aktenzeichen 2 Ca 54/85 durch einen Vergleich vom 12. April 1985 beendet wurde. Am 04. März 1985 kündigte der Beklagte erneut, und zwar zum 15. März 1985. Die Kündigungsschutzklage vom 20. März 1985 ging am 25. März 1985 beim Vordergericht ein. Der Kläger reichte am 26. März 1985 einen Antrag auf Gewährung der Prozeßkostenhilfe ein, dem eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 22. März 1985 beigefügt war. In der Güteverhandlung vom 12. April 1985 schlossen die Parteien einen Vergleich, in dea sie sich dahin einigten, daß mit dem Vergleich in Sachen 2 Ca 54/85 auch der vorliegende Rechtsstreit erledigt worden ist und daß jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt, während die baren Auslagen des Gerichts hälftig geteilt wurden. Mit Beschluß vom 24. Mai 1985 bewilligte das Erstgericht dem Kläger die Prozeßkostenhilfe und ordnete ihm den Rechtsanwalt … bei. Die Prozeßkostenhilfe wurde mit der Maßgabe gewährt, daß die vom Kläger monatlich zu zahlenden Raten auf 90,– DM festgesetzt wurden.
Gegen den Beschluß vom 24. Mai 1985, aufgrund dessen zu Gunsten des Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 29. Mai 1985 520,98 DM als Vergütung nach § 121 ZPO festgesetzt und am 07. Juni 1985 zur Zahlung angewiesen wurden, legte der Kläger am 24. April 1986 Beschwerde ein.
Der Kläger fuhrt aus, er sei wirtschaftlich außerstande, monatliche Raten von 90,– DM aufzubringen. Seit dem 01. Januar 1986 seien ihm BAFöG-Zahlungen von monatlich ca. 600,– DM zuerkannt worden. Dem Kläger sei die Ratenzahlungspflicht im Hinblick auf das Einkommen seiner Ehefrau (1.700,– DM aus selbständiger Arbeit laut Erklärung von 22. März 1985) auferlegt worden. Eine Beteiligung der Ehefrau des Klägers an den Prozeßkosten sei aber nicht durchsetzbar. Wenn der Bewilligungsbeschluß des Arbeitsgerichts Marburg (Lahn) vom 24. Mai 1965 einen Unterhaltsanspruch des Klägers gegen seine Ehefrau unterstelle, so gehe das Erstgericht dabei von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Die Ehefrau des Klägers sei nicht bereit, den von ihrem Ehegatten geführten Prozeß direkt oder indirekt zu finanzieren. Unterhaltsansprüche im eigentlichen Sinne bestünden ohnehin nicht. Dies ergebe ein Vergleich der Einkünfte der Ehefrau des Klägers mit den Beträgen aus der sogenannten „Düsseldorfer Tabelle”. Außerdem habe die Ehefrau des Klägers über ihre Einkünfte soweit disponiert, daß ihr keine zusätzlichen Ratenverpflichtungen zuzumuten seien. Zahle der Kläger jedoch die Raten und hole er die ihm fehlanden Beträge in Bargeld oder in Naturalien bei seiner Ehefrau herein, so läge darin letztendlich eine Erfüllung der Ratenverpflichtungen durch die Ehefrau des Klägers.
Im übrigen wird auf die Schriftsätze des Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 23. April 1986 und vom 05. Juni 1986 verwiesen.
Das Arbeitsgericht Marburg an der Lahn hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Sache wurde dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
1.) Dem Erfolg der von Kläger eingelegten Beschwerde steht zunächst der Rechtsgedanke der Verwirkung entgegen. Für die sogenannte einfache Beschwerde läuft an sich keine Beschwerdefrist. Dem Recht zur Einlegung der (einfachen) Beschwerde kann jedoch der von Amts wegen zu berücksichtigende Einwand der Verwirkung entgegengehalten werden. Wer allzulange einen sein Recht verletzenden Zustand duldet, handelt rechtsmißbräuchlich, wenn er eine Änderung des Zustandes verlangt, auf welchen sich sein Gegner bzw. die zur Gewahrung von Zahlungen unter dem Gesichtspunkt der Prozeßkostenhilfe zuständige Stelle einrichten durfte. Im Schrifttum wie auch in der Rechtsprechung ist es daher seit längerer Zeit anerkannt, daß einer nach dem Gesetz an keine Frist gebundenen Beschwerde der Erfolg zu versagen ist, wenn sie – wie hier – erst nach längerer Zeit eingelegt wird (vgl. Baumbach-Lauterbach-Albers, Kommentar zur ZPO, 44. Aufl., S. 1337, Armerkung 2, B zu § 567; OLG Frankfurt am Main, Beschluß vom 03. September 1976 – 20 W 21/76 – MDR 1977, 586 mit zahlreichen weiteren Nachweisen).
2.) Im übrigen kann der Beschwerde des Klägers auch deswegen nicht stattgegeben werden, weil für die Bemessung der Raten „alle Einkünfte” in Geld oder Geldeswert nac...