Entscheidungsstichwort (Thema)

Umschulung. Unterlassung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Aufgabe der Einigungsstelle nach § 12 Abs. 2 TV WeFö ist die Regelung der konkreten Förderungs- oder Wechselmaßnahme nach § 7 TV WeFö, die Anlass der Anrufung der Einigungsstelle durch das Gemeinsame Paritätische Gremium war. Hat die Deutsche Lufthansa AG bei der Ausschreibung einer Maßnahme Beteiligungsrechte des Gemeinsamen Paritätischen Gremiums verletzt, kann die Einigungsstelle ihr etwa aufgeben, das laufende Ausschreibungsverfahren abzubrechen und das Verfahren unter ordnungsgemäßer Beteiligung des Gemeinsamen Paritätischen Gremiums neu einzuleiten. Aufgabe der Einigungsstelle ist es dagegen nicht, im Sinne eines Rechtsgutachtens eine Feststellungsentscheidung zu treffen.

2. Der Einspruch des Gemeinsamen Paritätischen Gremiums gemäß § 12 Abs. 2 TV WeFö macht die Durchführung der betroffenen Förderungs- oder Wechselmaßnahme für die Dauer von bis zu sechs Wochen unzulässig. Nach dem Ablauf dieser Frist obliegt die Entscheidung über die Durchführung der Maßnahme allein der Einigungsstelle nach § 12 Abs. 2 TV WeFö. Ein weitergehender Unterlassungsanspruch steht dem Gemeinsamen Paritätischen Gremium nicht zu.

3. Beteiligungsrechte in Zusammenhang mit Wechsel- und Förderungsmaßnahmen gemäß § 7 TV WeFö stehen allein dem Gemeinsamen Paritätischen Gremium zu. Andere Vertretungen des fliegenden Personals sind zur Geltendmachung von Beteiligungsrechten nach dieser Norm nicht legitimiert.

 

Normenkette

Tarifvertrag über Wechsel und Förderung Nr. 3 DLH §§ 5, 7, 10, 12; Tarifvertrag Personalvertretung für das Bordpersonal DLH § 70; Tarifvertrag Personalvertretung für das Bordpersonal § 81; Tarifvertrag Personalvertretung für das Bordpersonal DLH §§ 88-89

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 06.12.2010; Aktenzeichen 22 BVGa 806/10)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 06. Dezember 2010 – 22 BVGa 806/10 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die Durchführung von Schulungen.

Die zu 3) beteiligte Arbeitgeberin ist die Obergesellschaft eines Luftfahrtkonzerns. Die Beteiligte zu 1) repräsentiert auf der Grundlage des Tarifvertrages Personalvertretung für das Bordpersonal der Arbeitgeberin vom 15. November 1972 (TV PV) die von der Arbeitgeberin beschäftigten Copiloten. Das zu 2) beteiligte Gemeinsame Paritätische Gremium (GPG) der Vertretungen des fliegenden Personals der Konzerngesellschaften der Arbeitgeberin vertritt die Arbeitnehmerinteressen in Zusammenhang mit dem Wechsel und der Förderung der im Konzern beschäftigten Piloten. Die Arbeitgeberin ist wie der überwiegende Teil der Konzernunternehmen normativ an die von der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg e. V. (AVH) mit der Vereinigung Cockpit (VC) geschlossenen Tarifverträge gebunden. Zu diesen gehört der Tarifvertrag über Wechsel und Förderung Nr. 3 vom 18. Dezember 2006 (TV WeFö), der unter anderem folgende Regelungen enthält:

„§ 1 Seniorität

(1) Unter Seniorität ist eine besondere Art des Dienstalters zu verstehen, das nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen festzustellen und zu berücksichtigen ist.

§ 2 Senioritätsliste

(1) Jedes Jahr werden gemeinsame – nach Berufsgruppen getrennte – Senioritätslisten für alle bei A, B, C, D, E und F beschäftigten Flugzeugführer (einschließlich der Fluglehrer) und Flugingenieure/CRC's, die vom jeweils gültigen Manteltarifvertrag Cockpit erfasst werden, erstellt.

§ 5 Erstellen und Führung der Listen

(1) Die nach § 2 Abs. (1) erstellten Senioritätslisten werden von der A geführt und zum 1. April eines jeden Jahres dem Gemeinsamen Paritätischen Gremium (§ 12) zugeleitet. Danach werden sie vorläufig veröffentlicht.

(2) Hat das Gemeinsame Paritätische Gremium im Einzelfall gegen die Festsetzung bestimmter Senioritätsdaten Bedenken, so kann es unter Angabe von Gründen innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach der vorläufigen Veröffentlichung bei der A schriftlich Einspruch einlegen.

(4) Der Einspruch hat aufschiebende Wirkung. Erfolgt zwischen dem Gemeinsamen Paritätischen Gremium und der A keine Verständigung über die mit dem Einspruch angegriffene Festsetzung eines Senioritätsdatums, so kann das Gremium die Einigungsstelle anrufen, die innerhalb von sechs Wochen nach Einlegung des Einspruchs … zusammentritt. Die Festsetzung des Senioritätsdatums erfolgt dann für den mit dem Einspruch angegriffenen Fall durch den Spruch der Einigungsstelle. Die Einigungsstelle entscheidet verbindlich.

§ 7 Förderung und Wechsel

(1) Förderung im Sinne dieses Tarifvertrages ist die Umschulung zum Kapitän.

(2) Wechsel im Sinne dieses Tarifvertrages sind Personalveränderungen, die im Zuge der Umschulung von einem Ausbildungsmuster auf ein Wechselmuster in derselben Funktion (Kapitän, Copilot, Flugingenieur) entstehen. …

(3) Jede freie Stelle, die im Wege der Förderung oder im Wege des Wechsels von einem Ausbildungsmuster auf ein Wechselmuster besetzt werden soll, wird unter Beka...

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