Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebührenfestsetzungsverfahren. Beweisgebühr bei Beiziehung von Akten. Anträge bei der oder dem Kammervorsitzenden

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Anfrage der Rechtspflegerin oder des Rechtspflegers bei der oder dem Kammervorsitzenden der Kammer, wie eine Handlung des Gerichts zu verstehen sei, entbehrt der Rechtsgrundlage und kann deshalb nicht Grundlage einer Kosten- oder Gebührenfestsetzung sein.

 

Normenkette

BRAGO § 19 Abs. 2, § 31 Abs. 1 Nr. 3, § 34 Abs. 2, §§ 11, 25 Abs. 2; ZPO § 104 Abs. 3, § 567 Abs. 1-2, §§ 569, 577 Abs. 1-2, § 91 Abs. 1, 3; RPfG § 11 Abs. 1; RpfG § 21 Nr. 2; ArbGG § 78

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 09.02.2001; Aktenzeichen 7 Ca 10349/93)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Gebührenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts in Frankfurt/M. vom 9. Februar 2001 – 7 Ca 10349/93 teilweise abgeändert.

Die dem Antragsteller von dem Beklagten zu zählenden Gebühren werden auf 22.440,20 DM nebst 4 v. H. Zinsen seit dem 31. Mai 2000 festgesetzt.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nach einem Beschwerdewert von 7.125,30 DM dem Antragsteller auferlegt.

 

Tatbestand

Der Kläger hat gegen den Beklagten Klage auf Zahlung von 621.069,49 DM nebst Zinsen erhoben, der Beklagte Widerklage auf Zahlung von 688,275,00 DM nebst Zinsen. Das Arbeitsgericht in Frankfurt/M. hat mit einem am 5. Juli 1995 verkündeten Urteil – 7 Ca 10349/93 – Klage und Widerklage abgewiesen (Bl. 137–143 d. A.). Gegen dieses Urteil haben der Kläger Berufung und der Beklagte Anschlussberufung eingelegt, jeweils in vollem Umfang, die zu dem Geschäftszeichen 14 Sa 1891/95 noch bei dem Hessischen Landesgericht anhängig sind. In dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer am 31. Oktober 1996 haben beide Parteien die entsprechenden Anträge verlesen (Bl. 321 d. A.). Der Antragsteller hat sich am 3. November 1998 als neuer Prozessbevollmächtigter des Klägers zu den Akten gemeldet und mehrere Schriftsätze für den Beklagten zu den Akten gereicht. Im Termin am 23. September 1999 hat, nachdem die Parteien mit den Berufungsanträgen streitig zur Sache verhandelt hatten, das Berufungsgericht einen Beschluss verkündet, dessen Nr. 2 lautet:

„Die Akte 9 U 100/95 (OLG Frankfurt am Main) soll beigezogen werden.” (Bl. 651 d. A.).

Mit einem Schriftsatz vom 29. Mai 2000, bei dem Gericht eingegangen am 31. Mai 2000, hat der Antragsteller mitgeteilt, dass er den Beklagten nicht mehr vertrete (Bl. 699 d. A.). Zugleich hat er beantragt, seine Gebühren gegen den Beklagten festzusetzen, und in die Berechnung nach dem Streitwert der Klage u. a. eine Beweisgebühr in Höhe von 6.142,50 DM nebst der auf diese entfallenden Umsatzsteuer in Höhe von 982,80 DM, zusammen von 7.125,30 DM, eingestellt. Nach gerichtlichen Anfragen und Hinweisen (Bl. 702 und 714 R d. A.) und Schriftwechsel des Antragstellers und des Beklagten hierzu (Bl. 713, 714, 717 und 720 d. A.) hat die Rechtspflegerin das Landesarbeitsgericht um Mitteilung gebeten, ob die Akte 9 U 100/95 [OLG Frankfurt/M.] zu Beweiszwecken beigezogen worden sei. Der Vorsitzende der Berufungskammer fertigte unter dem 17. November 2000 einen Vermerk, in dem er u. a. ausführte, es sei beschlossen worden, die Akte des Oberlandesgerichts beizuziehen, um zu ermitteln, welcher Art. die von einem Gutachter in dieser Sache erwähnten und verwendeten Pläne des Beklagten gewesen seien (Bl. 721 d. A.). Nach weiterem Schriftsatzwechsel des Antragstellers mit dem Beklagten (Bl. 728 und 729 d. A.) hat die Rechtspflegerin mit einem dem Beklagten zu Händen seines Prozessbevollmächtigten am 15. Februar 2001 zugestellten Beschluss vom 9. Februar 2001 – 7 Ca 10349/93 – die dem Antragsteller von dem Beklagten zu erstattenden Kosten antragsgemäß auf 29.565,50 DM nebst. 4% Zinsen seit dem 31. Mai 2000 festgesetzt (Bl. 733 und 734 d. A.). Die Akte 9 U 100/95 OLG Frankfurt/M. ist bisher nicht bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangen.

Gegen diesen Beschluss haben der Beklagte selbst am 22. Februar 2001 (Bl. 770 d. A.) und für ihn sein Prozessbevollmächtigter am 21. Februar 2001 jeweils bei dem Arbeitsgericht … sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 768 und 769 d. A.)

Das Arbeitsgericht hat die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Zu dem Inhalt der genannten Entscheidungen und Schriftstücke im Übrigen und im einzelnen wird auf die angegebenen Blätter der Akte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II. 1. Die gem. §§ 19 Abs. 2 Satz 2 BRAGO; 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 577 Abs. 1 ZPO; 21 Nr. 2, 11 Abs. 1 RPflG; 78 Abs. 1 ArbGG statthafte sofortigen Beschwerden des Beklagten gegen den Gebührenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts in Frankfurt/M. vom 9. Februar 2001 – 7 Ca 10349/93 – ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 569, 577 Abs. 2 ZPO. Es schadet auch nicht, dass der Beklagte keinen ausdrücklichen Antrag gestellt hat, d...

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