Entscheidungsstichwort (Thema)
Schreibgebühren, Beweisgebühr
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Beweisgebühr entsteht nicht, wenn Akten lediglich zur Sachaufklärung gemäß §§ 142, 143 ZPO beigezogen werden.
2. Die unterlegene Partei hat der obsiegenden Partei Schreibgebühren nur zu erstatten, wenn letztere darlegt, dass diese entstanden sind und notwendig waren, unabhängig davon, ob die Partei ihrem Anwalt Schreibgebühren gemäß § 27 BRAGO schuldet.
Normenkette
ZPO §§ 91, 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1, 3, § 104 Abs. 3, §§ 567, 569, 577; RPflG § 21 Nr. 1; RpflG § 41 Abs. 1; ArbGG § 78; BRAGO §§ 26-27, 31 Abs. 1 Nr. 3, § 34 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 20.10.2000; Aktenzeichen 16 Ca 7502/97) |
Hessisches LAG (Aktenzeichen 15 Sa 2673/98) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts in … vom 20. Oktober 2000 – 16 Ca 7502/97 – teilweise abgeändert.
Der dem Kläger von der Beklagten zu erstattende Betrag wird auf 2.263,16 DM nebst 4 v. H. Zinsen seit dem 16. Juli 1999 festgesetzt. Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte nach einem Beschwerdewert von 2.263,16 DM zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten werden nach einem Beschwerdewert von 3.440,68 DM dem Kläger zu 34 v. H., der Beklagten zu 66 v. H. auferlegt.
Gründe
I. Das Hessische Landesarbeitsgericht hat mit einem am 6. Juli 1999 verkündeten rechtskräftigen Urteil die Berufung der Beklagten gegen das der Kündigungsschutzklage des Klägers stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts in … vom 16. Juli 1998 – 16 Ca 7501/97 – zurückgewiesen und die Kosten des Berufungsverfahrens der Beklagten auferlegt. Das Landesarbeitsgericht hatte die Akte des Rechtsstreits 16 Ca 7397/96 Arbeitsgericht … und das Protokoll einer Beweisaufnahme in dem Berufungsverfahren 12 Sa 47/95 Hessisches Landesarbeitsgericht beigezogen. Auf den am 16. Juli 1999 eingegangenen Antrag des früheren Prozessbevollmächtigten des Klägers, Rechtsanwalt T. vom 15. Juli 1999 (Bl. 249 d. A.) hat die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts die dem Kläger von der Beklagten zu erstattenden Kosten trotz der Einwendungen der Beklagten vom 12. April und 22. Mai 2000, dass eine Beweisgebühr nicht entstanden sei und die Parteien einen Vergleich nach iranischem Recht geschlossen hätten, der eine Kostenerstattung ausschließe (Bl. 250, 251 und 255–258), nach einem Wert von 13.692,00 DM in Höhe der Prozess-, Verhandlungs- und Beweisgebühr von je 955,50 DM, der Telekommunikationspauschale von 40,00 DM und Schreibgebühren in Höhe von 59,60 DM einschließlich Umsatzsteuer auf 3.440,68 DM festgesetzt (Bl. 264 d. A.) Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. Oktober 2000 ist der Beklagten am 26. Oktober 2000 zugestellt worden. Rechtsanwalt T. vertritt den Kläger inzwischen nicht mehr.
Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Beklagte am 9. November 2000 bei dem Arbeitsgericht aus den Gründen des Schriftsatzes vom 22. Mai 2000
sofortige Beschwerde
eingelegt (Bl. 266 d. A.).
Das Arbeitsgericht hat die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Zu dem Inhalt der genannten Entscheidungen und Schriftstücke im Übrigen und im einzelnen wird auf die angegebenen Blätter der Akte Bezug genommen.
II. 1. Die gem. §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 577 Abs. 1 ZPO; 21 Nr. 1, 11 Abs. 1 RPflG; 78 Abs. 1 ArbGG statthafte sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts in F. vom 20. Oktober 2000 – 16 Ca 7502/97 – ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 569, 577 Abs. 2 ZPO. Es schadet auch nicht, dass die Beklagte keinen ausdrücklichen Antrag gestellt hat, denn ihr Begehren, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts insgesamt abgeändert und der Antrag des Klägers auf Kostenfestsetzung zurückgewiesen werden soll, wird auch so hinreichend deutlich.
2. Die sofortige Beschwerde kann aber in der Sache nur teilweise Erfolg haben, weil sie darüber hinaus unbegründet ist.
a) Die sofortige Beschwerde ist insoweit begründet, als die Rechtspflegerin zugunsten des Klägers als zu erstattende notwendige Prozesskosten eine Beweisgebühr in Höhe von 955,50 DM und Schreibgebühren in Höhe von 59,60 DM zuzüglich der insoweit anfallenden Mehrwertsteuer festgesetzt hat, insgesamt 1.177,52 DM.
(1) Eine Beweisgebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO ist nicht entstanden, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers diesen in der Berufungsinstanz nicht in einer Beweisaufnahme vertreten hat. Eine solche hat nicht stattgefunden. Werden wie hier Akten anderer Rechtsstreite und das Protokoll einer Beweisaufnahme in einem anderen Rechtsstreit beigezogen, erhält der Anwalt die Beweisgebühr nur, wenn das durch Beweisbeschluss oder sonst erkennbar zum Beweis geschehen ist oder sie als Beweis verwertet worden sind, § 34 Abs. 2 BRAGO. Das setzt voraus, dass eine streitige Tatsachen...