Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweilige Verfügung auf Unterlassung wegen Verletzung von § 87 Abs. 1 BetrVG
Leitsatz (amtlich)
Stellt eine personelle Einzelmaßnahme – oder ein Bündel von diesem –, die vom Arbeitgeber gemäß §§ 99 ff BetrVG behandelt worden sind, gleichzeitig eine gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Maßnahme dar, so ist auch das Mitbestimmungsverfahren nach § 87 BetrVG vor Durchführung dieser Maßnahme einzuhalten. Die dem Arbeitgeber in § 100 BetrVG eingeräumte Möglichkeit der vorläufigen Durchführung der Maßnahme schließt dies nicht aus. Der Betriebsrat kann im Wege der einstweiligen Verfügung die Unterlassung der Maßnahme verlangen.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Ziff. 2; BetrVG § 87 Abs. 1 Ziff. 3; ZPO §§ 940, 935
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 15.07.1987; Aktenzeichen 15 BVGa 14/87) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 15.07.1987 abgeändert:
Der Antragsgegnerin wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes von DM 1.000,– für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, Arbeitnehmer der Sitzwerkstatt (FRA WR 241) in die Containerwerkstatt (FRA WR 313) gem. der im Schreiben der Antragsgegnerin vom 3. Juli 1987 geäußerten Absieht zu versetzen, ohne daß die Zustimmung des Antragstellers für diese Maßnahmen zuvor eingeholt wurde oder die verweigerte Zustimmung durch gerichtliche Entscheidung oder Spruch der Einigungsstelle ersetzt ist.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller ist der bei der Antragsgegnerin, einer Luftverkehrsgesellschaft, gebildete Betriebsrat. Er begehrt im Wege der einstweiligen Verfügung, der Antragsgegnerin zu untersagen, Arbeitnehmer aus der sogenannten Sitzwerkstatt in die Containerwerkstatt zu versetzen, ohne daß der Antragsteller zuvor gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG mitbestimmt hat.
Seit Anfang des Jahres 1987 führt die Antragsgegnerin Versetzungen aus der Sitzwerkstatt, in der die Flugzeugsitze in regelmäßigen Abständen überholt werden, in die Containerwerkstatt und die Bremsenwerkstatt durch. Hierbei wurden bisher zwischen 4–8 Arbeitnehmern jeweils für 2–3 Wochen versetzt. In der Sitzwerkstatt und der Bremsenwerkstatt wird im Schichtdienst gearbeitet, in der Containerwerkstatt unterliegen die Arbeitnehmer der gleitenden Arbeitszeitregelung. Die Schichtpläne und die Vereinbarung über die gleitende Arbeitszeit sind jeweils mit dem Antragsteller als Betriebsvereinbarung abgeschlossen worden.
Die Antragsgegnerin bat in jedem Fall der Versetzung den Antragsteller um die Zustimmung zur Versetzung gemäß § 99 BetrVG, die dieser verweigerte, worauf die Antragsgegnerin die Maßnahme als vorläufige durchführte. Daraufhin eingeleitete gerichtliche Verfahren erledigten sich jedesmal durch Zeitablauf, da die jeweilige Maßnahme schon beendet war, bevor eine rechtskräftige Entscheidung ergehen konnte.
Mit Zustimmungsantrag vom 03.07.1987 bat die Antragsgegnerin um Zustimmung zur Versetzung der Arbeitnehmer P., S., K. und Sch. aus der Sitzwerkstatt in die Containerwerkstatt für die Zeit vom 13. bis 31.07.1987. Mit Schreiben vom 09.07.1987 widersprach der Antragsteller der geplanten Versetzung wegen der Begründung wird auf den Widerspruch (Bl. 13 – 15 d.A.) Bezug genommen.
Mit seinem am 10.07.1987 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag hat der Antragsteller im Wege der einstweiligen Verfügung die Unterlassung dieser Versetzung begehrt, sofern nicht bis zum 13.07.1987 Einigkeit über die geänderten Arbeitszeiten für die betroffenen Arbeitnehmer erzielt werde oder die fehlende Einigung durch Spruch der Einigungsstelle ersetzt sei. Am 13.07.1987 erhielt der Antragsteller sowohl die Mitteilung, daß die Maßnahme nunmehr als vorläufige durchgeführt werde als auch ein weiteres Schreiben vom 03.07.1987 worin nicht nur die Versetzung der 4 schon erwähnten Arbeitnehmer für die Zeit vom 13. bis 31.07.1987 aufgeführt war, sondern außerdem um die Zustimmung zur befristeten Versetzung von weiteren Arbeitnehmern, nämlich dem Arbeitnehmer V. O., J. vom 07.09. bis 02.10.1987. der Arbeitnehmer W. K. und B. für die Zeit vom 05. bis 30.10.1987 und der Arbeitnehmer H. -W., L., Ka. und J. für die Zeit vom 02.11 bis 27.11.1987 von der Sitzwerkstatt in die Containerwerkstatt erbeten wurde.
Der Antragsteller hat die Ansicht vertreten, im stehe neben dem Mitbestimmungsrecht aus § 99 BetrVG außerdem ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1, Ziff. 2, 3, 10, 11 BetrVG zu, da die Grundlage der Schichtpläne sich völlig veränderte, wenn Arbeitnehmer aus den Schichten herausgenommen würden, weiterhin da das Arbeitszeit- und das Entlohnungssystem für diese Arbeitnehmer geändert würde.
Im Anhörungstermin vom 15.07.1987 hat der Antragsteller beantragt,
im Wege einstweiliger Verfügung gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit §§ 935, 940 ZPO, der Dringlichkeit halber ohne mündliche Verhandlung, hilfsweise
unter Verkürzung aller Einlassungs- und Ladungsfristen auf 12 Std. und unter Terminierung am Abend, oder am Samstag/Sonntag, der Antragsgegnerin aufzugeben, b...