Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung

 

Leitsatz (amtlich)

1) Hat ein Arbeitsgericht einer Kündigungsschutzklage stattgegeben, so widerspricht es in der Regel billigem Ermessen, Vergütungsansprüche für die Zeit nach dem Wirksamwerden der Kündigung auszusetzen, da der im Arbeitsgerichtsverfahren geltende Beschleunigungsgrundsatz vom Regelfall ausgeht, daß ein Arbeitnehmer auf seine Vergütung angewiesen ist. Erwägungen der Prozeßökonomie haben dahinter zurückzustehen.

2) Für einen Zeugnisberichtigungsantrag ist ein Kündigungsschutzverfahren i.d.R. nicht vorgreiflich, so daß eine Aussetzung nicht in Betracht kommt.

 

Normenkette

ZPO § 148; ArbGG § 9 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Hanau (Beschluss vom 17.06.1999; Aktenzeichen 2 Ca 596/98)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Aussetzungsbeschluß des Arbeitsgerichts Hanau vom 17. Juni 1999 – 2 Ca 596/98 – teilweise aufgehoben. Das Arbeitsgericht wird angewiesen, hinsichtlich des noch nicht entschiedenen Teils des Antrags zu 1) betreffend die Vergütung für die Monate September – Dezember 1998 und der Anträge zu 2), 4), 5) und 6) unverzüglich Termin anzuberaumen und das Verfahren fortzusetzen.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten der Beschwerde haben bei einem Beschwerdewert von DM 28.623,41 der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien haben im Verfahren 2 Ca 794/97 vor dem Arbeitsgericht Hanau um die Wirksamkeit von außerordentlichen Kündigungen der Beklagten vom 31.08. und 01.09.1998 und einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung vom 16.10.1997 zum 31.12.1998 gestritten. Die Beklagte hatte hilfsweise einen Auflösungsantrag gestellt.

Durch Urteil vom 17.06.1999 hat das Arbeitsgericht der Klage gegen die außerordentlichen Kündigungen stattgegeben mit der Begründung, daß diese wegen einer nicht ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung unwirksam seien und weiterhin die Einhaltung der 2-Wochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht dargelegt sei. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung unter dem Aktenzeichen 5 Sa 1322/99 eingelegt. Die Berufungsbegründungsfrist ist antragsgemäß bis zum 30.09.1999 verlängert worden.

Das Verfahren hinsichtlich der Wirksamkeit der betriebsbedingten Kündigung hat das Arbeitsgericht durch Beschluß vom 17.06.1999 ausgesetzt wegen Vorgreiflichkeit der Entscheidung über die außerordentlichen Kündigungen. Gegen diesen Beschluß hat der Kläger Beschwerde unter dem Aktenzeichen 5 Ta 512/99 eingelegt.

Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger seine Vergütung in Höhe von DM 15.417,– brutto monatlich für die Monate August 1998 bis Mai 1999 eingeklagt abzüglich DM 19.829,56,– Arbeitslosengeld, das er für den Zeitraum vom 01.09 bis 28.02.1999 erhalten habe.

Weiterhin hat er DM 5.123.28 netto als Aufwendungsersatz für das Dienstfahrzeug aus der zeit vom 20.06. bis zum 31.12.1998 beantragt (Antrag zu 4) und weiterhin aus dem selben Grund DM 2.111,66 netto (Antrag zu 6).

Er hat weiter beantragt, für das Kalenderjahr 1998 22 Urlaubstage gewährt zu bekommen.

Schließlich hatte er zunächst die Erteilung eines Zeugnisses beantragt und diesen Antrag sodann auf bestimmte Änderungen und Ergänzungen konkretisiert, nachdem die Beklagte nach dem Gütetermin in dieser Sache ein auf den 30.11.1998 datiertes Zeugnis erteilt hat.

Die Beklagte hat gegen den Zahlungsanspruch die Aufrechnung in Höhe einer Tantiemerückforderung von DM 60.000,– erklärt.

Im Teil-Urteil vom 17.06.1999 hat das Arbeitsgericht dem Kläger die Vergütung für den Monat August 1998 zugesprochen. Eine Aufrechnung gegen diesen Anspruch hat es abgelehnt. Gegen dieses Teil-Urteil hat die Beklagte am 30.07.1999 Berufung unter dem Aktenzeichen 5 Sa 1323/99 eingelegt. Auch hier ist die Berufungsbegründungsfrist antragsgemäß bis zum 30.09.1999 verlängert worden.

Durch Beschluß vom 17.06.1999 hat das Arbeitsgericht den Rechtsstreit hinsichtlich der übrigen Klageansprüche ausgesetzt.

Gegen diesen Beschluß, der laut Abvermerk der Geschäftsstelle am 29.06.1999 zur Post gegeben worden ist, hat der Kläger am 05.07.1999 Beschwerde eingelegt. Durch Beschluß vom 07.07.1999 hat das Arbeitsgericht es abgelehnt, der Beschwerde abzuhelfen (Bl. 75, 76 d.A.).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist gem. den §§ 252,148, 567 Abs. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch formgerecht i.s.d. §§ 78 Abs. 1 ArbGG, 569 Abs. 1 ZPO eingelegt worden.

Die Beschwerde ist teilweise begründet.

1) Der Sitzungsniederschrift vom 17.06.1999 ist nicht zu entnehmen, daß den Parteien rechtliches Gehör zur Absicht des Gerichts gewährt worden wäre, den Rechtsstreit teilweise auszusetzen. Es hatte auch ausweislich des Akteninhalts keine Partei die Aussetzung beantragt. Die Erwägungen des Gerichts sind den Parteien, soweit dies aus der Akte nachvollziehbar ist, erst durch den Nichtabhilfebeschluß vom 07.07.1999 mitgeteilt worden. Grundsätzlich ist rechtliches Gehör vor dem Erlaß eines Aussetzungsbeschlusses zu gewähren. Da der Kläger die Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs jedoch nicht gerügt hat, sollen di...

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