Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustellungsadressat im Nachprüfungsverfahren gemäß § 120a ZPO. Rechtsfolgen der Zustellung an die Partei selbst. Zulässigkeit der Nachholung der Zustellung an den Prozessbevollmächtigten

 

Leitsatz (amtlich)

Zustellungen im Nachprüfungsverfahren des § 120 ZPO a.F. haben gemäß § 172 Abs. 1 ZPO an den Prozessbevollmächtigten der Partei zu erfolgen, sofern dieser die Partei bereits im Bewilligungsverfahren vertreten hat (im Anschluss an BGH 11.05.2016, XII ZB 582/15, und BAG 19.07.2006, 3 AZB 18/06)

Die im Nachprüfungsverfahren versäumte Zustellung der Aufforderung zur Mitwirkung an den Prozessbevollmächtigten der Partei ist im Beschwerdeverfahren nicht nachholbar, weil Gegenstand der Überprüfung im Beschwerdeverfahren die Rechtmäßigkeit des Beschlusses ist, mit dem die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gemäß §§ 120, 124 ZPO a.F. aufgehoben/abgeändert wurde.

 

Normenkette

ZPO a.F. §§ 120, 124; ZPO § 329 Abs. 2, § 172 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Entscheidung vom 23.06.2014; Aktenzeichen 5 Ca 58/13)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 23. Juni 2014 - 5 Ca 58/13 - aufgehoben.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Im Beschwerdeverfahren wendet sich die frühere Klägerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Klägerin) gegen die Aufhebung der zunächst bewilligten Prozesskostenhilfe.

Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten hat die Klägerin am 07. Februar 2013 vor dem Arbeitsgericht Klage erhoben, Prozesskostenhilfe beantragt und die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu den Akten gereicht. Mit Beschluss vom 08. April 2013 wurde ihr ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten bewilligt.

Mit Beschluss vom 27. März 2013 hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Parteien einen Vergleich geschlossen haben.

Die Rechtspflegerin hat die Klägerin mit formlos übersendeten Schreiben vom 22. April 2014 gebeten, den beigefügten Vordruck "Erklärung über persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" bis zum 14. Mai 2014 ausgefüllt zurück zu senden. Eine Durchschrift dieses Schreibens wurde an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gesendet (vgl. Bl. 43 des Beihefts). Mit formlos übersendetem Schreiben vom 21. Mai 2014 hat die Rechtspflegerin die Klägerin letztmalig aufgefordert, die gewünschte Erklärung bis zum 12. Juni 2014 abzugeben und darauf hingewiesen, dass sie mit der Aufhebung der Prozesskostenhilfe rechnen müsse, wenn sie der Erklärungspflicht nicht nachkomme. Eine Durchschrift davon wurde an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin gesendet (vgl. Bl. 44 des Beihefts).

Mit Beschluss vom 23. Juni 2014 hat die Rechtspflegerin den Beschluss über die bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben (Bl. 45 des Beihefts). Dieser Beschluss wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausweislich seines Empfangsbekenntnisses am 30. Juni 2014 förmlich zugestellt (Bl. 46 des Beihefts).

Eine am 10. Juli 2014 bei Gericht eingegangene Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin hat die Rechtspflegerin als sofortige Beschwerde gewertet und dies der Kläger mitgeteilt und Belege angefordert. Mit Beschluss vom 29. August 2014 hat die Rechtspflegerin der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 51 des Beihefts) und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht vorgelegt.

Im Beschwerdeverfahren hat die Klägerin am 24. September 2014 einen Bescheid über die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II vom 26. August 2014 zu den Akten gereicht (Bl. 55 des Beiheftes)

II.

Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (im Folgenden: a. F.), §§ 567 ff. ZPO, § 40 EGZPO, zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

Der Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 23. Juni 2014 ist unwirksam, weil vor seinem Erlass eine ordnungsgemäße Beteiligung der Klägerin im Nachprüfungsverfahren gemäß § 120 Abs. 4 ZPO a. F. (=§ 120a Abs. 1 ZPO) nicht stattgefunden hat. Eine Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO a. F., ob eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist, wurde dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht zugestellt. Dies kann im Beschwerdeverfahren nicht nachgeholt werden, weil die formal ordnungsgemäße Beteiligung vor Erlass des Abänderungs- bzw. Aufhebungsbeschlusses Voraussetzung für seinen rechtmäßigen Bestand ist.

1. Das Überprüfungsverfahren richtet sich im vorliegenden Verfahren aufgrund § 40 Satz 1 EGZPO nach §§ 120, 124 ZPO i.d.F. vom 05. Dezember 2005 (ZPO a. F.). Die Klägerin hat vor dem 01. Januar 2014 für einen Rechtszug Prozesskostenhilfe beantragt, so dass für diesen Rechtszug die §§ 114 - 127 in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden sind.

2. Die Aufhebungsentscheidung beruht schon auf einem fehlerhaften Verfahren, sie ist deshalb rechtswidr...

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