keine Angaben zur Anfechtbarkeit

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zwangsvollstreckung. Lohnabrechnung. Erteilung „ordnungsgemäßer Lohnabrechnung”. Vollstreckungsfähigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung von Ansprüchen auf Erteilung einer Lohnabrechnung aus gerichtlichen Vergleichen:

  • die Vollstreckung erfolgt aus § 887 ZPO
  • der Inhalt des Anspruchs muss sich vollständig aus dem Text des Vergleichs ergeben
  • der Titel ist nur hinreichend bestimmt, wenn sich sowohl die Lohnhöhe, von der auszugehen ist (Stundenlohn bzw. Monatsgehalt) als auch die Anzahl der abzurechnenden Stunden, bzw. bei Gehaltsempfängern der konkrete Zeitraum, der abgerechnet werden soll, aus dem Wortlaut des Vergleichs ergeben.

Allein die Verpflichtung zu „ordnungsgemäßer Abrechnung” ist nicht vollstreckungskräftig

 

Normenkette

ZPO 887

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Beschluss vom 27.08.2008; Aktenzeichen 9 Ca 1647/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 27.08.2008 – 9 Ca 1647/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Gläubigerin wendet sich mit ihrer am 19.09.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen den ihr am 5.09.2008 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts vom 27.08.2008, mit dem ihr Antrag auf Verhängung eines Zwangsgeldes zur Durchsetzung der von der Schuldnerin im gerichtlichen Vergleich vom 17.04.2008 eingegangenen Verpflichtung zur Erteilung von Gehaltsabrechnungen kostenpflichtig zurückgewiesen wurde.

Die Parteien schlossen am 17.04.2008 vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden einen Vergleich, in dessen Ziff. 2 die Schuldnerin sich u. a. verpflichtete, das Arbeitsverhältnis bis zu dem in Ziff. 1 genannten Zeitpunkt (31.05.2008) ordnungsgemäß abzurechnen. Im Verhandlungsprotokoll ist weiter die unstreitige Höhe der Bruttomonatsvergütung der Gläubigerin festgehalten. Den Zwangsmittelantrag der Gläubigerin hat das Arbeitsgericht mit der Begründung, der Vergleich habe keinen vollstreckungsfähigen Inhalt, zurückgewiesen. Nach Einlegung ihrer sofortigen Beschwerde gegen diesen Beschluss erhielt die Gläubigerin am 26.09.2008 von der Schuldnerin Gehaltsabrechnungen für die Monate April und Mai 2008, die sie als Erfüllung der Ziff. 2 des Vergleichs akzeptierte. Danach hat sie das Zwangsvollstreckungsverfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Schuldnerin hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.

Die Gläubigerin ist der Ansicht, die Einleitung der Zwangsvollstreckung sei notwendig gewesen, weil die Schuldnerin zunächst unvollständige Abrechnungen vorgelegt habe. Weder sei der gesamte Zeitraum erfasst noch sei der volle der Gläubigerin zustehende Nettobetrag abgerechnet worden. Erst die am 26.09. 2008 übersandten Abrechnungen seien vollständig gewesen. Sie ist der Ansicht, der Vergleich habe einen vollstreckungsfähigen Inhalt. Ziff. 2 des Vergleichs sei zu entnehmen, dass die Schuldnerin Abrechnungen für die Monate April und Mai 2008 erstellen solle. Die Höhe der abzurechnenden Bruttomonatsvergütung sei im Terminsprotokoll festgehalten. Die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs sei der Schuldnerin als Anlage zum Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 20.06.2008 zugestellt worden.

Die Gläubigerin beantragt,

festzustellen, dass das Verfahren erledigt ist und der Schuldnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Schuldnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Schuldnerin behauptet, die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs sei ihr nie zugestellt worden.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 62 Abs. 2 ArbGG, 793 ZPO an sich statthaft und wurde innerhalb der in § 569 Abs. 1 ZPO normierten Zweiwochenfrist eingelegt.

In der Sache selbst bleibt die Beschwerde jedoch ohne Erfolg, weil sie unbegründet ist. Der Antrag auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache war zurückzuweisen, weil der Zwangsvollstreckungsantrag von Anfang an unzulässig war.

Die einseitige Erledigungserklärung der klagenden Partei führt nach der Rechtsprechung des BGH und der h.M. im Schrifttum (BGH NJW 1994, 2363; Musielak/Wolst ZPO 5. Aufl. § 91 a Rz. 29 mit weiteren Nachw.) zur Änderung des Streitgegenstands, die als Beschränkung der Klage nach § 264 Nr. 2 ZPO regelmäßig zulässig ist. Die klagende Partei begehrt dann, festzustellen, dass ihre ursprünglich zulässige und begründete Klage unzulässig oder unbegründet geworden ist. Liegen diese Voraussetzungen vor, spricht das Gericht die Erledigung aus und bestimmt, dass die beklagte Partei die Kosten zu tragen hat. Diese Regelungen kommen analog auch im Beschlussverfahren zur Anwendung (Musielak/Wolst a.a.O.). Die Voraussetzungen für eine Erledigung der Hauptsache liegen hier nicht vor; denn der ursprüngliche Zwangsgeldantrag war nicht zunächst zulässig, sondern von Anfang an aus mehreren Gründen unzulässig.

Schon die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung (Titel, Klausel, Zustellung) lage...

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