Entscheidungsstichwort (Thema)
Informationsveranstaltungen. Mitbestimmung des Betriebsrats bei Informationsveranstaltungen
Leitsatz (amtlich)
1. Der Gesamtvertretung steht kein Mitbestimmungsrecht bei der Regelung der Teilnahme der Cockpit-Mitarbeiter an den Informationsverstaltungen "Dialogforum" zu.
2. Bei den Veranstaltungen handelt es sich weder um Bildungsmaßnahmen noch betreffen sie Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der Arbeitnehmer.
Normenkette
TVPV § 77 Abs. 1, §§ 86-87
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 08.11.2011; Aktenzeichen 13 BV 432/11) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 08. November 2011 - 13 BV 432/11 - abgeändert.
Die Anträge der Gesamtvertretung werden zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
A. Die Beteiligten streiten über das Bestehen von Mitbestimmungsrechten betreffend Regelungen für die Teilnahme der Cockpit-Mitarbeiter an den Informationsveranstaltungen "Dialogforum".
Die Beteiligte zu 1) ist die auf der Grundlage des Tarifvertrages Personalvertretung Bordpersonal (TVPV) aus den Gruppenvertretungen gebildete Gesamtvertretung (im Folgenden: Gesamtvertretung), welche die Besatzungsmitglieder von Luftfahrzeugen repräsentiert. Die Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeberin) betreibt ein Luftfahrtunternehmen und beschäftigt ca. 3.500 Cockpit-Mitarbeiter (Kapitäne/Co-Piloten/Flugingenieure).
Seit Juni 2009 findet in einem der Schulungszentren der Arbeitgeberin im 4- bis 6-Wochen-Rhythmus die eintägige "Informationsveranstaltung Dialogforum" für die Cockpit-Mitarbeiter statt. Die auch zukünftig geplante Veranstaltung bietet den Teilnehmern die Gelegenheit, an sogenannten Marktständen mit Vertretern des Managements über deren Sichtweise und Auffassungen zu festgelegten Themenkomplexen zu diskutieren. Ziel der Veranstaltung ist es einerseits, den Mitarbeitern Zusammenhänge unternehmerischen Handelns aufzuzeigen und unternehmerische Entscheidungen transparent zu machen. Andererseits soll das Management die Sichtweise der Cockpitbesatzung kennenlernen. Der Dialog soll das gegenseitige Verständnis zwischen Führungskräften und Cockpit-Mitarbeitern aufbauen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Zielsetzung wird auf Anlage A 2 zur Antragsschrift der Gesamtvertretung - Bl. 38, 39 d.A. - Bezug genommen. In der Veranstaltungsreihe werden regelmäßig folgende unternehmensübergreifende Gegenstände angesprochen:
- "A im Wettbewerb";
- "Auslandsstrategie der A";
- "Inhalte/Änderungen im sogenannten Konzerntarifvertrag Cockpit".
Die übrigen aufbereiteten Themen wechseln von Veranstaltung zu Veranstaltung. Wegen der weiteren Themen wird auf Anlage A 2 zur Antragsschrift der Gesamtvertretung - Bl. 38 d.A. - verwiesen. Außerdem finden Podiumsdiskussionen mit hochrangigen Vertretern des Managements der Arbeitgeberin statt. Hierbei besteht Gelegenheit für die Cockpit-Mitarbeiter, Fragen an das Management zu stellen. Inhaltlich sind diese Diskussionen nicht auf die Themen der Marktstände begrenzt. Den Teilnehmern bleibt es überlassen, die Themen auszuwählen, mit denen sie sich im Rahmen der Veranstaltung befassen möchten. Es besteht auch keine Verpflichtung, Gespräche mit den Führungskräften vor Ort zu führen. Der Teilnehmerkreis ist auf ca. 60 bis 80 Mitarbeiter pro Veranstaltung beschränkt. In den Dienstplänen werden die jeweiligen Cockpit-Mitarbeiter zur Teilnahme an den Informationsveranstaltungen eingeteilt. Der Zeitaufwand wird als Arbeitszeit gewertet.
In der Auseinandersetzung über die Mitbestimmungspflichtigkeit der Durchführung der Veranstaltung konnten die Beteiligten keine einvernehmliche Lösung erzielen. Mit Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. Mai 2010 wurde auf Antrag der Gesamtvertretung eine Einigungsstelle mit dem Thema "Durchführung der Informationsveranstaltung Dialogforum" gebildet. Die von der Arbeitgeberin eingelegte Beschwerde blieb erfolglos. Im Beschluss vom 13. Juli 2010 - 4 TaBV 107/10 - hat das Hessische Landesarbeitsgericht die offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle verneint. Die Durchführung der Veranstaltung - so die Begründung der 4. Kammer des Hessischen Landesarbeitsgerichts - könne das Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer betreffen. Ein funktionaler Bezug zum Betrieb könne auch darin gesehen werden, dass die Arbeitgeberin den Mitarbeitern ihre unternehmenspolitischen Auffassungen zur Kenntnis bringe. Es sei offensichtlich beabsichtigt, das betriebliche Verhalten von Cockpit-Mitarbeitern in ihrem Sinne zu steuern und damit Einfluss auf das betriebliche Zusammenleben von Arbeitnehmern zu nehmen. Die Einigungsstelle stellte mit Spruch vom 31. März 2011 fest: "Die Einigungsstelle ist unzuständig für die Regelung der Teilnahme der Cockpit-Mitarbeiter an den eintägigen Informationsveranstaltungen unter dem Titel "Dialogforum"." Dagegen wendet sich die Gesamtvertretung mit...