Entscheidungsstichwort (Thema)

Umwandlung Freistellungsanspruch gegen Betriebsrat in Zahlungsanspruch. Vorgreiflichkeit des Honoraranspruches für Freistellungsanspruch. Verjährungsbeginn mit Titel gegen Betriebsrat

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gegenüber einer Klage aus abgetretenem Recht handelt es sich bei einer ursprünglichen Klage aus eigenem Recht um einen anderen Streitgegenstand.

2. Die Erhebung von Einwendungen aus dem Grundverhältnis steht dem Drittschuldner gegenüber dem Gläubiger nicht zu.

3. Die gepfändete Forderung (hier: der Freistellungsanspruch nach § 40 Absatz 1 BetrVG) entsteht beim Gläubiger erst mit Wirksamwerden des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Vorher beginnt die Verjährung nicht zu laufen.

4. Mit der Pfändung und Überweisung wandelte sich der Freistellungsanspruch des Betriebsrats in einen Zahlungsanspruch des Sachverständigen gegenüber dem Arbeitgeber um. Dieser blieb hierdurch inhaltlich unverändert. Einwendungen des Arbeitgebers gegen diese rechtskräftig gegenüber dem Betriebsrat titulierte Forderung sind daher ausgeschlossen.

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 1; BGB § 199 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 04.10.2018; Aktenzeichen 9 BV 276/18)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 18.11.2020; Aktenzeichen 7 ABR 37/19)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 4. Oktober 2018 – 9 BV 276/18 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert:

Die Beteiligte zu 2 wird verurteilt, an die Antragstellerin 83.752,20 EUR (in Worten: Dreiundachtzigtausendsiebenhundertzweiundfünfzig und 20/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25.3.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über einen von dem Antragsteller, einem Unternehmen, das Betriebsräte berät, gepfändeten und überwiesenen Freistellungsanspruch des Betriebsrats gegenüber dem Arbeitgeber (Beteiligte zu 2).

Der Antragsteller verfügt über einen rechtskräftigen Titel gegen den Betriebsrat auf Zahlung von 83.752,20 € nebst Zinsen (Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 16. Dezember 2013 – 1 U 184/10, Anl. A3 Anlagenband). Zu Gunsten des Antragstellers erließ das Amtsgericht Frankfurt am Main am 9. Juli 2014 einen Pfändungs-und Überweisungsbeschluss hinsichtlich des Freistellungsanspruchs des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber i.H.v. 83.752,20 € nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 25. März 2010 (Anlage A1 Anlagenband). Auf die Erinnerungen des Schuldners (Betriebsrat) und Drittschuldners (Arbeitgeber) hob das Amtsgericht-Vollstreckungsgericht- mit Beschluss vom 4. September 2014 den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auf, da der Anspruch aus § 40 Abs. 1 BetrVG nicht pfändbar sei, was aus § 850 Nr. 3 ZPO folge. Auf die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers hob das Beschwerdegericht den Beschluss des Amtsgerichts auf und verwies das Verfahren zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurück. Gegen die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde legte der Arbeitgeber dieses Rechtsmittel ein, das vom Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 8. November 2017-VII ZB 9/15-zurückgewiesen wurde (Anlage A4 Anlagenband). Mit Beschluss vom 15. März 2018-701 M 72189/14- wies das Amtsgericht Frankfurt am Main Außenstelle Höchst-Vollstreckungsgericht- die Erinnerungen des Betriebsrats und des Arbeitgebers gegen den Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 9. Juli 2014 zurück (Anl. A5 Anlagenband).

Mit seiner am 3. Mai 2018 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift hat der Antragsteller den gepfändeten und ihm überwiesenen Anspruch nach § 40 Abs. 1 BetrVG gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht.

Der Arbeitgeber hat sich auf die anderweitige Rechtshängigkeit des Verfahrens vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht unter dem Az. 16 TaBV 218/12, mit dem der Antragsteller noch vor Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und ohne dass eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat über eine Abtretung des Freistellungsanspruchs vorgelegen hätte, einen Honoraranspruch aus Beratung gegenüber dem Betriebsrat i.H.v. 86.762,90 € geltend gemacht hatte und den das Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 15. Juli 2013 wegen fehlender Aktivlegitimation des Antragstellers zurückgewiesen hat, berufen. Ferner hat der Arbeitgeber die Einrede der Verjährung erhoben und hilfsweise die Aufrechnung mit einem Kostenerstattungsanspruch erklärt.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss unter I. (Bl. 333-334 der Akte) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Ausführungen im Beschluss unter II. (Bl. 334-337 der Akte) verwiesen.

Dieser Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des...

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