Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwalt als Verfahrensbevollmächtigten in einer Einigungsstelle
Leitsatz (amtlich)
1. Der Betriebsrat kann bei der pflichtgemäßen Abwägung, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts als Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats in einem Einigungsstellenverfahren erforderlich ist, im Rahmen des ihm eröffneten Beurteilungsspielraums auch berücksichtigen, ob dies im Einzelfall zur gleichgewichtigen rechtlichen Durchsetzung des in der Einigungsstelle zu vertretenden interessengebundenen Standpunkts notwendig erscheint.
2. Hat das Arbeitsgericht im Bestellungsverfahren nach § 98 ArbGG u. a. die Zahl der Beisitzer auf je zwei für jede Seite festgelegt mit der Begründung, es handele sich um eine betriebsbezogene Regelungsfrage von mittlerer Schwierigkeit, so ist dies – unter normalen Umständen – ein Indiz dafür, daß regelmäßig die Zuziehung allenfalls eines betriebs- oder unternehmensfremden Beisitzers (mit Honorarzusage) neben einem betriebsangehörigen Beisitzer erforderlich ist.
3. Macht aber der Arbeitgeber durch seine Beisitzerbenennung für diese Einigungsstelle (z. B.: zwei Rechtsanwälte neben einem Unternehmens- oder Hauptlverwaltungsmitarbeiter) dem Betriebsrat deutlich, daß es ihm dort in erster Linie auf die rechtsgrundsätzliche Klärung „überbetrieblicher” Fragen ankommt, kann darauf der Betriebsrat angemessen reagieren. Er kann entweder einen Beisitzer austauschen oder einen Verfahrensbevollmächtigten bestellen.
4. Bietet der Arbeitgeber nach vorangegangenem schriftlichem Widerspruch gegen die ihm mitgeteilte Bestellung eines Rechtsanwalts als Verfahrenbevollmächtigten des BR erstmals in der Einigungsstelle einen beiderseitigen Beisitzeraustausch an, muß sich die Arbeitnehmerseite darauf – auch bei Berücksichtigung finanzieller Belange des Arbeitgebers – in der Regel nicht mehr einlassen.
5. Der Arbeitgeber kann in einem solchen Fall dem BR nicht entgegenhalten, damit „durch die Hintertür” den „3. Beisitzer” in die Einigungsstelle einzubringen und die arbeitsgerichtliche Bestellungsentscheidung zu unterlaufen. Er muß sich seinerseits auf seine nicht „betriebsnahe” Beisitzerbenennung verweisen lassen. Will er diese ändern, muß er das dem BR rechtzeitig vor der ersten Einigungsstellensitzung mitteilen (§ 2 Abs. 1 BetrVG, Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit). Dann hat allerdings der BR regelmäßig Veranlassung, seinerseits über die Frage eines Beisitzeraustauschs oder des Mandatsentzuges gegenüber dem u.U. schon beauftragten Verfahrensbevollmächtigten erneut zu beschließen.
6. Bestellt ein BR einen Rechtsanwalt zum Verfahrensbevollmächtigten in einem Einigungsstellenverfahren, kann er diesem einseitig Honorar im Grundsatz nur nach Maßgabe der BRAGO zusagen.
Die Zusage eines ggfs. darüberhinausgehenden Anwaltshonorars – etwa „Honorar wie die Einigungsstellen-Beisitzer” – bedarf insoweit der vorherigen Vereinbarung mit dem Arbeitgeber (§ 80 Abs. 3 Satz 1 BetrVG entspr.).
Normenkette
BetrVG §§ 76, 80 Abs. 3; BRAGO § 65 Abs. 1 S. 4
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Bad Hersfeld vom 15.01.1987 – 1 BV 10/86 – teilweise abgeändert und im Ausspruch wie folgt neu gefaßt:
Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Antragsteller von der restlichen Kostenforderung des Rechtsanwalts O. B. in Höhe von 1.802,06 DM freizustellen.
Im übrigen werden die Beschwerde und der Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Antragsgegnerin (AGg.), den Antragsteller (ASt.) wegen einer Honorarzusage gegenüber Rechtsanwalt O. B. aus W. freizustellen.
Die AGg. betreibt u. a. in Bad H. eine Kaufhaus-Filiale, für die der ASt. als Betriebsrat (BR) gewählt ist.
Nachdem sich die Beteiligten wegen der betrieblichen Umsetzung der tariflichen Vochenarbeitszeitverkürzung nicht einigen konnten, bestellte das Arbeitsgericht Bad Hersfeld im Verfahren 1 Bv 5/86 zwischen den gleichen Beteiligten mit Beschluß vom 29.4.1986 einen Einigungsstellenvorsitzenden und setzte die Zahl der Beisitzer auf zwei für jede Seite fest.
Mit Schreiben vom 12.5.1986 (Bl. 10, 60 d.A.) benannte der BR als Beisitzer der Einigungsstelle den BR-Vorsitzenden Siegfried K. und den Gewerkschaftssekretär (GS) J. K.. Der außerbetriebliche Beisitzer solle 7/10 der Vergütung des Einigungsstellenvorsitzenden nebst Mehrwertsteuer erhalten. Ferner beauftragte der BR als „Vertreter und Beistand des Betriebsrats in der Einigungsstelle” Herrn Rechtsanwalt B.. Das halte der BR für „dringend erforderlich, weil die Arbeitgeberseite ihrerseits in der Einigungsstelle durch einen Rechtsanwalt vertreten” sei. Als Vergütung solle RA B. „die eines Beisitzers” erhalten. Reisekosten u.ä. sollten nach der Bundesrechtsanwaltgebührenordnung (BRAGO) erstattet werden (Bl. 10 d.A.).
Mit Schreiben vom 20, 5.1986 teilte daraufhin der örtliche Personal- u...