Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung Zwangsgeldbeschluss. Zuständigkeit der Aufhebung der Vollstreckungsmaßnahmen. Verzicht auf Rechte auf Rückzahlung des Zwangsgelds
Leitsatz (amtlich)
Wird der Zwangsgeldbeschluss oder der zugrunde liegende Titel vor Eintritt der Rechtskraft aufgehoben, so kann das im Vollstreckungsverfahren befasste Gericht, das die Maßnahme nach § 888 ZPO erlassen hat, im Beschlussverfahren nach § 776 ZPO analog selbst die Aufhebung der getroffenen Vollstreckungsmaßnahmen anordnen mit der Folge, dass das eingetriebene Zwangsgeld gemäß § 812 I S. 2 BGB an den Schuldner zurückzuzahlen ist.
Diese Voraussetzungen liegen auch dann vor, wenn der Gläubiger im Beschlussverfahren auf seine Rechte aus dem Zwangsgeldbeschluss rückwirkend verzichtet.
Die Voraussetzungen für die Rückzahlung sind nicht mehr gegeben, wenn der Verzicht erst nach Eintritt der Rechtskraft des Titels und des Zwangsgeldbeschlusses erklärt wird.
Normenkette
BGB § 812 Abs. 1 S. 2; ZPO §§ 775-776, 888
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 17.02.2012; Aktenzeichen 8 Ca 435/10) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach vom 21. September 2012 - 8 Ca 435/10 - unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen - teilweise aufgehoben:
Die Staatskasse wird angewiesen, dass aus dem Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach vom 17.02.2012 - 8 Ca 435/10 - vollstreckte Zwangsgeld in Höhe von 25.000,- € an die Schuldnerin zurückzuzahlen.
Im Übrigen wird der Antrag auf Rückerstattung des im Rahmen der Zwangsvollstreckung gezahlten Geldbetrages zurückgewiesen.
Die Schuldnerin hat 1/6 der Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Schuldnerin wendet sich mit ihrer am 10.10.2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde gegen einen ihr am 26.09.2012 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach vom 21.09.2012 (8 Ca 435/10), mit dem ihr Antrag auf Rückzahlung von drei nach § 888 ZPO verhängten Zwangsgeldern in einer Gesamthöhe von € 30.500,-- zurückgewiesen wurde.
Das Arbeitsgericht Hanau stellte mit Urteil vom 04.05.2011 (3 Ca 435/10, später ArbG Offenbach 8 Ca 435/10) die Unwirksamkeit einer gegenüber dem Kläger am 19.11.2010 zum 30.06.2011 ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung fest und verurteilte die Schuldnerin zur Weiterbeschäftigung des Gläubigers. Die gegen das Urteil eingelegte Berufung wies das Hessische Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 06.03.2012 unter Zulassung der Revision zum Bundesarbeitsgericht zurück. Ihre gegen dieses Urteil eingelegte Revision nahm die Schuldnerin mit Schriftsatz vom 06.06.2012 zurück. Am 29.07.2011 sprach die Schuldnerin eine weitere Kündigung zum 31.12.2011 aus, die der Gläubiger ebenfalls mit der Kündigungsschutzklage angriff (ArbG Offenbach 8 Ca 314/11).
Auf Antrag des Gläubigers verhängte das Arbeitsgericht Offenbach zur Durchsetzung des Weiterbeschäftigungsanspruchs mit Beschluss vom 26. 08.2011 ein Zwangsgeld in Höhe von EUR 500,--. Da die Schuldnerin ihrer Verpflichtung zur Beschäftigung weiterhin nicht nachkam, verhängte das Arbeitsgericht auf Antrag des Gläubigers mit Beschluss vom 02.12.2011 ein Zwangsgeld in Höhe von EUR 5.000,-- und mit Beschluss vom 17.02.2012 ein Zwangsgeld in Höhe von EUR 25.000,--. Die Schuldnerin zahlte die insgesamt verhängten 30.500,-- EUR an die Staatskasse. Die Zwangsgeldbeschlüsse vom 26.08.2011 und vom 02.12.2011 sind nach Zurückweisung der von der Schuldnerin beim Hess. Landesarbeitsgericht eingelegten sofortigen Beschwerden mit Beschlüssen vom 11.11.2011 (12 Ta 406/11) und 6.2.2012 (12 Ta 10/12) rechtskräftig geworden. Die Schuldnerin legte auch gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach vom 17.02.2012 sofortige Beschwerde beim Landesarbeitsgericht (12 Ta 111/12) ein. Vor einer Entscheidung über diese Beschwerde schlossen die Parteien am 06.07.2012 vor dem Arbeitsgericht Offenbach in einem weiteren Verfahren (8 Ca 222/12) einen das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2012 beendenden Abfindungsvergleich nach § 278 Abs.6 ZPO. Zudem verständigten sie sich auf die Erledigung des noch anhängigen Beschwerdeverfahrens und trafen unter Zif.8 folgende weitere Absprache:
Der Kläger erklärt, dass er auf seine Rechte aus dem Urteil des Arbeitsgerichts Hanau vom 04.05.2012 sowie aus den Zwangsgeldbeschlüssen des Arbeitsgerichts Hanau vom 29.09.2011, 06.12.2011 und vom 17.02.2012, Az. jeweils 3 Ca 435/10 (jetzt Arbeitsgericht Offenbach 8 Ca 435/10) für die Vergangenheit und die Zukunft verzichtet (Bl. 1027 d.A.).
Die Schuldnerin hat auf die Androhung der Zwangsvollstreckung hin die jeweils verhängten Zwangsgelder gezahlt, der Gerichtsvollzieher hat sie an die Staatskasse weitergeleitet. Mit Schriftsatz vom 18.07.2012 hat die Schuldnerin im Hinblick auf die im Vergleich vom Kläger abgegebenen Verzichtserklärungen die Rückzahlung der beigetriebenen Zwangsgelder beantragt. Das Arbeitsgericht Offenbach hat den Antrag mit Beschluss vom 21.09.2012, der...