Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert eines Vergleichs im arbeitsgerichtlichen Verfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Festsetzung des Vergleichsmehrwerts sind miterledigte streitige außergerichtliche Schadenersatzansprüche mit ihrem tatsächlichen Wert in Ansatz zu bringen, auch wenn die Erledigung nur im Wege einer Ausgleichsklausel erfolgt.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Sind außergerichtlich geltend gemachte Schadensersatzansprüche in einem Vergleich mitgeregelt worden, so sind sie mit ihrem vollen geltend gemachten Wert für den Vergleichsmehrwert in Ansatz zu bringen.

2. Das gilt auch dann, wenn sie nur im Rahmen einer mittelbaren Ausgleichsklausel in die Vergleichsregelung eingeflossen sind.

 

Normenkette

RVG § 33

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 27.03.2014; Aktenzeichen 11 Ca 2/14)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägervertreters wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 27. März 2014 - 11 Ca 2/14 - teilweise aufgehoben.

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit gemäß § 33 RVG wird für den Vergleich auf € 977.977,42 festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die zulässige Beschwerde des Klägervertreters hat im Hinblick auf die Vergleichswertfestsetzung Erfolg.

Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass der Vergleich im Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Wiesbaden 7 Ca 1247/10 vom 20. Mai 2011 wirksam angefochten worden ist, das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen tatsächlich fortbestanden hat und im Übrigen seine Weiterbeschäftigung verlangt. Das monatliche Durchschnittsgehalt des Klägers lag unter Berücksichtigung sämtlicher in die Berechnung einfließender Faktoren bei € 16.032,42. Außergerichtlich hatte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Schaden in Höhe von € 961.945,00 geltend gemacht (Bl. 5-8 d.A.).

Mit Beschluss vom 30. Januar 2014 stellte das Gericht das Zustandekommen eines Vergleichs gemäß § 278 Abs. 6 ZPO fest, wobei für den Inhalt des Vergleichs auf Bl. 65 d.A. Bezug genommen wird.

Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers setzte das Arbeitsgericht - nach vorheriger Anhörung (Bl. 76 d.A.) - den Gegenstandswert für das Verfahren und den Vergleich durch Beschluss vom 27. März 2014 auf jeweils € 64.129,66 fest (Bl. 62 d.A.). Gegen diesen, ihm am 2. April 2014 zugestellten Beschluss hat der Klägervertreter mit einem am 2. April 2014 (Bl. 128 f. d.A.) beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 8. April 2014 (Bl. 132 d.A.) nicht abgeholfen hat. Wegen der Beschwerdebegründung wird auf die Ausführungen in den Beschwerdeschrift verwiesen.

II.

Die Beschwerde, hat - soweit sie sich allein gegen die Festsetzung des Vergleichswertes richtet, wovon das Beschwerdegericht ausgeht - Erfolg. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit ist für den Vergleich auf € 977.977,42 festzusetzen.

Nach der von der Beschwerdekammer vertretenen Auffassung, gestützt auf den von der Streitwertkommission der Arbeitsgerichtsbarkeit erarbeiteten Streitwertkatalog 2014 (veröffentlicht auf der Internetseite des Hessischen Landesarbeitsgerichts unter Service/Wertfestsetzung und abgedruckt in NZA 2014, 745 ff.), an denen sich die Beschwerdekammer im Interesse einer möglichst einheitlichen Wertrechtsprechung in arbeitsgerichtlichen Verfahren nunmehr orientiert, wird ein Vergleichsmehrwert bei unstreitigen und gewissen Ansprüchen, deren Durchsetzung jedoch ungewiss ist, für das Titulierungsinteresse mit 20% des Wertes des Anspruchs angenommen (siehe Streitwertkatalog 2014 I. Nr. 22.2).

Auch wenn die Beschwerdekammer nicht verkennt, dass der von der Streitwertkommission erarbeitete Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichte nicht bindend ist, orientiert sie sich für ihre Rechtsprechung jedoch im Interesse einer möglichst einheitlichen Gestaltung der Streitwertbemessung für bestimmte, typische Fallkonstellationen an diesem Katalog (vgl. auch LAG Nürnberg vom 12. Dezember 2013 - 4 Ta 133/13, BeckRS 2014, 03679 und vom 21. Juni 2013 - 7 Ta 41/13, BeckRS 2013, 7121; LAG Sachsen vom 28. Oktober 2013 - 4 Ta 172/13, BeckRS 2014, 67070).

Haben die Parteien in einem Vergleich aber nicht nur unstreitige Ansprüche im Sinne einer Titulierungsregelung einbezogen, sondern festgehalten, dass streitige außergerichtliche Ansprüche in vollem Umfang mit der vergleichsweisen Regelung abgegolten sind und nicht mehr geltend gemacht werden können, müssen diese Ansprüche bei der Gegenstandswertbemessung für den Vergleich wertmäßig berücksichtigt werden (vgl. Hess. LAG vom 31: Januar 2014 - 1 Ta 275/13 n.v. und vom 31. Januar 2014 - 1 Ta 93/13, n.v.,). Hierbei ist es nur gerechtfertigt, einen Abschlag vorzunehmen, wenn die Realisierung der Forderung zweifelhaft ist (vgl. Bader NZA-RR 2005, 346).

Unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze sind die außergerichtlich geltend gemachten Schadenersatzansprüche im Gesamtumfang von € 961.945,00 mit ihrem vollen geltend gemachten Wert für den Vergleichsmehrwert in Ansatz zu bringen, auch wenn sie nur ...

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