Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmerstatus. Pflegekraft zur Sicherstellung der häuslichen Pflege und hauswirtschaftlichen Versorgung
Leitsatz (amtlich)
Pflegekräfte zur Sicherstellung der häuslichen Pflege und hauswirtschaftlichen Versorgung im Sinne von § 77 SGB XI stehen in einem öffentlichrechtlichen Beschäftigungsverhältnis zu dem sie beauftragenden Sozialversicherungsträger. Sie sind daher nicht Arbeitnehmer.
Normenkette
ZPO § 114; BGB § 611; SGB II § 77
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Beschluss vom 30.09.2011; Aktenzeichen 1 Ca 880/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 30. September 2011 – 1 Ca 880/11 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe.
Die Beschwerdeführerin nimmt im Ausgangsverfahren die Beklagte auf Feststellung in Anspruch, dass sie „seit dem 01. Dezember 2009 als Arbeitnehmerin bei der Beklagten beschäftigt ist.” Die Beklagte ist ein Träger der gesetzlichen Sozialversicherung. Die Parteien schlossen unter dem 16./18. September 2009 den in der Anlage zur Klageschrift ersichtlichen „Vertrag nach § 77 Abs. 1 SGB XI über Leistungen der häuslichen Pflege.” Die Klägerin ist der Ansicht, aus diesem Vertrag ergebe sich ihr gegenüber ein umfassendes Weisungsrecht, so dass sie den Status einer Arbeitnehmerin habe. Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Gegen den am 11. Oktober 2011 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 03. November 2011 sofortige Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu Recht zurückgewiesen, da die Rechtsverfolgung der Klägerin nicht nur keine hinreichende Aussicht auf Erfolg gemäß § 114 Satz 1 ZPO bietet, sondern auch offensichtlich mutwillig im Sinne von § 11 a Abs. 2 ArbGG ist, da sie eindeutig einschlägige sozialrechtliche Vorgaben missachtet.
1. Das Grundgesetz gebietet mit Art. 3 Abs. 1, 19 Abs. 4 GG und durch das Rechtsstaatsprinzip eine weitgehende Angleichung der Situation unbemittelter und bemittelter Parteien bei der Verwirklichung ihres Rechtsschutzes. Eine vollständige Gleichstellung armer Parteien ist dagegen nicht geboten. Eine unbemittelte Partei braucht nur einer bemittelten gleichgestellt zu werden, die ihre Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko berücksichtigt. Daher ist es verfassungsrechtlich zulässig, die Gewährung von Prozesskostenhilfe von einer hinreichenden Erfolgsaussicht und davon abhängig zu machen, dass sie nicht mutwillig erscheint. Dies darf allerdings nicht dazu führen, dass die Sachprüfung in das Bewilligungsverfahren verlagert wird. Prozesskostenhilfe darf nur versagt werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht völlig ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist. Schwierige Rechts- und Tatsachenfragen sind nicht im Prozesskostenhilfe-, sondern im Hauptsacheverfahren zu klären (ständige Rechtsprechung des BVerfG, etwa 07.05.1997 – 1 BVR 269/94 – NJW 1997/2745, zu II 1 a; 07.04. 2000 – 1 BVR 81/00 – AP ZPO § 114 Nr. 12, zu B I 1; 24.07.2002 – 2 BvR 2256/99 – NJW 2003/576, zu B I 1; 13.07.2005 – 1 BvR 175/05 – NJW 2005/3489, zu B I 1).
Der die Ablehnung der Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 11 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG allein rechtfertigende Maßstab der offensichtlichen Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung im Sinne von § 11 a Abs. 2 ArbGG ist aufgrund des Tatbestandsmerkmals der Offensichtlichkeit gegenüber § 114 Satz 1 ZPO noch strenger. Er setzt voraus, dass die offensichtliche Erfolglosigkeit der Rechtsverfolgung auf den ersten Blick erkennbar ist (LAG Düsseldorf 29.10.1986 – 14 Ta 245/86 – LAGE ArbGG 1979 § 11 a Nr. 4; GK-ArbGG-Bader Stand Oktober 2011 § 11 a Rn. 201). Grundlage der Prüfung muss allerdings wie bei § 114 ZPO eine verständige und von juristischen Fachkenntnissen getragene Würdigung sein. Ansonsten könnte die Ausblendung der Rechtslage durch den Antragsteller zur Rechtsanwaltsbeiordnung auf Kosten der Allgemeinheit ausreichen. Ein derart willkürliches Vorgehen ist jedoch nicht schutzwürdig. Offensichtlich mutwillig kann daher auch eine evident aussichtslose Rechtsverfolgung sein, wenn der Antragsteller nicht wider besseres Wissen handelt (Hess. LAG 30.01.2006 – 4 Ta 597/05 – AuR 2006/175 L, zu II 1; Bader a. a. O. Rn. 201).
2. Die Rechtsverfolgung der Klägerin ist offensichtlich mutwillig in diesem Sinne, da sie nicht Arbeitnehmerin ist, ohne dass daran bei verständiger Prüfung juristisch ernsthaft begründbare Zweifel bestehen können.
a) Die Klage dürfte allerdings zulässig sein. Der bei wortlautgetreuer Auslegung als auf die Feststellung einer abstrakten Rechtsfrage gerichtete Antrag der Beschwerdeführerin dürfte angesichts des Klageziels ...