Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Anschlussbeschwerde im Einigungsstellenbestellungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Im Einigungsstellenbestellungsverfahren ist eine Anschlussbeschwerde nicht zulässig.
Normenkette
ArbGG §§ 66, 87, 100; ZPO § 524
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 14.09.2016; Aktenzeichen 3 BV 583/16) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 14. September 2016 - 3 BV 583/16 - zum Teil dahingehend abgeändert, dass die Zahl der Beisitzer der Einigungsstelle drei pro Seite beträgt.
Die Anschlussbeschwerde wird als unzulässig verworfen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Bestellung einer Einigungsstelle.
Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin ist unter anderem normativ an den mit der Gewerkschaft Ver.di geschlossenen Zuordnungs- und Mitbestimmungstarifvertrag vom 01. März 2014 (nachfolgend ZMTV) gebunden. Dessen § 7 hat folgenden Inhalt:
(1) Zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat-Gesamtbetriebsrat werden bei Bedarf Einigungsstellen gebildet, sofern dies zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten gesetzlich vorgesehen bzw. in Gesamt-/Betriebsvereinbarungen festgeschrieben ist.
(2) Die Einigungsstelle besteht aus je 3 (in Worten "drei") Beisitzern, die vom Arbeitgeber bzw. dem Betriebsrat-Gesamtbetriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, auf dessen Person sich beide Parteien einigen müssen. Der Vorsitzende soll die Befähigung zum Richteramt besitzen. Kommt eine Einigung über die Person des Vorsitzenden nicht zustande, gilt § 76 Absatz 2 BetrVG
Die Arbeitgeberin führte in ihrem Betrieb in A, dessen Belegschaft vom antragstellenden Betriebsrat repräsentiert wird, Ende 2015 ein sogenanntes Desk-Sharing ein. Die Beteiligten verhandelten hierüber seit November 2015. Nachdem die Verhandlungen bis Mitte August 2016 nicht abgeschlossen waren, leitete der Betriebsrat das vorliegende Einigungsstellenbestellungsverfahren ein. Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat den Direktor des Arbeitsgerichts a. D. B zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Thema "Betriebsvereinbarung zu Einführung flexibler Arbeitsplätze, Desk-Sharing-Prinzip" bestellt und - nachdem die Beteiligten erstinstanzlich die Geltung des ZMTV nicht erwähnt hatten - die Zahl der Beisitzer auf zwei pro Seite festgesetzt. Der Betriebsrat hat gegen den am 28. September 2016 zugestellten Beschluss am 06. Oktober 2016 Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Der Arbeitgeberin wurde die Beschwerdebegründung am 13. Oktober 2016 zugestellt. Sie legte am 25. Oktober 2016 Anschlussbeschwerde ein und begründete diese gleichzeitig.
Der Betriebsrat ist der Ansicht, die Zahl der Beisitzer sei auf drei pro Seite festzusetzen, und beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 14. September 2016 - 3 BV 583/16 - zum Teil abzuändern und die Zahl der Beisitzer auf drei pro Seite festzusetzen,
die Anschlussbeschwerde zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgericht Frankfurt am Main vom 14. September 2016 - 3 BV 583716 - zum Teil abzuändern und die Anträge insgesamt zurückzuweisen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberin ist der Ansicht, es bestehe kein Mitbestimmungsrecht, und erhebt Einwände gegen die Person des Vorsitzenden.
II.
Die Beschwerde ist begründet. Die Anschlussbeschwerde ist dagegen nicht zulässig.
1. Die Anschlussbeschwerde ist zu verwerfen, da sie nicht statthaft ist. Allerdings ist die Einlegung einer Anschlussbeschwerde im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren grundsätzlich zulässig. Dies ergibt sich aus der Verweisungskette der §§ 87 Abs. 2, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit § 524 ZPO (vgl. etwa BAG 25. September 2012 - 1 ABR 49/11 - AP BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 129, zu B I 3; 14. September 2010 - 1 ABR 29/09 - BAGE 135/291, zu B I 1).
Dies bedarf im Einigungsstellenbestellungsverfahren nach § 100 ArbGG jedoch einer einschränkenden Auslegung. Zwar verweist § 100 Abs. 2 S. 3 ArbGG grundsätzlich einschränkungslos auf § 87 Abs. 2 ArbGG. Dies kann im Einigungsstellenbestellungsverfahren bezüglich der Möglichkeit der Anschlussbeschwerde indessen nicht gelten. Dieses Verfahren ist, wie insbesondere die für die erstinstanzliche Entscheidung geltenden extrem kurzen Fristen von § 100 Abs. 1 S. 6 ArbGG belegen, auf besondere Beschleunigung angelegt. Dieser Zweck verbietet es, einer Seite verfahrensrechtliche Möglichkeiten einzuräumen, die geeignet sind, das Verfahren zu Lasten des antragstellenden Beteiligten zu verzögern. Dies gilt nicht nur für das erstinstanzliche Verfahren, sondern gleichermaßen für das Beschwerdeverfahren. Ansonsten würden erstinstanzliche Beschleunigungseffekte im Beschwerdeverfahren wieder verloren gehen. Dementsprechend ist nach der Rechtsprechung der erkennenden Kammer die Stellung eines W...