keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingliederung. Leiharbeitnehmer. Austausch. Einstellung
Leitsatz (amtlich)
Die Eingliederung eines Leiharbeitnehmers in den Betrieb des Entleihers ist als Einstellung nach § 99 BetrVG mitbestimmungspflichtig, wenn der Verleiher einen bereits gemäß § 99 BetrVG eingestellten Arbeitnehmer austauscht. Dies gilt auch dann, wenn der Entleiher lediglich die Überlassung nach Qualifikation und Anzahl bestimmter Arbeitnehmer schuldet.
Normenkette
BetrVG § 99; AÜG § 14
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Beschluss vom 05.10.2006; Aktenzeichen 12 BV 21/05) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 05. Oktober 2006 – 12 BV 21/05 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen zum Teil abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Beteiligte zu 1) verpflichtet ist, den Beteiligten zu 2) beim Austausch von Leiharbeitnehmern durch den Verleiher während einer Verleihperiode bezüglich der neu eingegliederten Arbeitnehmer gemäß §§ 99, 100 BetrVG zu beteiligen.
Die Rechtsbeschwerde wird für die Beteiligte zu 1), nicht aber für den Beteiligten zu 2) zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über den Umfang der Mitbestimmungsrechte des zu 2) beteiligten Betriebsrats bei der Einstellung von Leiharbeitnehmern durch die zu 1) beteiligte Arbeitgeberin.
Die Arbeitgeberin betreibt eine Spedition und beschäftigt regelmäßig weit mehr als zwanzig Arbeitnehmer, die vom Betriebsrat repräsentiert werden. Die Arbeitgeberin beschäftigt neben der Stammbelegschaft eine wechselnde Anzahl von Leiharbeitnehmern, die sie von verschiedenen Verleihern jeweils für die Dauer eines Monats entleiht. Zu diesem Zweck fordert sie von den Verleihunternehmen für den jeweiligen Monat eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern mit einer bestimmten Qualifikation an. Wegen der niedrigen Anforderungen der Tätigkeiten legt die Arbeitgeberin keinen Wert auf die Identität der Arbeitnehmer. Vor der jeweiligen Einsatzperiode teilt sie dem Betriebsrat regelmäßig mit, dass sie beabsichtige, eine bestimmte Anzahl „von bis zu … Leiharbeitnehmern” bestimmter Verleiher in bestimmten Abteilungen etwa als Lagerarbeiter zu beschäftigen. Wegen des Inhalts dieser Unterrichtungsschreiben wird beispielhaft auf die den Anlass für die Einleitung des vorliegenden Verfahrens durch die Arbeitgeberin bildende Unterrichtung vom 28. November 2005 (Bl. 23 d.A.) Bezug genommen. Die Identität der Leiharbeitnehmer wird der Arbeitgeberin von den Verleihern mit dem Beginn von deren Einsatz bekannt gegeben. Jeweils zu Wochenbeginn erstellt die Arbeitgeberin eine Statistik über Name, Verleihfirma und Arbeitszeit der Leiharbeitnehmer, die sie an den Betriebsrat weiterleitet. Insoweit wird beispielhaft auf die Anlage 5 zum Schriftsatz vom 15. März 2006 (Bl. 74 – 76 d.A.) Bezug genommen. Zu Beginn ihres Einsatzes erhalten die Leiharbeitnehmer – überwiegend durch den stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Aktas – eine Unterweisung zum Thema Sicherheit und Gesundheit. Da die Verleihunternehmen nicht die Überlassung bestimmter Arbeitnehmer schulden, ist es regelmäßige Praxis, dass sie die überlassenen Arbeitnehmer während der Verleihperioden austauschen. In diesen Fällen beteiligt die Arbeitgeberin den Betriebsrat nicht nach § 99 BetrVG.
Da der Betriebsrat nach der Unterrichtung vor dem Beginn der Einstellungsperioden den Einstellungen widerspricht, leitet die Arbeitgeberin regelmäßig Zustimmungsersetzungsverfahren ein. So kündigte sie in der Antragsschrift des vorliegenden Verfahrens die Anträge an, die Zustimmung des Betriebsrats „zur Einstellung von bis zu 11 Arbeitnehmern in die Abteilung Übernahme/Umschlag in der Zeit vom 01.12.2005 bis 31.12.2005” zu ersetzen und festzustellen, dass deren vorläufige Einstellung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Die Anträge werden von den Beteiligten regelmäßig wegen Zeitablaufs für erledigt erklärt, so auch die Ausgangsanträge der Arbeitgeberin im vorliegenden Verfahren. In diesem macht der Betriebsrat widerklagend noch die Feststellung geltend, dass die Arbeitgeberin verpflichtet sei, ihm Namen, Geburtsdatum, Familienstand und Qualifikation der betreffenden Arbeitnehmer vor deren Einstellung mitzuteilen, und dass der Austausch einzelner Arbeitnehmer während der Überlassungsperiode nach § 99 BetrVG mitbestimmungspflichtig ist.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin sei zur Unterrichtung über die Personalien der Leiharbeitnehmer bereits vor deren Einstellung verpflichtet. Da die Identität einzustellender Arbeitnehmer für die Beurteilung des Vorliegens von Widerspruchsgründen relevant sei, laufe andernfalls sein Mitbestimmungsrecht gemäß §§ 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG, 99 BetrVG leer. Da auch Zeitarbeitsunternehmen eine Personalplanung durchführen müssten, sei es der Arbeitgeberin möglich, die erforderlichen Informationen rechtzeitig zu erlangen. In Hinblick auf die mitbestimmungsrechtliche Relevanz der Person der eingestellte...