Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassungsanspruch wegen grober Pflichtverletzung. allgemeiner Unterlassungsanspruch. Feststellungsantrag. Einstellung von Leiharbeitnehmern. Verpflichtung zur Mitteilung des Namens des einzustellenden Leiharbeitnehmers. Globalantrag
Leitsatz (amtlich)
Ein Unterlassungsantrag wegen grober Pflichtverletzung nach § 23 Abs. 3 B BetrVG kommt nicht in Betracht, wenn ein Arbeitgeber in einer ungeklärten Rechtsfrage nach einer vertretbaren Rechtsansicht handelt.
Bei der Frage, ob ein Arbeitgeber bei der Einstellung von Leiharbeitnehmern in jedem Fall den Namen des einzustellenden Leiharbeitnehmers gegenüber dem Betriebsrat im Rahmen des Zustimmungsverfahrens nach § 99 BetrVG bekannt geben muss, handelt es sich um eine derartige ungeklärte Rechtsfrage.
Kommt ein Arbeitgeber seiner Verpflichtung, den Namen des einzustellenden Leiharbeitnehmers dem Betriebsrat im Zustimmungsverfahren mitzuteilen, nur in bestimmten Fällen nicht nach, etwa, weil er ihn noch nicht kennt, kommt auch kein allgemeiner Unterlassungsanspruch in Betracht.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 3, §§ 99, 101; AÜG § 14; ArbGG § 85 Abs. 2; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Beschluss vom 17.02.2009; Aktenzeichen 5 BV 70/08) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 17.02.2009 – 5 BV 70/08 – wird zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 17.02.2009 – 5 BV 70/08 – abgeändert.
Die Anträge des Betriebsrats werden insgesamt abgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.
Tatbestand
A.
Die Beteiligten streiten um den Umfang des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei der Einstellung von Leiharbeitnehmern, insbesondere um die Verpflichtung zur Mitteilung des Namens des jeweils einzustellenden Leiharbeitnehmers.
Die Arbeitgeberin unterhält einen Betrieb in R1-W2, in dem Serienfahrzeuge in Wohnmobile umgebaut werden. In ihrem Betrieb beschäftigt sie ca. 180 Stammarbeitnehmer und ca. 50 bis 70 Leiharbeitnehmer.
Im Jahre 2006 wurde im Betrieb der Arbeitgeberin ein aus neun Personen bestehender Betriebsrat gewählt; zu diesem Zeitpunkt waren im Betrieb der Arbeitgeberin noch über 200 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Zahl der Stammarbeitnehmer sank seitdem.
Nachdem Anfang des Jahres 2008 ein Wechsel in der Unternehmensleitung erfolgt war, wurden zwischen den Beteiligten eine Vielzahl von Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht Bielefeld geführt, in denen es jeweils darum ging, dass die Arbeitgeberin die Ersetzung der verweigerten Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung von Leiharbeitnehmern beantragt hatte, wobei dem Betriebsrat der Name des jeweiligen Leiharbeitnehmers nicht mitgeteilt worden war. Diese Verfahren wurden von den Beteiligten jeweils für erledigt erklärt, da zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Bielefeld die Leiharbeitnehmer aus dem Betrieb der Arbeitgeberin ausgeschieden waren. Wegen der Einzelheiten der geführten Beschlussverfahren wird auf den Inhalt der Antragsschrift des Betriebsrates vom 26.09.2008 Bezug genommen.
Mit dem am 26.09.2008 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren verlangt der Betriebsrat nunmehr, der Arbeitgeberin aufzugeben, es zu unterlassen, in ihrem Betrieb Leiharbeitnehmer einzustellen, ohne vorher den Betriebsrat unter Nennung des Namens des Leiharbeitnehmers hierzu angehört zu haben. Hilfsweise begehrt er die Feststellung, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, ihm im Fall der Einstellung eines Leiharbeitnehmers den jeweiligen Namen im Rahmen der Anhörung nach § 99 BetrVG mitzuteilen.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass die Arbeitgeberin bei der beabsichtigten Einstellung von Leiharbeitnehmern jeweils zur Mitteilung des Namens des Leiharbeitnehmers verpflichtet sei, da der Betriebsrat andernfalls nicht überprüfen könne, inwiefern er unter Umständen nach § 99 Abs. 2 Nr. 6 BetrVG seine Zustimmung zu der beabsichtigten Einstellung eines Leiharbeitnehmers verweigern könne oder wolle. Die Arbeitgeberin habe in der Vergangenheit, wie die durchgeführten Beschlussverfahren gezeigt hätten, ihre Verpflichtung, den Namen des einzustellenden Leiharbeitnehmers mitzuteilen, grob missachtet. Die durchgeführten Beschlussverfahren zeigten, dass die Arbeitgeberin ihr Ziel, die Leiharbeitnehmer für eine bestimmte Zeit zu beschäftigen, trotz Missachtung ihrer Pflichten aus § 99 BetrVG erreicht habe. Die Zustimmungsverfahren nach den §§ 99, 101 BetrVG hätten insoweit keinen effektiven Rechtsschutz gewährleisten können.
Auch in der Folgezeit habe die Arbeitgeberin ihre Pflicht nach § 99 BetrVG, den Namen des einzustellenden Leiharbeitnehmers mitzuteilen, negiert. Insoweit liege eine grobe Pflichtverletzung seitens der Arbeitgeberin i. S. d. § 23 Abs. 3 BetrVG vor. Der Betriebsrat sei nicht in der Lage zu über...