Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulassung eines Wahlvorschlages zur Betriebsratswahl im Eilverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein wirksamer „Wahlvorschlag im Sinne des BetrVG” setzt eine räumlich-köperliche, gegen Trennung gesicherte Verbindung der Vorschlags- und der Stützunterschriftsliste zu einer einheitlichen Urkunde voraus.

2. Diese urkundliche Verbindung muß vom Leisten der ersten bis zur letzten Stützunterschrift bestehen bleiben.

3. An die Sicherung dieser Verbindung gegen Trennung sind zwar keine Übertriebenen Anforderungen zu stellen. Ein bloßes Zusammenheften beider Listen mithilfe von Metallheftklammern reicht allein nicht aus (a.A. wohl; LAG Baden-Württemberg, Beschl, v. 08.11.1976 – 1 a Ta BV 6/76 –) Hinzukommen muß eine Sicherheitsvorkehrung, die ein sonst leicht zu bewerkstelligendes, zeitweiliges und auf beiden Urkundstellen spurenloses Trennen derselben verhindert.

4. Es kann offen bleiben, ob ein betriebsverfassungsrechtlicher Folgebeseitigungsanspruch zur Durchsetzung von Individualrechten aus dem BetrVG gegenüber kurzlebigen und nicht rechtsfähigen Organen des BetrVG (hier: Wahlvorstand) anzuerkennen ist.

 

Normenkette

BetrVG § 14; WahlO z. BetrVG § 6; WahlO z. BetrVG § 7; WahlO z. BetrVG § 8; WahlO z. BetrVG § 9

 

Verfahrensgang

ArbG Marburg (Beschluss vom 06.03.1987; Aktenzeichen 2 BV Ga 14/87)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Marburg vom 06.03.1987 – 2 BV Ga 14/87 – abgeändert.

Der Antrag der Antragsteller wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten im Eilverfahren darüber, ob der Wahlvorstand und Antragsgegner (AGg.) auf Antrag einer Reihe von Arbeitnehmern und Listenbewerbern der sog. „Unabhängigen Arbeitnehmer-Liste” (ASt.) gerichtlicherseits anzuhalten ist, die vom Arbeitnehmer, Listenzweiten und Wahlbewerber B. H. am 16.2.1987 um 12.15 Uhr dem Wahlvorstand eingereichte Liste zur Betriebsratswahl am 18.3.1987 zuzulassen.

Wegen des hierzu erstinstanzlich vorgetragenen und ermittelten Streitstoffs wird – zugleich auch wegen der erstinstanzlich zuletzt von den Antragstellern gestellten Anträge – auf den tatbestandlichen Teil der Gründe des arbeitsgerichtlichen Beschlusses (Teil A = Bl. 31 R – 33 R d.A.) Bezug genommen (§ 543 ZPO).

Das Arbeitsgericht hat den letztgestellten Anträgen stattgegeben und festgestellt, daß der am 16.2.1987 durch Herrn H. eingereichte Wahlvorschlag zulässig sei und ferner dem AGg. aufgegeben, die Vorschlagliste „Unabhängige Arbeitnehmer-Liste” und die dort bezeichneten Arbeitnehmer an der Betriebsratswahl teilnehmen zu lassen.

Wegen der Einzelheiten der hierfür gegebenen Begründung wird auf Teil B des angefochtenen Beschlusses (Bl. 33 R – 37 d.A.) verwiesen.

Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt der AGg. sein auf Antragszurückweisung gerichtetes Verfahrensziel weiter. Er rügt vorab, die im Termin vor dem Arbeitsgericht vorgenommene Umstellung und Ergänzung des zunächst angebrachten Antrages sei eine Antragsänderung, auf deren förmliche Zustellung er nicht verzichtet habe und für die auch keine Abkürzung der Einlassungs- und Ladungsfrist angeordnet sei. Der Feststellungsantrag sei überdies unzulässig. Der zweite Antrag enthalte, soweit er die „Teilnahme” der in der „Unabhängigen Arbeitnehmer-Liste” (= UAL) bezeichneten Arbeitnehmer „zuzulassen” begehre, eine unzulässige Antragserweiterung. Beide Anträge seien überdies unbegründet. Erforderlich sei – entgegen der Ansicht des Erstgerichts – ein enger Urkundsbegriff bei Wahlvorschlägen, weshalb Unterschriften, die auf blanken Blättern geleistet seien, die dann erst später der Vorschlagsliste angeheftet werden bzw. werden können, unzulässig seien. Es sei auch nicht glaubhaft gemacht, daß 7 beiden losen Blätter (Unterschrifts- und Vorschlagsliste) immer zusammen im Umlauf gewesen seien. Das sei für die am 16.2.1987 nachgebrachte Unterschrift des Arbeitnehmers M., die auf einer Kopie der Unterschriftsliste nachgereicht sei, auch offensichtlich. Auch treffe den Wahlvorstand – entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts – kein Vorwurf, wenn erst am 17.2.1987 er um 10.00 Uhr den Wahlvorschlag der ASt. geprüft und zurückgewiesen habe. Der Wahlvorstandsvorsitzende habe die Bedeutung seiner Feststellung falsch eingeschätzt (Fehlerbehebung durch Nachfristsetzung). Ein Fehl verhalten des Wahlvorstandes mache aber den Wahlvorschlag selbst nicht zulässig. Allenfalls könne deswegen die Wahlangefochten werden.

Die ASt. bitten um Zurückweisung der Beschwerde. Sie verteidigen die Auffassung des Erstgerichts, die erstinstanzlich glaubhaft gemachte gleichzeitige Vorlage der UAL-Vorschlagliste und der Unterschriftsliste gewährleiste die erforderliche urkundliche Einheit.

Jedenfalls habe der Wahlvorstand gravierend gegen die Wahlordnung verstoßen, weil er den Wahlvorschlag Heit nicht unverzüglich geprüft habe. Hätte er insoweit rasch gehandelt, hätte selbst ein unheilbarer Mangel vor Ablauf der Einreichefrist (am 16.2.1987, 16.00 Uhr) noch geheilt werden können. Das gelte zuma...

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