Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahlvorschlagslisten
Leitsatz (amtlich)
1. Sind bei einem Wahlvorschlag zur Betriebsratswahl Namen, Reihenfolge und Unterschriften auf der Liste der Wahlbewerber identisch mit der gleichzeitig dem Wahlvorstand vorgelegten Liste der Unterstützer dieses Vorschlages, kann – ausnahmsweise – auf das Erfordernis einer festen körperlichen Verbindung beider Urkunden verzichtet werden.
2. Ist in der Endphase der Einreichefrist für Wahlvorschläge kein ordentliches Wahlvorstandsmitglied für die Belegschaftsangehörigen am im Wahlausschreiben genannten Ansprechort des Wahlvorstandes erreichbar, kann der Wahlvorstand sich nicht ohne weiteres darauf berufen, er habe bei seiner Prüfung und Entscheidung über Wahlvorschläge die Frist von zwei Arbeitstagen (§ 7 Abs. 2 Satz 2 WO BetrVG eingehalten.
3. Wahlvorstandsmitgliedern, die zugleich Wahlbewerber sind, obliegt, gegenüber ihren Mitbewerbern eine besondere Fairness- und Sorgfaltspflicht. Jedenfalls muß der Wahlvorstand grundsätzlich schon den Anschein vermeiden, er beeinflusse seinerseits durch”Verhindern” von Wahlvorschlägen den Wahlausgang.
Normenkette
WO BetrVG § 7
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Beschluss vom 07.12.1995; Aktenzeichen 7 BVGa 24/95) |
Tenor
In Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 07.12.1995 – 7 BVGa 24/95 – wird auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 19) dem Wahlvorstand (Bet. zu 20) im Wege einer einstweiligen Verfügung aufgegeben, die am 16. November 1995 eingereichte Liste mit 19 Wahlbewerbern (den Antragstellern) zur bislang für den 2.–5.1.1996 vorgesehenen Betriebsratswahl, die entsprechend zeitlich zu verschieben ist, zuzulassen.
Gegen diese Entscheidung findet kein Rechtsmittel statt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Zulassung eines Wahlvorschlages der Beteiligten zu 1) bis 19) (Antragsteller = ASt.) zur bislang für den 02. – 05.01.1996 vorgesehenen Betriebsratswahl im Betrieb der Beteiligten zu 21) (Arbeitgeberin).
Mit Wahlausschreiben vom 03.11.1995 setzte der Wahlvorstand (Beteiligter zu 20) die Frist für das Einreichen von Wahlvorschlägen auf den 17.11.1995 (18.30 Uhr) fest (Bl. 20 d. A.).
Die Beteiligten zu 1) bis 19) benannten sich sämtlich als Kanditaten für die Betriebsratswahl, wobei Frau … (Beteiligte zu 1) als Listenvertreterin auftrat (Bl. 22 d. A.). Zu diesem schriftlichen Wahlvorschlag (I) erstellten die Beteiligten zu 1) bis 19) eine Liste der Unterstützer dieses Wahlvorschlages, die ihre Namen sämtlich in gleicher Reihenfolge wiedergibt. Die Unterstützungsunterschriften auf dieser Liste (II) (Bl. 23 d. A.) sind identisch mit denen auf Liste I, wobei die Beteiligte zu 9 (Frau …) ihre beiden Unterschriften farblich unterschiedlich geleistet hat (auf Liste I: hellblaue Schrift; auf Liste II: dunkelblaue Schrift) (Bl. 80, 81 d. A.).
Die Listenvertreterin, Frau …, fand am 15.11.1995 das Büro des Wahlvorstandes unbesetzt vor. Nachdem sie auch am 16.11.1995 im mit dem Betriebsratsbüro identischen Büro des Wahlvorstandes kein Mitglied desselben antreffen und ihm den Wahlvorschlag übergeben konnte, erfuhr sie im Betriebsratssekretariat, daß der amtierende Betriebsratsvorsitzende und Vorsitzende des Wahlvorstandes, Herr …, wegen Komplikationen im Zusammenhang mit der Geburt seines Kindes am 16.11.1995 Sonderurlaub habe. Das weitere Wahlvorstandsmitglied … befinde sich für die Zeit vom 13.11.1995 bis 17.11.1995 in einem Betriebsräteseminar in Fürth/Odw. Das dritte Wahlvorstandsmitglied … sei bis einschließlich 18.11.1995 arbeitsunfähig krank geschrieben.
Sie übergab daraufhin die beiden Listen dem Ersatzwahlvorstandsmitglied Frau …. Diese quittierte den Empfang unterschriftlich auf Liste II mit „entgegengenommen 16.11.1995, 11.40 Uhr” (Bl. 75 d. A.).
Beiden Listen wiesen zu diesem Zeitpunkt keine feste Verbindung auf.
Der Wahlvorstand trat 20 Minuten nach Ablauf der Einreichefrist am 17.11.1995 (um 18.50 Uhr) zusammen und wies mit Schreiben vom gleichen Tage die eingereichte Vorschlagsliste der Beteiligten zu 1) bis 19) mit der Begründung zurück, die Wahlvorschlagsliste und die Liste der Stützunterschriften bildeten keine zusammenhängende Urkunde mit der Folge, daß der Wahlvorschlag unheilbar ungültig sei (Bl. 27 d. A.).
Mit Antrag auf Erlaß einer entsprechenden einstweiligen Verfügung vom 23.11.1995 haben die Antragsteller sinngemäß begehrt, den Wahlvorstand zu verpflichten, sie als Wahlbewerber zur Betriebsratswahl zuzulassen.
Das Arbeitsgericht hat diesem Antrag mit Beschluß vom 07.12.1995, für dessen Begründung auf Bl. 42 – 45 s. A. verwiesen wird, den Erfolg versagt.
Hiergegen wenden sich die Beteiligten zu 1) bis 19 mit der am 18.12.1995 beim Hess. Landesarbeitsgericht eingereichten Beschwerde. Sie meinen, im Streitfall sei jedenfalls – entgegen der Ansicht des Erstgerichts – nicht entscheidend, daß beide Listen nicht fest miteinander verbunden gewesen seien.
Die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 21) hat sich der Beschwerde angeschlossen (Bl. 75 d. A.).
Der Wahlvorstand beantragt Besc...