Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung. Folgekündigungen. Streitwert. Streitgegenstandswert bei Folgekündigung. Begrenzung des Zeitraums für Folgekündigung. Veränderung des Beendigungszeitpunkts durch Folgekündigung und Streitgegenstandswert
Leitsatz (amtlich)
An der bisherigen Bewertung der Folgekündigung innerhalb eines Zeitraums von 6 Monaten mit einem Bruttogehalt wird nicht mehr festgehalten.
Unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung führt eine Folgekündigung ohne Veränderung des Beendigungszeitpunkts nicht mehr zu einer Erhöhung des Streitgegenstandes. Erst bei Folgekündigungen, die zu einer Veränderung des Beendigungszeitpunktes führen, ist in der Regel die Entgeltdifferenz zwischen den verschiedenen Beendigungszeitpunkten gedeckelt durch den Betrag der Vergütung für ein Vierteljahr (§ 42 Abs. 2 S. 1 GKG n.F) als Wert in Ansatz zu bringen.
Normenkette
GKG § 42
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Entscheidung vom 22.04.2013; Aktenzeichen 6 Ca 351/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägervertreters wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 22. April 2013 - 6 Ca 351/12 - aufgehoben.
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit gemäß § 33 RVG wird
für das Verfahren auf € 7.616,10
für den Vergleich auf € 10.154,80
festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Klägervertreter haben die hälftige Beschwerdegebühr zu tragen.
Gründe
I.
Die Beschwerde des Klägervertreters hat nur zum Teil Erfolg.
Im Streit stand eine Folgekündigung im Sinne der ständigen Kammerrechtsprechung, d.h. eine weitere Kündigung im Zeitraum von sechs Monaten nach der vorausgegangenen Kündigung. Die erste Kündigung vom 28. März 2012, die Gegenstand eines anderen Rechtsstreits war, war zum 30. Juni 2012 und die hiesige streitgegenständliche Kündigung vom 12. Juli 2012 zum 31. Oktober 2012 ausgesprochen worden.
Im Termin vom 21. März 2013 schlossen die Parteien einen Vergleich mit dem sich aus Bl. 67 d.A. ergebenden Inhalt. Auf Antrag des Klägervertreters setzte das Arbeitsgericht - nach vorheriger Anhörung des Klägervertreter und der Klägerin - den Gegenstandswert für das Verfahren und den Vergleich durch Beschluss vom 22. April 2013 fest. Gegen diesen Beschluss hat der Klägervertreter mit einem am 10. Mai 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz (Bl. 80 f. d.A.) Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 23. Mai 2013 (Bl. 83 d.A.) nicht abgeholfen hat. Wegen der Beschwerdebegründung wird auf die Ausführungen in der Beschwerdeschrift und wegen der Begründung des Nichtabhilfebeschlusses auf Bl. 83 d.A. verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde des Klägervertreters ist nur zum Teil begründet.
Die Beschwerde hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Höhe des Verfahrensstreitwerts richtet. Der Klageantrag ist mit dem Betrag von € 7.616,10 zu bemessen, der dem dreifachen monatlichen Bruttogehalt der Klägerin entspricht.
Das Beschwerdegericht hält insoweit nicht mehr an seiner Rechtsprechung zur Bewertung von Folgekündigungen fest. Nach dieser war bei Mehrfachkündigungen nur die erste Kündigung mit den Wert nach § 42 Abs. 2 S. 1 GKG n.F (= § 42 Abs. 3 S. 1 GKG a.F.) zu bemessen und für Folgekündigung, dh. weitere Kündigungen, die in einem Zeitraum von sechs Monaten ausgesprochen worden waren, regelmäßig nur jeweils ein Bruttogehalt in Ansatz zu bringen (vgl. Hess. LAG vom 19. November 2011 - 2 Ta 219/11). Auch dieser Grundsatz galt allerdings nur, solange gleichzeitig mehrere Kündigungen im Streit standen (vgl. Hess. LAG vom 20. Juni 2004 - 15 Ta 573/03, NZA-RR 2004, 432).
An dieser Auffassung hält das Beschwerdegericht nicht mehr fest. Bestand das Arbeitsverhältnis mehr als 6 Monate, bemisst sich der Gegenstandswert bei mehreren Kündigungen nach folgenden Grundsätzen:
Für eine angegriffene Folgekündigung, die zu keiner Veränderung des Beendigungszeitpunktes des Arbeitsverhältnisses führt, erfolgt keine Erhöhung des Gegenstandswertes, unabhängig von der Frage, ob die Kündigungen in einem oder mehreren Verfahren angegriffenen werden. Ggf. hat eine Quotelung des nach § 42 Abs. 2 S. 1 GKG n.F. ermittelten Gegenstandswertes auf die einzelnen Verfahren zu erfolgen.
Führt die angegriffene Folgekündigung zu einer Veränderung des Beendigungszeitpunktes, ist in der Regel (Ausnahme: z.B. Trotzkündigung/en) die Entgeltdifferenz zwischen den verschiedenen Beendigungszeitpunkten, maximal jedoch die Vergütung für ein Vierteljahr für jede Folgekündigung als anzusetzen. Insoweit folgt das Beschwerdegericht den Empfehlungen der Streitwertkommission zur Vereinheitlichung der Streitwerte in Arbeitsgerichtsverfahren (vgl. dazu Bader/Jörchel, NZA 2013, mit dem dort abgedruckten Streitwertkatalog, hier zu A. I. Nr. 19).
Unter Beachtung der nunmehrigen Auffassung zur Bewertung von Folgekündigungen bemisst sich der Wert für das Verfahren auf € 7.616,10, was dem Vierteljahreseinkommen der Klägerin entspricht. Die Folgekündigung sollte zu einer Veränderung des Beendigungszeitpunktes des Arbeitsverhältnisses von 4 Monaten führen.
Die Beschwerde ha...