Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Entscheidung des Betriebsrats über die Entsendung eines seiner Mitglieder zu einer Schulungsveranstaltung. Wirksamkeit einer Entsendung durch Beschluss des Personalausschusses
Leitsatz (amtlich)
1. Der Beschluss des Betriebsrats über die Entsendung eines seiner Mitglieder zu einer Schulungsveranstaltung ist vom Betriebsrat als Gremium zu fassen. Eine Entsendung durch Beschluss des Personalausschusses, dem nach der Geschäftsordnung des Betriebsrats die personellen Angelegenheiten übertragen sind, ist unwirksam.
2. Über die Entsendung entscheidet der Betriebsrat durch Mehrheitsbeschluss. Ein Minderheitenschutz besteht insoweit nicht.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 6, § 40 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 18.06.2020; Aktenzeichen 26 BV 559/20) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Juni 2020 – 26 BV 559/20 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Freistellung des Betriebsrats von Schulungskosten.
Antragsteller ist der im Betrieb des Arbeitgebers (Beteiligte zu 2), einem Unternehmen auf dem Gebiet des Luftfahrt-Catering, gebildete, aus 15 Mitgliedern bestehende Betriebsrat, dem die Beteiligten zu 3 und 4 angehören.
Vom 14. bis 15. März 2019 fand wegen bevorstehender Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen eine Inhouseschulung des Betriebsrats zum Thema „Sozialplan und Interessenausgleich“ statt. Hierfür waren 8 Betriebsratsmitglieder angemeldet, von denen tatsächlich 7 an der Schulung teilnahmen.
Der Personalausschuss des Betriebsrats beschloss am 21. Juni 2019 (Bl. 31f der Akte), die Beteiligten zu 3 und 4 zu einer vom selben Veranstalter angebotenen Schulung in A vom 23. Juli bis 26. Juli 2019 zu entsenden. Nach der Geschäftsordnung des Betriebsrats ist der Personalausschuss für sämtliche personellen Angelegenheiten zuständig. Der Arbeitgeber lehnte die Schulungsteilnahme ab. Die Beteiligten zu 3 und 4 nahmen gleichwohl daran teil. Mit Rechnung vom 24. Juli 2019 (Bl. 113 der Akte) stellte der Schulungsveranstalter dem Betriebsrat hierfür insgesamt 3893,68 € in Rechnung. Hiervon begehrt der Betriebsrat die Freistellung vom Arbeitgeber.
Hinsichtlich der Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss unter I. der Gründe (Bl. 53-55 der Akte) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Ausführungen im Beschluss unter II. (Bl. 56-59 der Akte) verwiesen.
Dieser Beschluss wurde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats am 26. Juni 2020 zugestellt, die dagegen am 15. Juli 2020 Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis 25. September 2020 am 22. September 2020 begründet hat.
Der Betriebsrat rügt, das Arbeitsgericht sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass die Beteiligten zu 3 und 4 an der Inhouse Schulung zum gleichen Thema hätten teilnehmen können. Der Arbeitgeber habe genau dies verhindert. Er habe nicht nur die Anzahl der Teilnehmer an dieser Veranstaltung beschränkt, sondern ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er für Mitglieder der Liste „B“ keine Schulungskosten übernehmen werde. Die Teilnahme an der streitgegenständlichen Schulung sei für die Beteiligten zu 3 und 4 erforderlich gewesen. Ein konkreter betrieblicher Anlass habe auch noch im Juli 2019 bestanden. Das Wissen zum Thema „Interessenausgleich und Sozialplan“ sei für alle Betriebsratsmitglieder erforderlich. Zwar seien die Beteiligten zu 3 und 4 nicht Teil der Verhandlungskommission gewesen. Dennoch müssten sie die Verhandlungen aktiv begleiten und Zwischenergebnisse beurteilen, um eigene Positionen und Forderungen aufstellen zu können sowie um ein erzieltes Verhandlungsergebnis zu beurteilen. Der Liste der „B“ stehe Minderheitenschutz zu. Im Übrigen sei eine Wissensvermittlung im Gremium schwer möglich.
Der Betriebsrat beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Juni 2020 -26 BV 559/19- abzuändern und
dem Arbeitgeber aufzugeben, den Betriebsrat von der Kostenrechnung der C vom 24. Juli 2019 mit der Kostenrechnungsnr. xxxxxxxxi.H.v. 3893,68 € brutto wegen der Teilnahme der Betriebsratsmitglieder D und E an der Schulung „Sozialplan und Interessenausgleich aktiv gestalten und verhandeln“ in der Zeit vom 23. Juli 2019 bis 26. Juli 2019 in A freizustellen.
Der Arbeitgeber beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Arbeitgeber ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe den Antrag zu Recht zurückgewiesen. Herr F habe zu keinem Zeitpunkt die Teilnahme der Beteiligten zu 3 und 4 an der Inouseschulung abgelehnt. Bei dem Seminar habe es sich um eine Spezialschulung gehandelt. Die Beteiligten zu 3 und 4 hätten dieses Wissen nicht benötigt, da sie nicht Teil der Verhandlungsgruppe des Betriebsrats waren. ...