Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütungscharakter eines Anspruchs auf Privatnutzung eines Dienstwagens. Entscheidung über Gewährung eines Dienstwagens im Urteilsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch eines Betriebsratsmitglieds auf Zurverfügungstellung eines Dienstwagens auch zur privaten Nutzung hat Vergütungscharakter und ist deshalb im Urteilsverfahren geltend zu machen (im Anschluss an BAG 12. Juni 2018 -9 AZB 9/18).

 

Normenkette

ArbGG § 48 Abs. 1; GVG § 17a Abs. 4 S. 3; ArbGG § 2; BetrVG §§ 37-38

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Beschluss vom 28.10.2019; Aktenzeichen 8 BV 10/19)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 28. Oktober 2019 – 8 BV 10/19 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten über die statthafte Verfahrensart.

Der Antragsteller, freigestellter Betriebsratsvorsitzender des im Unternehmen des Arbeitgebers (Beteiligter zu 2) gebildeten Betriebsrats (Beteiligter zu 3) begehrt die Zurverfügungstellung eines Dienstwagens auch zu privaten Zwecken.

Der Antragsteller, dem bislang ein Dienstwagen überlassen war, erhielt von Arbeitgeber eine Mitteilung vom 16. Mai 2019 (Bl. 6 f. der Akte), nach der ihm (künftig) kein Dienstwagen zur privaten Nutzung mehr zur Verfügung gestellt wird. Mit einem am 4. Juni 2019 beim Arbeitsgericht eingegangenen Anwaltsschriftsatz begehrt der Antragsteller die Zurverfügungstellung eines Dienstfahrzeugs auch zur privaten Nutzung.

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 28. Oktober 2019 (Bl. 169 ff. der Akte) entschieden, dass das Beschlussverfahren nicht die statthafte Verfahrensart ist und das Verfahren in das Urteilsverfahren verwiesen. Dieser Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 5. November 2019 zugestellt, der dagegen am 15. November 2019 sofortige Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet hat.

Der Antragsteller ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe verkannt, dass es im Gegensatz zu der vom Arbeitsgericht herangezogenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Juni 2018 -9 AZB/18 - hier nicht um Arbeitsentgelt für die durch Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben ausgefallene berufliche Tätigkeit im Sinne des § 37 Abs. 2 BetrVG und auch nicht für den nach dem Lohnausfallprinzip zu berechnenden Vergütungsanspruch des Antragstellers als freigestellten Betriebsratsmitglied nach § 38 BetrVG geht. Vielmehr stritten die Beteiligten darüber, ob dem Antragsteller ein Dienstwagen einschließlich der privaten Nutzung zusteht, wenn er als Betriebsrat aufgrund der in seinem Amt zurückgelegten Kilometerleistungen die Voraussetzungen für die Zurverfügungstellung eines Dienstwagens erfüllt. Das vorliegende Verfahren sei durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass der Antragsteller tatsächlich auch nach § 37 Abs. 2 BetrVG einen Anspruch hätte, weil er in seiner letzten arbeitsvertraglichen Tätigkeit die Voraussetzungen für die Gewährung eines Dienstwagens erfüllte. Hierauf werde der Antrag jedoch nicht gestützt. Entscheidend sei, dass der Antragsteller in seiner Funktion als Betriebsratsmitglied die Voraussetzungen für die Gewährung eines Dienstwagens erfülle, was der Arbeitgeber mit der Begründung in Abrede stelle, dies bedeute eine Privilegierung als Betriebsratsmitglied. Dieser Streit gehöre ins arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren. Das Arbeitsgericht meine offenbar, jeder Anspruch eines Betriebsratsmitglieds sei im Urteilsverfahren auszutragen, sofern er Geld wert ist. Dies treffe jedoch nicht zu. Für den Aufwendungsersatzanspruch einzelner Betriebsratsmitglieder sei anerkannt, dass dieser im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren geltend zu machen sei. Als Annex hierzu stelle sich die Frage, ob das Betriebsratsmitglied einen ihm zur Verfügung zu stellenden Dienstwagen auch privat nutzen dürfe. Insbesondere in seiner Entscheidung vom 4. Dezember 2013-7 ABR 7/12-lege das Bundesarbeitsgericht überzeugend dar, dass selbst die höchstpersönliche Natur eines Anspruchs einer Entscheidung im Beschlussverfahren nicht entgegenstehe.

Der Arbeitgeber ist der Auffassung, statthaft sei das Urteilsverfahren. Die Privatnutzung eines Dienstwagens sei ein Vergütungsbestandteil.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, § 17a Abs. 4 S. 3 GVG, § 48 Abs. 1, § 78 ArbGG, § 567 Abs. 1 ZPO. Die 2wöchige Beschwerdefrist ist eingehalten.

Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass das Urteilsverfahren die statthafte Verfahrensart ist.

1. Die Verfahrensart, in der ein Rechtsstreit vor den Gerichten für Arbeitssachen zu entscheiden ist, bestimmt sich nach § 2 und § 2a ArbGG. In den in § 2 ArbGG geregelten Arbeitssachen findet das Urteilsverfahren statt (§ 2 Abs. 5 ArbGG), während über die in § 2a ArbGG genannten Arbeitssachen im Beschlussverfahren zu befinden ist. Dem arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren sind ua. bürgerliche Rechtsstreitigkeiten ...

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