keine Angaben zur Anfechtbarkeit

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Diskriminierung. Alter. Altersgrenze. Einstellungshöchstgrenze

 

Leitsatz (amtlich)

Die Einstellungshöchstgrenze von 32 Jahren und 364 Tagen für außerhalb des Lufthansakonzerns ausgebildete Piloten von § 4 I Satz 2 TV Auswahlrichtlinien vom 18. Dezember 2006 diskriminiert ältere Bewerber ungerechtfertigt wegen ihres Alters und ist daher nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam.

 

Normenkette

AGG 1; AGG 7; AGG 8; AGG 10; TV Auswahlrichtlinien 4

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 30.04.2008; Aktenzeichen 14 BV 36/08)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 30. April 2008 – 14 BV 36/08 – wird insgesamt zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten über eine Einstellung.

Die antragstellende Arbeitgeberin ist ein zum A-Konzern gehörendes Luftfrachtunternehmen. Ihr fliegendes Personal wird von der zu 2) beteiligten Personalvertretung repräsentiert, die auf der Grundlage des gemäß § 117 Abs. 2 BetrVG zwischen der Arbeitgeberin und der Deutschen Angestelltengewerkschaft geschlossenen Tarifvertrages Personalvertretung GCS vom 01. Februar 1993 (TV PV GCS, siehe Bl. 29 – 44 d.A.) gebildet wurde.

Die Konzernunternehmen decken ihren Pilotenbedarf durch im Konzern ausgebildete Nachwuchsflugzeugführer (sog. NFF) ab. Soweit diese für die benötigte Kapazität nicht ausreichen, werden sog. „Ready Entries” (RE) eingestellt. Die als RE eingestellten Piloten verfügen über eine bei einem anderen Luftfahrtunternehmen abgeschlossene Flugzeugführerausbildung sowie in unterschiedlichem Umfang über Flugerfahrung in fremden Fluggesellschaften. Die Arbeitgeberin unterzieht sie vor der Einstellung dem sog. DLR-Test, der aus einem dreistufigen Auswahlprozess besteht. Die erste Stufe umfasst eine Grunduntersuchung der von der Arbeitgeberin als notwendig betrachteten Kenntnisse und Fähigkeiten. Weiter wird die Adaptionsfähigkeit der Bewerber an die im Konzern üblichen speziellen Verfahren und Arbeitsweisen überprüft. Darauf schließt sich ein Simulator-Screening an, in dem die fliegerischen Fähigkeiten der Piloten und deren Anpassung an die im Konzern üblichen Prinzipien der Tätigkeit im Cockpit beobachtet werden. Nach der Einstellung müssen die RE das „Type Rating”, d.h. die Musterberechtigung, erwerben und sich einer Einweisung unterziehen. Im nationalen und internationalen Luftfahrtsicherheitsrecht ist neben der allgemeinen Altershöchstgrenze für Piloten gemäß 1.060 JAR-FCL1 eine zusätzliche spezielle Höchstaltersgrenze für den Wechsel von Piloten zwischen verschiedenen Fluggesellschaften nicht vorgesehen. Bei zahlreichen Luftfahrtunternehmen bestehen dafür auch keine internen Altersgrenzen, etwa bei B und C. Im Konzern der Arbeitgeberin absolviert ein erheblicher Teil der Copiloten nicht die Förderung zum Kapitän und ist demzufolge bis zur Beendigung der Pilotenlaufbahn als Copilot tätig.

Die Beteiligten schlossen am 12. Oktober 1999 die Betriebsvereinbarung „Auswahlrichtlinien für die personelle Auswahl bei der Einstellung von Verkehrsflugzeugführern” (nachfolgend BV), in deren § 3 Einstellungsvoraussetzungen für RE geregelt wurden. Gemäß § 3 Nr. 6 BV betrug das Höchstalter bei der Einstellung 32 Jahre und 364 Tage. Wegen des vollständigen Inhalts der BV wird auf die Anlage zur Antragsschrift (Bl. 16 – 18 d.A.) Bezug genommen. Die Muttergesellschaft der Arbeitgeberin schloss am 07. Februar 2003 mit der ihr fliegendes Personal vertretenden Gesamtvertretung die Betriebsvereinbarung „Auswahlrichtlinien für die personelle Auswahl bei der

Auswahl von Flugzeugführern bei der E” (BV Auswahlrichtlinien). Diese enthält u.a. folgende Regelungen:

㤠1 Geltungsbereich

Diese Betriebsvereinbarung regelt die personelle Auswahl von künftigen Flugzeugführern der E Passage Airline.

§ 2 Grundsätze zur Einstellung von Flugzeugführern bei E

I. E deckt den Pilotenbedarf grundsätzlich durch Nachwuchsflugzeugführer ab, die an der Verkehrsfliegerschule der D GmbH (LFT) geschult werden (= ab initio – geschulte NFF).

III. Wird der personelle Bedarf nicht gemäß Absatz 1 gedeckt, kann E Flugzeugführer mit Lizenzen (Ready Entry) einstellen.

§ 3 Einstellungsvoraussetzungen für NFF

I. Personenbezogene Einstellungsvoraussetzungen

1. Deutsche Staatsangehörigkeit oder Staatsangehörigkeit eines EU-Landes oder eine Aufenthaltsberechtigung oder eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis für die BRD. Zudem muss der Bewerber im Besitz eines uneingeschränkten Reisepasses sein.

2. Körpergröße: 1,65 – 1,95 m

3. Nachweis der allgemeinen oder fachgebundenen Hochschulreife als Schulabschluss. Bewerber, die keinen Abschluss einer deutschen Schule haben, müssen anhand einer entsprechenden Bescheinigung nachweisen, dass das ausländische Zeugnis der allgemeinen oder fachgebundenen Hochschulreife entspricht und zum Studium an einer deutschen Hochschule berechtigt.

4. Beherrschung der deutschen und englischen Sprache in Wort und Schrif...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?