Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Antrags des Gesamtbetriebsrats auf Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses durch den Arbeitgeber
Leitsatz (amtlich)
1. Der Gesamtbetriebsrat ist im Verfahren nach § 23 Absatz 3 BetrVG antragsbefugt, soweit seine Zuständigkeit in Betracht kommt.
2. Der Antrag ist jedoch, soweit er sich auf die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Wirtschaftsausschusses bezieht, unzulässig, wenn nicht zuvor das in § 109 BetrVG vorgesehene Verfahren durchgeführt wurde.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 26.11.2019; Aktenzeichen 24 BV 379/19) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. November 2019 – 24 BV 379/19 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten in einem Verfahren nach § 23 Abs. 3 S. 1 BetrVG über die Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber dem Gesamtbetriebsrat, den Wirtschaftsausschuss zu unterrichten.
Antragsteller ist der in dem Unternehmen des Arbeitgebers (Beteiligter zu 2) gebildete Gesamtbetriebsrat.
Im Sommer 2018 verkaufte der Arbeitgeber eine Tochtergesellschaft an ein anderes Unternehmen, ohne den bei ihm gebildeten Wirtschaftsausschuss vorab hierüber zu informieren. Am 11. April 2019 erwarb die A die Geschäftsanteile an der B, der Muttergesellschaft des Arbeitgebers, wiederum ohne dass der Arbeitgeber den Wirtschaftsausschuss informiert hatte.
Im Hinblick darauf leitete der Gesamtbetriebsrat das streitgegenständliche Beschlussverfahren ein.
Hinsichtlich der Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss unter A. der Gründe (Bl. 165-169 der Akte) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge zurückgewiesen, weil der Gesamtbetriebsrat für Verfahren nach § 23 Abs. 3 S. 1 BetrVG nicht antragsbefugt sei. Wegen der Einzelheiten der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Ausführungen unter B. der Gründe (Bl. 169, 170 der Akte) verwiesen.
Dieser Beschluss wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Gesamtbetriebsrats am 7. Januar 2020 zugestellt, der dagegen am 3. Februar 2020 Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis 30. März 2020 am 30. März 2020 begründet hat.
Der Gesamtbetriebsrat ist der Auffassung, er sei antragsbefugt, weil er eigene Rechte geltend mache. Der Gesamtbetriebsrat sei ein neben den einzelnen Betriebsräten stehendes selbstständiges betriebsverfassungsrechtliches Organ. § 51 Abs. 5 BetrVG stelle klar, dass die Rechte und Pflichten des Betriebsrats entsprechend für den Gesamtbetriebsrat gelten. Hieraus folge dessen Antragsberechtigung im Rahmen des § 23 Abs. 3 BetrVG. Die vom Arbeitsgericht zitierte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15. August 1978 sei nicht einschlägig, da sie die Antragsberechtigung der Jugendvertretung im Verfahren nach § 23 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz betreffe. Auch der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 16. November 2004 betreffe einen anderen Sachverhalt. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Gesamtbetriebsrat nach § 107 Abs. 2 S. 2 BetrVG die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses bestimme. Hieraus folge, dass der Wirtschaftsausschuss ein Hilfsorgan des Gesamtbetriebsrats ist und Letzterer Inhaber der Ansprüche des Wirtschaftsausschusses ist.
Der Gesamtbetriebsrat beantragt,
1. den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. November 2019 -24 BV 379/19- abzuändern und
2. die Beteiligte zu 2 zu verpflichten, den in ihrem Betrieb gebildeten Wirtschaftsausschuss unaufgefordert über Übernahmen und Veräußerungen von Geschäftsanteilen der B mit möglichen Auswirkungen auf die künftige Geschäftstätigkeit sowie auf die Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2 zu unterrichten, soweit dadurch nicht Betriebs-und Geschäftsgeheimnisse gefährdet werden, wobei
a) die Unterrichtung vor Abschluss der Planung und vor einer Entscheidung über Übernahmen und Veräußerungen von Geschäftsanteilen der B und
b) unter Vorlage aller der B zur Verfügung stehenden Informationen und Unterlagen, auf denen die Planung beruht,
zu erfolgen hat;
Hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 2,
die Beteiligte zu 2 zu verpflichten, es zu unterlassen, Entscheidungen über Übernahmen und Veräußerungen von Gesellschaftsanteilen der B mit möglichen Auswirkungen auf die künftige Geschäftstätigkeit und sowie auf die Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2 zu treffen, ohne zuvor den im Unternehmen gebildeten Wirtschaftsausschuss zu unterrichten, soweit dadurch nicht Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse gefährdet werden, wobei
a) die Unterrichtung vor Abschluss der Planung und vor einer Entscheidung über Übernahmen und Veräußerungen von Geschäftsanteilen der B und
b) unter Vorlage aller der B zur Verfügung stehenden Informationen und Unterlagen, auf denen die Planung beruht,
zu erfolgen ha...