Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung von Ratenzahlung. Aufhebung der Bewilligung
Leitsatz (amtlich)
1) Es ist rechtswidrig, wenn die Rechtspflegerin oder der Rechtspfleger gegenüber einer Partei der in mehreren Rechtsstreiten Prozesskostenhilfe bewilligt war, für diese Rechtsstreite zusammen die Zahlung von Raten in bestimmter Höhe durch einen Beschluss anordnet; vielmehr ist der sich aus § 115 Abs. 1 Satz 4 ZPO ergebende Ratenbetrag auf die Rechtsstreite ihrem Streitwert nach verhältnismäßig aufzuteilen und für jeden gesondert festzusetzen.
2) Unterhaltszahlungen für Kinder durch einen Ehegatten sind kein Einkommen des anderen Ehegatten.
Normenkette
ZPO §§ 114, 115 Abs. 1, § 120 Abs. 4, § 124 Nr. 4, § 127 Abs. 2, 4, §§ 567, 569; RPfG § 11 Abs. 1 lit. c, Abs. 20 Nr. 4 lit. c; ArbGG § 11a Abs. 3, 78
Verfahrensgang
ArbG Gießen (Beschluss vom 04.12.2000; Aktenzeichen 4 Ca 369/99) |
Tenor
Auf die Beschwerden der Klägerin vom 20. Februar 2001 und vom 27. Juni 2001 werden dieBeschlüsse des Rechtspflegers des Arbeitsgerichts Gießen vom 04. Dezember 2000 und vom 29. Mai 2001, soweit sie den Rechtsstreit 4 Ca 369/99 betreffen, aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand
I.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten den vorliegenden Kündigungsschutzprozess und den weiteren Zahlungsprozess – 4 Ca 80/00 ArbG Gießen – geführt. In diesem Rechtsstreit ist der Klägerin mit Beschluss der Vorsitzenden des Arbeitsgerichts vom 08. Dezember 1999, in jenem durch Beschluss vom 31. März 2000, Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung gewährt worden und ihr in beiden Rechtsstreiten der Rechtsanwalt M. in A. beigeordnet worden. Nach Beendigung beider Rechtsstreite durch gerichtliche Vergleiche, in diesem Rechtsstreit vom 19. November 1999, hat der beigeordnete Rechtsanwalt in dieser Sache 1.595,00 DM (Bl. B-19 d. A.) und in der Sache 4 Ca 80/00 777,20 DM an Vergütung aus der Landeskasse erhalten. Auf Aufforderung des Rechtspflegers für beide Rechtsstreite hat die Klägerin unter dem 10. November 2000 eine neue „Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse” nebst Belegen abgegeben (Bl. B-24 bis B-32 d. A.), auf die hin der Rechtspfleger aufgrund seiner Berechnung Bl. B-34 d. A. mit Beschluss vom 04. Dezember 2000 für beide Rechtsstreite gemeinsam von der Klägerin zu zahlende Raten in Höhe von 120,00 DM monatlich festgesetzt hat (Bl. B-33 d. A.). Nachdem die Klägerin keine Raten gezahlt und der Rechtspfleger sie unter dem 12. Februar 2001 gemahnt hatte (Bl. B-35 d. A.), hat die Klägerin am 20. Februar 2001, bei Gericht eingegangen am 05. März 2001, unter Beifügung von Belegen (Bl. B-37 bis B-52 d. A.) geschrieben:
„Ich bin aufgrund meiner Vermögensverhältnisse nicht in der Lage, die monatlichen Raten von 120.00 DM zu bezahlen. …”
(Bl. B-36 d. A.).
Daraufhin hat der Rechtspfleger die Klägerin wiederholt aufgefordert, eine neue „Erklärung …” abzugeben. Nachdem das nicht geschehen war, hat der Rechtspfleger mit einem Beschluss vom 29. Mai 2001 die Bewilligung der Prozesskostenhilfe für beide Rechtsstreite aufgehoben (Bl. B-56 d. A.).
Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin mit einem Schriftsatz vom 27. Juni 2001 am 29. Juni 2001 bei dem Arbeitsgericht Beschwerde eingelegt. Sie behauptet, sie sei nicht in der Lage, die Raten von 120,00 DM zu zahlen, und habe Anfang März eine „Erklärung …” abgegeben. Seit August 2000 hätten sich ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geändert. Seit Ende März sei sie erst im Krankenhaus und danach gesundheitlich noch nicht in der Lage gewesen, eingehende Post zu bearbeiten (Bl. B-57 und B-58 d. A.).
Sie beantragt,
ihr rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung Prozesskostenhilfe zu gewähren und die Aufhebung der Prozesskostenhilfe rückgängig zu machen.
Der Rechtspfleger hat der Beschwerde vom 27. Juni 2001 nicht abgeholfen (Bl. B-63 und B-65 R d. A.) und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Das Hessische Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Klägerin, soweit sie die Sache 4 Ca 80/00 betrifft, mit einem Beschluss vom 21. September 2001 zur gesonderten Entscheidung abgetrennt.
Der Vertreter der Staatskasse hat in seiner Stellungnahme vom 11. Oktober 2001 die Ansicht vertreten, der Klägerin sei Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung zu gewähren.
Zu dem Inhalt der genannten Entscheidungen und Schriftstücke im Übrigen und im Einzelnen wird auf die angegebenen Blätter der Akte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
1.)
Der Rechtspfleger des Arbeitsgerichts in Gießen hat nicht geprüft, ob bereits das Schreiben der Klägerin vom 20. Februar 2001 eine Beschwerde gegen den Ratenzahlungsbeschluss vom 04. Dezember 2000 darstellte. Das war indessen der Fall. Bereits auf diese Beschwerde hätte der Rechtspfleger keine erneute „Erklärung …” von der Klägerin fordern dürfen, sondern gem. § 571 ZPO über die Abhilfe entscheiden und bei Nichtabhilfe die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorlege...