Entscheidungsstichwort (Thema)
Wertfestsetzung gem. § 10 BRAGO
Leitsatz (amtlich)
Unter teilweiser Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung der Kammer 6 wird hinsichtlich der Bewertung von Änderungskündigungen von folgenden Grundsätzen ausgegangen:
- Bei einer Klage, die auf die Feststellung der Sozialwidrigkeit der unter Vorbehalt akzeptierten geänderten Arbeitsbedingungen gerichtet ist, ist § 12 Abs. 7 Satz 2, 1. Halbsatz 2. Alt. ArbGG entsprechend anzuwenden, freilich mit der sich aus § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG (in entsprechender Anwendung) ergebenden Höchstgrenze, wenn es um eine Änderung der Vergütung geht.
- Geht es bei einer Klage gem. § 4 Satz 2 KSchG nicht um eine Änderung der Vergütung, ist regelmäßig ein Wert in Höhe eines Bruttomonatsverdienstes anzusetzen.
Normenkette
BRAGO §§ 10, 8 Abs. 1 S. 1; GKG § 1 Abs. 3, § 12 Abs. 1 S. 1; ZPO § 3; ArbGG § 12 Abs. 7 Sätze 1-2
Verfahrensgang
AG Limburg a.d. Lahn (Beschluss vom 26.06.1998; Aktenzeichen 2 Ca 64/98) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozeßbevollmächtigten des Klägers vom 03. Juli 1998 wird derBeschluß des Arbeitsgerichts Limburg vom 26. Juni 1998 – 2 Ca 64/98 – aufgehoben:
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit gemäß § 10 BRAGO wird auf DM 12.017,25 festgesetzt. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Der Kläger hat Änderungskündigungsschutzklage erhoben gegen eine Änderungskündigung der Arbeitgeberin, der Beklagten, vom 15. Januar 1998 zum 31. Juli 1998, wobei er das Änderungsangebot – Änderung des Aufgabengebiets unter Umgruppierung von Lohngruppe VI (DM 27,25 brutto pro Stunde) in Lohngruppe V (DM 24,66 brutto pro Stunde) – unter dem 21. Januar 1998 unter Vorbehalt angenommen hat.
Die Klage ist vor dem Kammertermin zurückgenommen worden., worauf die Klagervertreter Wertfestsetzung beantragt haben.
Mit Beschluß vom 26. Juni 1998 (Blatt 39 d.A.) hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren auf DM 4.500.– festgesetzt. Es hat zur Begründung auf die standige Rechtsprechung des Hessischen Landesarbeitsgerichts hingewiesen, wonach der Streit um die unter Vorbehalt angenommene Änderungskündigung im Regelfall mit dem Betrag eines Monatseinkommens zu bewerten sei.
Der Beschluß ist den Klägervertretern am 02. Juli 1998 zugestellt worden. Diese haben dagegen im eigenen Namen mit Schriftsatz vom 03. Juli 1998 – eingegangen beim Arbeitsgericht am 06. Juli 1998 – Beschwerde eingelegt und darin einen Wert von DM 13.706,28 (= Differenzbetrag für 36 Monate) als zutreffend angesehen.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist statthaft (§ 10 Abs. 3 Satz 1 BRAGO) und fristgerecht (§ 10 Abs. 3 Satz 3 BRAGO) eingelegt. Sie hat auch in der Sache weitgehend Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat den Wert zutreffend im Verfahren gemäß § 10 Abs. 1 BRAGO festgesetzt (vgl. dazu den Kammerbeschluß vom 21. Januar 1999 – 15/6 Ta 630/98 –, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Der Wert für die Berechnung der Anwaltsgebühren ist hier auf DM 4.500 festzusetzen.
Der Wert einer Feststellungsklage zur Berechnung der Anwaltsgebühren bemißt sich nach dem wirtschaftlichen Interesse, das der Kläger/die Klagerin nach ihrem/seinem Sachvortrag an der begehrten Feststellung hat (§ 8 Abs. 1 Satz 1 BRAGO; §§ 1 Abs. 3, 12 Abs. 1 Satz 1 GKG; § 3 ZPO. vgl. dazu etwa LAG München Beschluß vom 29. Juni 1981 – 7(9) Ta 7 SO – AP Nr. 4 zu § 12 ArbGG 1979; Thomas/Putzo, ZPO, 21. Aufl. § 3 Rz. 65)
Das wirtschaftliche Interesse richtet sich bei einer Klage, die auf die Feststellung der Sozialwidrigkeit der (unter Vorbehalt gemäß § 2 KSchG akzeptierten) geänderten Arbeitsbedingungen (§ 4 Satz 2 KSchG) gerichtet ist, nach dem entsprechend anzuwendenden § 12 Abs. 7 Satz 2, 1 Halbsatz. 2. Alternative ArbGG – mit der sich aus § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG ergebenden Begrenzung –, wenn die geänderten Arbeitsbedingungen eine geänderte Vergütung beinhalten (insoweit wird die von der bisher zuständigen Kammer 6 des hessischen Landesarbeitsgerichts vertretene Ansicht aufgegeben, vgl. diesbezüglich etwa den Beschluß vom 10. April 1985 – 6 Ta 27/85 – NZA 1986, 35 und die Beschlüsse vom 04. April 1995 – 6 Ta 173/95 – und vom 01. März 1996 – 6 Ta 519/95 –). Führen die geänderten Arbeitsbedingungen jedoch nicht zu einer Vergütungsdifferenz, bleibt es dabei, daß es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit handelt, bei der der Wert gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen ist (ErfK/Schaub § 12 ArbGG Rz. 20), wobei regelmäßig der Wert eines Brunomonatsentgelts als sachgerecht anzusehen sein wird (insoweit ebenso bereits die bisherige Rechtsprechung der Kammer 6 des Hessischen Landesarbeitsgerichts; grundsätzlich für den Betrag von zwei Monatseinkommen LAG Düsseldorf Beschluß vom 08. November 1990 – 7 Ta 355/90 – LAGE § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 87, gleichfalls grundsätzlich für den Betrag von zwei Brunomonatseinkommen nunmehr LAG Berlin Beschluß vom 17 Juli 1998 – 7 Ta 17/98 – NZA-RR 1998, 512, vgl. zum Meinungsstand auch...