Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsratswahl. unverzügliche Prüfungspflicht

 

Leitsatz (amtlich)

Der Wahlvorstand verletzt seine Prüfungspflicht in zur Wahlanfechtung berechtigender Art und Weise, wenn er bei am 11. März 2002 ablaufender Frist für die Einreichung von Wahlvorschlägen seine nächste Sitzung am 4. Febr. 2002 auf den 12. März 2002 anberaumt und so einen am 7. März 2002 eingereichten Wahlvorschlag nicht mehr unverzüglich prüfen und den Listenvertreter nicht mehr informieren kann. Ein Wahlvorstand muss Vorkehrungen für eine beschlussfähige Sitzung rechtzeitig vor Ablauf der Einreichungsfrist treffen, weil in dieser Zeit vermehrt mit der Einreichung von – auch ungültigen – Wahlvorschlägen zu rechnen ist.

 

Normenkette

BetrVG § 19; WO 2001 § 7 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 26.09.2002; Aktenzeichen 13 BV 216/02)

 

Tenor

Die. Beschwerde des Beteiligten zu 15) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. September 2002 – 13 BV 216/02 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Beteiligten streiten um die Rechtswirksamkeit einer vom 8. bis 12. April 2002 durchgeführten Betriebsratswahl.

Die Beteiligten zu 1) bis 11) sind wahlberechtigte Arbeitnehmer im Betrieb der Arbeitgeberin. Insgesamt sind dort etwa 13.500 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt.

Der Wahlvorstand wurde am 18. Okt. 2001 bestellt. In der fünften Sitzung am 5. Febr. 2002 erfolgt die Beschlussfassung über das Wahlausschreiben (Bl. 34 ff. d. A.), das am 25. Febr. 2002 ausgehängt worden ist. Es nannte als Frist für die Einreichung von Wahlvorschlägen Montag, den 11. März 2002, 16 Uhr, im Wahlbüro. In der Sitzung vom 4. Febr. 2002 beraumte der Wahlvorstand seine nächste Sitzung auf den 12. März 2002 an. Die Bekanntmachung der Wahlorte in der Fassung vom 27. März 2002 (Bl. 37 ff. d. A.) enthielt gegenüber der Fassung vom 18. März 2002 einen früheren Zeitpunkt für den Schluss der Stimmabgabe. Vom 8. bis 12. April 2002 fanden im Betrieb des Arbeitgebers Betriebsratswahlen statt. Das Wahlergebnis wurde am 26. April 2002 bekannt gemacht (Bl. 61 ff. d. A.). Der gewählte Betriebsrat hat 39 Mitglieder.

Der Beteiligte zu 13) war Listenführer der Vorschlagsliste „Transparenz”. Er hat diese mit 188 Stützunterschriften am Donnerstag, den 7. März 2002, gegen 13.30 Uhr beim Wahlvorstand eingereicht. Auf die Bestätigung des Wahlvorstands wird Bezug genommen (Bl. 58 d. A.). Die Blätter mit den Stützunterschriften waren mit dem Wahlvorschlag durch Büroklammern zusammengeheftet und wurden in einer Klarsichthülle auf einem Klemmbrett eingereicht. Der Name der Beteiligten zu 14) war auf der Vorschlagsliste handschriftlich eingetragen. Mit Schreiben vom 12. März 2002 (Bl. 59 d. A.), welches auf dem Poststempel das Datum 14. März 2002 trägt und dem Listenführer am 15. März 2002 zuging, wies der Wahlvorstand den Wahlvorschlag zurück, weil er keine einheitliche Dokumentation der Kandidaten und Stützungsunterschriften darstelle und die Bewerberin Nr. 7 handschriftlich eingetragen sei. Somit bestünden Zweifel, ob bei Unterschriftensammlung den Unterstützern die gesamte Vorschlagsliste bekannt gewesen sei. Dem widersprach der Beteiligte zu 14) mit Schreiben vom 17. März 2002 (Bl. 60 d. A.). Die Wahl wurde ohne den Wahlvorschlag „Transparenz” durchgeführt. Das Büro des Wahlvorstandes befindet sich einige Räume neben der Abteilung des Beteiligten zu 12).

Am 22. April 2002 fanden sich in einem Container in den Räumen des Betriebsrats mit zur Vernichtung bestimmten Schriftstücken 33 Wahlumschläge mit angekreuzten Stimmzetteln, deren Herkunft nicht geklärt werden konnte.

Die Beteiligten zu 1) bis 11) haben die Betriebsratswahl mit ihrem am 26. April 2002 per Telefax eingereichten Antrag für unwirksam gehalten, weil die Wahlbekanntmachung in der Fassung vom 27. März 2002 (Bl. 37, 38 d. A.) hinsichtlich des früheren Zeitpunkts für den Schluss der Stimmabgabe nicht alle Arbeitnehmer erreicht hätte, insbesondere nicht die Briefwähler. Einige Arbeitnehmer seien noch nach 13 Uhr in den Wahllokalen erschienen und hätten wählen wollen, seien jedoch zur Stimmabgabe nicht zugelassen worden. Sie haben ferner beanstandet, dass zwei Listen in der Bekanntmachung der Wahlvorschläge nicht richtig bezeichnet worden seien, weil der „V.”-Zusatz gefehlt hätte, und dass eine mehrfache Stimmabgabe möglich gewesen sei, weil die Stimmabgabe nicht ausreichend kontrolliert worden sei, dass die Wahllokale nicht immer der Wahlordnung entsprechend besetzt gewesen seien, dass ein Wahllokal und die Wahlurnen über Nacht nicht hinreichend gesichert und die Schlüssel hierzu nicht ordnungsgemäß verwahrt worden seien, dass am 12. April 2002 im Auditorium mit der Auszählung begonnen worden sei, bevor die Öffentlichkeit zugelassen worden sei, und dass eine Wahlurne in einem mobilen Wahllokal in Abwesenheit eines Mitglieds des Wahlvorstands umgeschüttet worden sei. Die Beteiligten zu 1) bis 11) sind der Auffassung gewesen, der Wahl...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge